Inschriftenkatalog: Landkreis Schaumburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)

Nr. 507 Rinteln, ehem. Universitätskommisse, Weserstraße 11 um 1618, 1650

Beschreibung

Haus.1) Fachwerk, giebelständig, sechs Gefache breit, dreigeschossig. Im Bereich des zweiten Obergeschosses und des mehrfach vorkragenden Giebels ist das Haus reich mit Rankenwerkschnitzereien an Balken, Ständern, Füllhölzern und Brüstungsplatten verziert. Am Schwellbalken des Giebels und an einzelnen Riegeln Zahnschnitt. Im Bereich des ersten Obergeschosses sind die Schnitzereien nur noch fragmentarisch erhalten. Inschrift A auf dem Sturzriegel über dem Fenster unten rechts. Inschrift B auf dem Schwellbalken des leicht vorkragenden zweiten Obergeschosses. Beide Inschriften sind erhaben in vertieften Zeilen ausgeführt und in Gold auf blauem Grund gefasst.

In einem als Studentenwohnung genutzten Raum im Dachgeschoss befand sich bis in die 1950er-Jahre das ins Holz geritzte Graffito C sowie nicht dokumentierte Namensinschriften;2) sie sind vermutlich nicht mehr vorhanden. Nicolaus Heutger erwähnt ferner eine Inschrift im Keller der Universitätskommisse; vermutlich befand sie sich in dem 1989 abgebrochenen Tonnengewölbekeller eines Flügelbaus an der Rückseite des Grundstücks.3)

Inschrift C nach Heutger.

Maße: Bu.: ca. 12 cm (A), ca. 14 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Inga Finck) [1/1]

  1. A

    WOL DEM DER DEN HEREN FVRCHTET VND AVFa) / SEINEN WEGEN GEHET4) · PSALMb) 128

  2. B

    AUF DICH HERRc) TRUWEd) ICH · MEIN GODT · HILF MIR VON ALLEN MEINEN VERFOLGEREN UND ERRETE MICH5) . DER VII PSALM .

  3. C †

    4. Juni 1650

Kommentar

Die Kapitalis von Inschrift A weist keinen erkennbaren Wechsel zwischen Haar- und Schattenstrichen auf, die Strichstärke ist verhältnismäßig breit. Die Sporen sind dreieckig. Der linke Schrägschaft des V ist nach rechts durchgebogen. Im Vergleich dazu sind die Buchstaben von Inschrift B eher schmal und hoch, insgesamt jedoch ungleichmäßig gestaltet. Auch hier sind die Sporen zumeist dreieckig. Rundes U mit rechtem Schaft. Beim R setzen Bogen und Cauda getrennt untereinander am Schaft an. Mit Ausnahme von WOL (Inschrift A) fehlt der Balken des L durchgehend.

Die Datierung stützt sich auf die bei Sprenger referierten dendrochronologischen Untersuchungsergebnisse.6) Das im Auftrag des Cordt Hane (zu ihm Nr. 435) errichtete Gebäude diente nach der Gründung der Universität Rinteln 1620 als Gasthaus der Universität und Studentenunterkunft.7)

Textkritischer Apparat

  1. AVF] VUF Erdniß.
  2. PSALM] Querbalken des A fehlt.
  3. HERR] Unterer Balken des E fehlt.
  4. TRUWE] TREVWE Erdniß; möglicherweise ist das U nachgeschnitzt.

Anmerkungen

  1. Früher Assekuranz-No. 126 (Weserstraßenviertel).
  2. Heutger, Aus Rintelns Universitätszeit; Heutger, Rinteln als Hochschulstadt, S. 60.
  3. Heutger, Aus Rintelns Universitätszeit: „Meister MB hat sie [die Keller] nach einer kürzlich dort entdeckten Steininschrift 1570 erbaut“. Zum Abbruch vgl. Sprenger, Bürgerhäuser und Adelshöfe, S. 149, Abb. 86.
  4. Ps 128,1.
  5. Ps 7,2.
  6. Für zwei Bauhölzer, die im Dachstuhl Verwendung fanden, ist 1617 als Fälldatum nachgewiesen (Sprenger, Bürgerhäuser und Adelshöfe, S. 340). Maack datiert das Gebäude unter Berufung auf urkundliche Quellen auf 1621, ohne aber eine konkrete Belegstelle anzugeben (Maack, Hausinschriften der Stadt Rinteln, S. 132). Auf einer Informationstafel, die zum Zeitpunkt der Aufnahme im Sommer 2010 an dem Gebäude angebracht war, wird es auf 1618 datiert.
  7. Näheres bei Heinke-Nülle, Bürgermeister Cordt Hane, S. 20f.

Nachweise

  1. Heutger/Maack, Rintelner Hausinschriften, S. 35 (A, B).
  2. Heutger, Aus Rintelns Universitätszeit.
  3. Erdniß, Gang durch Rinteln, S. 20f. (A, B).
  4. Maack, Hausinschriften der Stadt Rinteln, S. 132 (A, B).
  5. Hansen/Kreft, Fachwerk im Weserraum, Abb. 162 (A, B).
  6. Heutger, Rinteln als Hochschulstadt, S. 60 (C).
  7. Sprenger, Bürgerhäuser und Adelshöfe, S. 342 (B).
  8. Künkel, Stadt Rinteln Lexikon, S. 434 (A, B).

Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 507 (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0050703.