Inschriftenkatalog: Landkreis Schaumburg
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)
Nr. 509 Bückeburg, Jetenburger Kirche 1620
Beschreibung
Grabplatte für Johann Steinmeier. Stein. Die hochrechteckige Platte ist vom Westeingang der Kirche aus gesehen als dritte Platte auf der linken Seite des Mittelgangs in den Fußboden eingelassen. Die durch Feuchtigkeitsschäden angegriffene Platte zeigt in einem hochrechteckigen Schriftfeld die eingehauene Inschrift. Die rechte Langseite der Platte wird durch ein Gestühlspodest verdeckt, wovon jedoch keine Buchstaben betroffen sind.
Maße: H.: 208 cm; B.: 106 cm (sichtbarer Teil); Bu.: 4,5 cm.
Schriftart(en): Kapitalis mit Versalien.
Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Christine Wulf) [1/1]
B(ONAE) M(EMORIAE) S(ACRUM) / IOAN(NES) STEINMEIERUS D(OCTOR) / QUÂ MORTALIS, / HEIC SITUS ES[T] / QVI / [S]Ia) MEDICA POTUISSET AR/TEb) TRAHI FATUM / QUOT VOLUISSET ANNO[S] / IMPLESS[ET], / TAM SOLERS ILLI [NA]TURAEc) / INDAG[O] / ET FELIX RERUM EXPLICA/TIO / SIC MATER GERMANIA / SIC ITALIA IUVENEM INST[RU]/XERAT / QVEM TERRIS SOLUMMO/DO OSTENSUM / ANTE TEMPUS / INVIDA MORT[I]S EVITAVITd) / DESTINATIO / ANNO SALUTIS M DC X[X] / DIE IUNIe) XIIII HORA IN/TER VIII ET IX MATUTIN(AM) / CUM VIXISSET / ANNOS XXVII MENS(ES) I[ . ]f) / DIES XXX / [H]ORAS XXIII
Übersetzung:
Dem guten Andenken gewidmet. Doktor Johann Steinmeier liegt, insoweit er sterblich ist, hier begraben. Wenn sich der Tod durch die ärztliche Kunst hinauszögern ließe, hätte er so viele Jahre durchlebt, wie er wollte, so geschickt war er in der Erforschung der Natur, und eine so glückliche Hand hatte er in der Erklärung der Welt. So hatte ihn als jungen Mann seine Heimat Deutschland, so hatte ihn Italien ausgebildet. Als er kaum der Erde gezeigt worden war, raubte ihm eine missgünstige Todesbestimmung vor der Zeit das Leben im Jahr des Heils 1620 am 14. Juni zwischen der achten und neunten Morgenstunde, nachdem er 27 Jahre, vier Monate, 30 Tage und 23 Stunden gelebt hatte.
Textkritischer Apparat
- [S]I] fehlt Prinz.
- AR/TE] ab te Prinz.
- [NA]TURAE] satura Prinz.
- EVITAVIT] ruit altus Prinz (mit Fragezeichen).
- Befund: Zweites I in IUNI größer.
- I[ . ]] IV Prinz.
Anmerkungen
- Matrikel Rostock, Bd. 3, S. 15, Nr. 158.
- Prinz, Grabdenkmäler, S. 38.
- Matrikel Padua, S. 178, Nr. 1460.
- Prinz, Grabdenkmäler, S. 38.
Nachweise
-
Prinz, Grabdenkmäler, Nr. 15, S. 37.
Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 509 (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0050904.
Kommentar
Sehr ebenmäßig gestaltete Kapitalis mit ausgeprägter Bogen- und Linksschrägenverstärkung; sie weist Strichsporen an den senkrechten Schäften und am S auf, ansonsten Serifen. E und H sind sehr breit ausgeführt. Am E ragt der mittlere Balken links über den Schaft hinaus. Bis auf wenige Ausnahmen rundes U, dessen linker und rechter Bogenabschnitt nicht immer ganz parallel liegen. Die trapezförmige Kerbe der Buchstaben scheint mit einer Masse verfüllt gewesen zu sein, von der bei manchen Buchstaben noch Reste vorhanden sind (vgl. Nr. 619).
Zur sprachlichen Gestaltung der Grabinschrift vgl. Einleitung Kap. 6.1.
Den Angaben der Grabplatte zufolge wurde Johann Steinmeier am 14. Januar 1593 geboren. Er stammte aus Schwalenberg (Kreis Lippe, Nordrhein-Westfalen) und immatrikulierte sich im September 1614 an der Universität Rostock.1) 1616 bekam er von Graf Ernst von Holstein-Schaumburg ein Stipendium für das Gymnasium illustre in Stadthagen.2) Am 13. November 1617 immatrikulierte er sich an der Universität Padua.3) Wahrscheinlich zu Beginn des Monats März 1620 zog Steinmeier nach Bückeburg, wo er vermutlich die Nachfolge der gräflichen Leibärzte Hermann Solinander (vgl. Nr. 483) und Hermann Conerding antrat und auch in den gelehrten Kreis um den Fürsten aufgenommen wurde, in dem man sich mit wissenschaftlichen und astrologischen Fragen beschäftigte. Während dieser Zeit wurde er auf Kosten des Hofs verköstigt. Er starb am 14. Juni 1620 und wurde am 16. Juni begraben.4)