Inschriftenkatalog: Landkreis Schaumburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)

Nr. 518 Bückeburg, Jetenburger Kirche 1621

Beschreibung

Grabplatte für Wilhelm Balthasar von Malaspina. Stein. Die ursprünglich hochrechteckige Platte war nach dem Plan bei Prinz1) unterhalb des Kanzelaufgangs in den Boden eingelassen und schon 1939 durch Feuchtigkeit beschädigt.2) Drei Fragmente dieser Grabplatte lassen sich heute noch als Bestandteil des Fußbodens des Mittelgangs identifizieren. Sie sind um die Grabplatte für Harmen Ilten (?) (Nr. 436) gruppiert. Fragment I, das den oberen Rand der Grabplatte bildete, füllt den Zwischenraum zwischen den Grabplatten Nr. 436 und Nr. 283. Es zeigt in einem ovalen Medaillon ein Vollwappen, darunter in zwei Zeilen den Beginn der Inschrift. In die obere Zeile ragt das Medaillon hinein. Die zwei Fragmente II und III wurden vom Westeingang der Kirche aus betrachtet links der Grabplatte für Harmen Ilten (?) um 90° gedreht in den Fußboden eingelassen. Die Höhe der Fragmente und der weitere Verlauf des Textes sind nicht erkennbar, da die unteren Teile der Fragmente durch ein Gestühlspodest verdeckt sind. Die Inschrift ist erhaben in vertieftem Feld ausgeführt.

Die verlorenen und die nicht sichtbaren Teile der Inschrift werden nach im Jahr 1926 entstandenen Fotografien ergänzt.

Inschrift ergänzt nach Fotografien von Mittendorf.

Maße: H.: 133 cm (ursprüngliche Gesamthöhe);3) B.: 87 cm; Bu.: 3,5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Christine Wulf) [1/1]

  1. I

    AN//NO / M DC XXI DIE VII MAII /

  2. II

    PV[E]R NOBILIS / WILHELMVS BALTHASAR / DE MALA [S]PINA / VARIOL[IS DE]CVMBENS / [AB VBERIBVS MATRIS - - - / PRAEVENTVS M - - - ]a) /

  3. III

    AETATISb) [ABRIPITVR]c) / CVI[V]S / ANIM[A] / [IN MANV] DOMINI GAVDIIS / [FRVITVR AETERNIS4) / CORPVS / VERO / . . . . . IOd) MATRIS / - - - CITe) / - - - ]

Übersetzung:

Im Jahr 1621 am 7. Mai erlag der edle Knabe Wilhelm Balthasar von Malaspina den Pocken. Er wurde von den Brüsten seiner Mutter […] [?] weggerissen. Seine Seele genießt in der Hand des Herrn die ewigen Freuden, sein Körper aber ruht im Schoß der Mutter Erde [?].

Wappen:
Malaspina5)

Kommentar

Die Schrift weist breite Schattenstriche auf. Dreieckige Sporen an den senkrechten Schäften. Sehr ausgeprägter Sporn am unteren Balken des E und am Balken des L, ebenso am S. Der rechte Schaft des A steht senkrecht. X aus zwei voneinander abgewendeten Bögen mit Mittelbalken. Die ausgestellte, unter die Grundlinie reichende Cauda des R zeigt eine ausgeprägte Bogenverstärkung.

Wilhelm Balthasar von Malaspina war der noch im frühen Kindesalter verstorbene Sohn der Margarethe von Strohwald (1596–1665) und des Gian Battista von Malaspina aus Padua, der aus dem italienischen Adelsgeschlecht der Malaspina stammte. Graf Ernst von Holstein-Schaumburg hatte ihn in Italien kennengelernt und Ende des 16. oder zu Beginn des 17. Jahrhunderts nach Bückeburg geholt, wo Malaspina, der als Duellflüchtiger bezeichnet wurde, eine Stellung als Fechtmeister und Kammerjunker antrat. Graf Ernst schenkte ihm am 21. Juli 1620 das ehemalige Haus des Gottschalk Ilten (Nr. 436) in der Langen Straße als freien erblichen Besitz. Er starb 1622 in Bückeburg.

