Inschriftenkatalog: Landkreis Schaumburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)

Nr. 502(†) Rinteln, St. Nikolai 1618

Beschreibung

Kanzel. Holz, farbig gefasst. Die Kanzel, von der nur noch der Korb erhalten ist, befindet sich jetzt am südlichen Pfeiler des Chorbogens; bis 1886 war sie weiter entfernt vom Chorraum angebracht.1) Am Kanzelkorb in Rundbogenfeldern plastische Figuren der Evangelisten mit ihren Attributen sowie eine Figur des segnenden Christus. Darunter in gerahmten Feldern die dazugehörigen Beischriften in Kapitalisbuchstaben, die bei einer Restaurierung und Neufassung der Kanzel im Jahr 1982 neu angefertigt wurden, die aber wahrscheinlich den bei der Restaurierung vorgefundenen Inschriftenbefund aufgreifen. Sie sind in Gold mit schwarzer Kontur auf dunkelgrauem Grund aufgemalt. Ältere Fotografien aus dem Jahr 1905 zeigen Inschriften in Minuskelbuchstaben mit Versal, die dem Anschein nach aus dem 19. Jahrhundert stammen. Sie waren mit dunkler Farbe auf hellem Grund aufgemalt.2) Auf dem Feld ganz rechts jetzt eine ebenfalls restaurierte Jahreszahl aus dem 18. Jahrhundert,3) die auf den alten Fotografien nicht zu sehen ist, also offenbar zwischenzeitlich übermalt war; die Form der Ziffern weist sie aber als alt aus.4)

Inschriften nach heutigem Befund.

Maße: H.: 124 cm (Korb); Dm.: 160 cm; Bu.: 4,5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis mit Versalien.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Inga Finck) [1/1]

  1. S(ANCTVS) · MATTHAEVS // S(ANCTVS) · MARCVS // SALVATOR // S(ANCTVS) LVCAS // S(ANCTVS) IOHANNES

Kommentar

Bei der Versetzung der Kanzel im Jahr 1886 wurde in ihr ein Dokument gefunden, das belegt, dass es sich um eine Stiftung der Kramergilde aus dem Jahr 1618 handelt:5) ANNO. 1618. Gott dem Allmechtigen zu Eren, Und zum zier, Unndt Schmuck, Seines Heiligen Gottes dienstes, Hatt dass Lobliche kramer Ampt, Alhie diesen predichstull, buvn Unndt setzen lassen, auff daß daß liebe Und allein seligmachende Wordt gottes davon gepredigett Were. P. Her liborius, Harneman [sic], P. Her Johann, Hasphort, SENIOR pawel, Smedt, M. Berendt, Snateler, neben sinen sons daß holdt werck vorvordigt alss Hinrich snateler und Jobst snateler gebruder, SENIOR Cordt Holste, Christoffel, Demter, Cordt Hane, Radtsvorwanther, Hans Demter, der olter, Johann bornemann, Johann owenstede, Christoffel smedt, Johann Wewer, Hans Demter der Junger, Johan bole, bartoldt owenstede, gerdt strichweide, bernhardus swartze, Herman Demter, Michel wimmersen, Jobst floscher, Christoffer meinersen, Cordt meinersen, Cordt pingelmik [sic], Simon polcke, Fritze meinersen, Johann Demter, Joachim Bochmeier Maler Hans Heitgreß der Smedt.

Joachim Bochmeier bemalte vermutlich auch die Emporenbrüstung der Rintelner Nikolaikirche (Nr. 503).

Anmerkungen

  1. Vgl. Schaumburger Zeitung vom 13. Juli 1886.
  2. Bildarchiv Foto Marburg, Bilddatei-Nr. fm1516865 (https://www.bildindex.de/document/obj20442000?medium=fm1516865, zuletzt benutzt am 26.11.2021) u. fm1516919 (https://www.bildindex.de/document/obj20442007?medium=fm1516919, zuletzt benutzt am 26.11.2021). Die bei Bentrup abgedruckte, nicht datierte Fotografie (Tafelteil nach S. 64) zeigt Inschriften in Fraktur in heller Farbe vor dunklem Hintergrund. Statt des Wortes SALVATOR scheint damals dort Gottvater gestanden zu haben. Die Bildfelder sind leer.
  3. 1710. Das Füllbrett mit der Jahreszahl wurde links beschnitten, möglicherweise bei der Versetzung der Kanzel in den 1880er-Jahren.
  4. Möglicherweise war bei der Entfernung der Farbschichten aus dem 19. Jahrhundert ein ursprünglicher Inschriftenbestand zum Vorschein gekommen, der der Restaurierung des Jahres 1982 zugrunde gelegt wurde. Es ist also denkbar, dass die jetzt aus Kapitalisbuchstaben bestehenden Bildbeischriften auch ursprünglich in Kapitalis ausgeführt waren.
  5. Das Dokument ist abgedruckt in: Schaumburger Zeitung vom 13. Juli 1886. Vgl. auch Paulus, Geschichte des Möllenbecker Klosters, S. 195f., Anm. t. Liborius Haremann, Inhaber der ersten Pfarrstelle in Rinteln von 1599 bis 1658, hielt aus Anlass der Einweihung der neuen Kanzel am 11. Dezember 1618 eine angeblich gedruckt überlieferte Predigt (Schaumburger Zeitung vom 13. Juli 1886), von der sich allerdings bislang kein Exemplar nachweisen ließ. – Die in Kdm. aus einem Kircheninventar referierte Datierung der Kanzel auf das Jahr 1648 (Kdm. Kreis Grafschaft Schaumburg, S. 15; vgl. von Poser, S. 20) dürfte auf einem Schreib- oder Lesefehler beruhen.

Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 502(†) (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0050208.