Inschriftenkatalog: Landkreis Schaumburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)

Nr. 505 Stadthagen, St. Martini, Mausoleum 1618, 1619, 1620

Beschreibung

Kenotaph für Fürst Ernst von Holstein-Schaumburg. Marmor, Alabaster, Bronze. Das Grabmal zeigt eine Auferstehungsszene. Über einer Steinstufe ein hohes Podest, an dessen Seitenflächen vier Bronzereliefs. Das dem Eingang des Mausoleums zugekehrte querrechteckige Relief zeigt einen von zwei Putten gehaltenen bekrönten Wappenschild, die übrigen Reliefs zeigen allegorische Tugendfiguren.1) Auf dem hohen Podest ein zweites kleineres, darauf ein von vier Bronzelöwen getragener ovaler Marmorsarkophag. An der Wandung des Sarkophags zwei hochovale Medaillons, das vordere zeigt den Fürsten, das hintere den geflügelten Chronos mit Stundenglas und Sense auf dem Tierkreis sitzend. Um den Sarkophag sitzen vier vollplastische Krieger aus Bronze als Grabeswächter; drei der Wächter schlafen, einer scheint soeben erwacht.2) Die eingravierten Inschriften befinden sich an den Seiten der Plinthen der Grabwächterfiguren, Inschrift A an der Plinthe des erwachten Wächters (Westen), Inschrift B an der des Wächters mit Lanze (Süden), Inschrift C an der des Wächters mit Schwert (Osten), Inschrift D an der des Wächters mit Bogen (Norden); der mittlere Teil der Inschrift D ist verdeckt.

Auf dem Deckel des Sarkophags in überlebensgroßer, vollplastischer Darstellung der auferstandene Christus mit Siegesfahne, die Rechte segnend erhoben. Zu seinen Füßen vier bronzene Putten.

Maße: Bu.: 0,9 cm (A), 0,7 cm (B), 0,8 cm (C, D).

Schriftart(en): Kapitalis (A, C, D), Kapitalis mit Versal (B).

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Inga Finck) [1/1]

  1. A

    ADRIANVS FRIES F(ECIT) 1620

  2. B

    ADRIANVS FRIES HAGIENSIS BATTAVVS FECIT A(NN)Oa) 1618

  3. C

    ADRIANVS FRIES F(ECIT) 1620

  4. D

    ADRIANVS FRI[ES FE]CIT 1619

Übersetzung:

Adriaen de Vries hat dies gemacht 1620. (A, C)

Der Niederländer Adriaen de Vries aus Den Haag hat dies gemacht im Jahr 1618. (B)

Adriaen de Vries hat dies gemacht 1619. (D)

Wappen:
Grafen von Holstein-Schaumburg und Sternberg, Herren zu Gemen3)

Kommentar

Die gleichmäßig ausgeführten Kapitalisbuchstaben lassen eine Orientierung am klassischen Vorbild erkennen. Strichsporen. Beim E ist der untere Balken nicht breiter als der obere. Die Bogenenden des S sind leicht eingerollt (vgl. Nr. 516). 2 in Form eines Z. Deutlich sorgfältiger als die übrigen Inschriften ist Inschrift B gestaltet; im Gegensatz zu den übrigen Inschriften weist sie Bogen- und Linksschrägenverstärkung auf; sie ist der Inschrift auf dem Taufbecken der Bückeburger Stadtkirche (Nr. 482) vergleichbar.

Die Figuren und Reliefs des Grabmals wurden von Adriaen de Vries gegossen, der für Graf Ernst bereits das Taufbecken für die Bückeburger Stadtkirche geliefert hatte (Nr. 482). Die Planungen für das Grabmal reichen ins Jahr 1608 zurück. Den Auftrag erhielt de Vries im Jahr 1615; als Honorar wurden 7000 Reichstaler vereinbart, die jedoch erst 1624 ausbezahlt wurden.4) Wie sich aus den Inschriften ergibt, erfolgte der Guss der Wächterfiguren in den Jahren 1618–1620. Weitere Bronzeteile für das Grabmal wurden erst später angefertigt.5)

Zum Mausoleum vgl. Nr. 544 sowie Nr. 545, 546 u. 567.

Textkritischer Apparat

  1. O kleiner und hochgestellt.

Anmerkungen

  1. Sie werden unterschiedlich gedeutet: Victoria, Gloria oder Industria mit Palme und Siegeskranz (vgl. Cahn, Adrian de Vries, S. 74–77; Meys, Memoria und Bekenntnis, S. 731 mit Anm. 1856); Fortuna oder Abundantia mit Füllhörnern (vgl. Cahn, Adrian de Vries, S. 74); Fama mit Posaune (vgl. Cahn, Adrian de Vries, S. 71–74; Meine-Schawe, Neue Forschungen zum Mausoleum, S. 70 mit Anm. 5).
  2. Zu den Reliefdarstellungen auf den Rüstungen und den Sockeln, auf denen zwei der Wächter sitzen, vgl. Suermann, Mausoleum, S. 59–63.
  3. Wappen Grafen von Holstein-Schaumburg und Sternberg, Herren zu Gemen (Herzschild Nesselblatt mit drei in der Mitte zusammentreffenden Nägeln belegt, diese in der Mitte mit einem Schildchen belegt (Holstein-Schaumburg); quadriert: 1. u. 4. Stern (Sternberg), 2. u. 3. Balken mit drei Pfählen belegt (Gemen)); vgl. Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 1, Abt. 1, Teil 2, S. 35 u. Tafel 39.
  4. Cahn, Adrian de Vries, S. 63; Suermann, Mausoleum, S. 45–50; Larsson, Mausoleum, S. 34; Meine-Schawe, Neue Forschungen zum Mausoleum, S. 92 u. 95.
  5. Suermann, Mausoleum, S. 50; Diemer, Fragen der künstlerischen Planung, S. 55.

Nachweise

  1. Kdm. Kreis Schaumburg-Lippe, S. 78 (A, B).
  2. Bruck, Ernst zu Schaumburg, S. 19 (A, B).
  3. Weser-Bote. Heimatkalender für Grafschaft Schaumburg, Schaumburg-Lippe, Lippe, Minden-Ravensburg 1950, S. 89.
  4. Katalog Kunst und Kultur im Weserraum, Bd. 2, Kat. Nr. 100, S. 396 (A).
  5. Cahn, Adrian de Vries, S. 84 (A, B), S. 89 (C) u. Abb. 33 (A), 35 (B) u. 41 (C).
  6. Larsson, Adrian de Fries, S. 122, Kat. Nr. 35.

Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 505 (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0050509.