Wilhelm Balthasar von Malaspina hatte mehrere Geschwister: Drei seiner Brüder starben im Dreißigjährigen Krieg, seine Schwester Hedwig heiratete den schwedischen Kommandanten des Bückeburger Schlosses, Georg von Kessel. Die Schwester Ursula Elisabeth scheint unverheiratet geblieben zu sein.6) Eines weiteren Bruders, Jobst Hermann (1622–1694), nahm sich nach dem Tod des Vaters Graf Jobst Hermann an und sorgte für dessen Ausbildung. Jobst Hermann von Malaspina führte Krieg für verschiedene deutsche Herrscher sowie in französischen, spanischen, schwedischen und dänischen Diensten, bevor er Hofmeister in Detmold wurde und schließlich an den Bückeburger Hof zurückkehrte.7)

Gian Battista von Malaspina hat keine Erwähnung im Kirchenbuch gefunden; auch sind die Taufen seiner Kinder und das Begräbnis des Sohnes Wilhelm Balthasar darin nicht verzeichnet, was Joseph Prinz zufolge an der möglicherweise katholischen Konfession des Italieners Gian Battista von Malaspina gelegen haben könnte. Falls diese Annahme zutreffend ist, ist es umso bemerkenswerter, dass Wilhelm Balthasar in der Jetenburger Kirche begraben wurde. Dies könnte entweder mit der lutherischen Konfession seiner Mutter oder mit der hohen Stellung seines Vaters am Bückeburger Hof zusammenhängen.8)

Textkritischer Apparat

  1. MATRIS - - - / PRAEVENTVS M - - - ]] matris nisi (?) mortis praeventus menses suae Prinz. Die Lesung von Prinz ist wahrscheinlich fehlerhaft, da der Satz grammatisch nicht in Ordnung ist. Der Sinn dürfte in etwa sein, dass der Tod der Lebenszeit des Knaben zuvorkam.
  2. AETATIS] vitae Prinz.
  3. [ABRIPITVR]] abru[puisset?] Prinz, gegen die Grammatik.
  4. . . . . . IO] Vermutlich IN GREMIO.
  5. - - - CIT] terrae [ . . . . . . . . . . quies]cit Prinz.

Anmerkungen

  1. Prinz, Grabdenkmäler, S. 7.
  2. Prinz, Grabdenkmäler, S. 47.
  3. Angabe der Höhe nach Prinz, Grabdenkmäler, S. 47.
  4. Zum Formular vgl. DI 46 (Stadt Minden), Nr. 168: Cuius anima aeterna fruitur beatitudine.
  5. Wappen Malaspina (Baum, um dessen Stamm sich eine Schlange windet); vgl. von Ulmenstein, Die Malaspina, S. 92. Das Wappen entspricht nicht den bei Siebmacher nachgewiesenen Wappen der Familie Malaspina (Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 1, Abt. 2, S. 47 u. Tafel 118 (Baum ohne Schlange); Bd. 1, Abt. 3, Reihe 3A, S. 52f. u. Tafel 61f.; Bd. 4, Abt. 4, Teil 1, S. 283 u. Tafel 149). Prinz weist darauf hin, dass für 1611 ein Italiener namens Giovannibattista Ubaldino im Dienst des Grafen Ernst nachgewiesen sei, „der merkwürdigerweise das gleiche Wappen führt“ (Prinz, Grabdenkmäler, S. 49, Anm. 3). Möglicherweise waren die beiden identisch.
  6. Prinz, Grabdenkmäler, S. 48f.; von Ulmenstein, Die Malaspina, S. 92.
  7. C. U. Frhr. v. Ulmenstein, Der Landhauptmann Malaspina, in: Heimat-Blätter. Beilage zur Schaumburg-Lippischen Landes-Zeitung 1930, Nr. 1, ohne Seitenzählung; von Ulmenstein, Die Malaspina, S. 92f.
  8. Prinz, Grabdenkmäler, S. 48f.

Nachweise

  1. Fotografien von Reinhold Mittendorf (Museum Bückeburg, Bildarchiv VI,37, Nr. 33 sowie Bildordner (BO) 1, Nr. 132).
  2. Prinz, Grabdenkmäler, Nr. 25, S. 47.

Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 518 (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0051806.