Inschriftenkatalog: Landkreis Schaumburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)

Nr. 381† Lindhorst, Pfarrhaus 1600

Beschreibung

Haus. Die Inschrift befand sich in ipso vestibulo (vermutlich der Diele) des Pfarrhauses.1) Das Gebäude brannte 1643 ab.2)

Inschrift nach Pfarrarchiv Lindhorst, Kirchenregister.

  1. M(AGISTER) ANTHONIUS NOTHOLDUS SUIS IPSIUS PRIMÙM SUMPTIBUS DEO IUVANTE ERNESTOQVE COMITE PATROCINANTE HAS AEDES ITA EXSTRUXIT ATQUE DISPOSUIT ANNO 1600

Übersetzung:

Magister Anton Nothold hat dieses Haus hauptsächlich auf eigene Kosten mit Gottes Hilfe und der Schirmherrschaft des Grafen Ernst so erbaut und eingerichtet im Jahr 1600.

Kommentar

Anton Nothold, Pastor in Lindhorst und Verfasser einer Historia Lindhorstana,3) wurde am 1. Januar 1569 in Stadthagen als Sohn des Hutmachers Hans Nothold und der aus Obernkirchen stammenden Ilsabe Gronau geboren.4) Sein Taufpate war Anthonius Pickert, der damalige Schulrektor in Stadthagen, der auch für eine erste Schulausbildung Anton Notholds sorgte. Danach besuchte er die Schule in Hildesheim. Dort war er, wie er in einem autobiographischen Kapitel seiner Historia Lindhorstana ausführlich berichtet, 1589 in eine Kontroverse mit den Jesuiten verwickelt; Nothold hatte als Erwiderung auf die Predigt eines Jesuitenpaters zu Mariä Himmelfahrt einen Traktat zum Thema der Anbetung sowie ein antikatholisches Spottgedicht verfasst.5) Im Herbst 1589 immatrikulierte sich Nothold an der Universität Helmstedt.6) Nach drei Jahren kehrte er an die Schule von Stadthagen zurück, um dort als Lehrer zu wirken. Er wurde in diesem Amt 1595 von seinem Bruder Ernst (zu ihm Nr. 570) abgelöst, so dass Anton Nothold 1595 erneut nach Helmstedt gehen konnte, wo er am 23. Oktober 1595 den Magistergrad erwarb.7) Er wurde anschließend Rektor der St. Aegidienschule in Braunschweig, bald jedoch von Graf Ernst von Holstein-Schaumburg zum Hofprediger in Sachsenhagen bestimmt.8) Bereits 1597 wurde er auch Pastor in Lindhorst, auch wenn sein Amtsvorgänger Heinrich Neuwald erst 1599 starb.9) Dessen Tochter Angela (geb. 1579) heiratete Nothold 1597.10) Angela Neuwald gebar zehn Kinder und wurde Großmutter von drei Enkeln. Sie starb 1627 im Alter von 49 Jahren nach 30 Ehejahren.11)

Anton Nothold wurde nach der Regierungsübernahme durch Graf Ernst im Jahr 1601 als Hofprediger von Johannes Michelbach abgelöst, blieb jedoch zunächst Beichtvater und spendete dem Grafen das Abendmahl. Er sah sich Verleumdungen von Seiten des Stadthäger Klerus ausgesetzt und wurde u. a. deshalb angefeindet, weil er bei der Taufe eines Sohnes des Kanzlers Anton von Wietersheim auf dessen Wunsch nach hessischer Kirchenordnung den Exorzismus weggelassen hatte und damit in den Verdacht geriet, ein Calvinist zu sein. Nothold berichtet auch für die Zeit nach dem Tod des Fürsten Ernst, seines Gönners, von gegen ihn gerichteten Lästerungen und Verleumdungen.12) 1627 fungierte Nothold wieder als Hofprediger in Sachsenhagen bei Graf Hermann von Holstein-Schaumburg.13)

In Lindhorst sorgte er, finanziell unterstützt von Hedwig von Hessen-Kassel, für die Einrichtung einer Schule.14) Ferner ließ er das Pfarrhaus neu erbauen, Reparaturen an der Küsterei, der Kirche in Lindhorst und der Kapelle in Lüdersfeld durchführen und 1617 nach einem Brand den Lindhorster Kirchturm neu errichten.15) Anton Nothold starb 1650.16) Er hatte schon 1625 eine Grabschrift für sich verfasst, ohne dass jedoch zu klären ist, ob sie jemals inschriftlich ausgeführt wurde: Odi blasphemae Calvini spicula linguae, / Odi crudelis dogmata falsa papae. („Ich hasse die Stacheln der blasphemischen Zunge Calvins, ich hasse die falsche Lehren des grausamen Papstes“).17)

Anmerkungen

  1. Pfarrarchiv Lindhorst, Kirchenregister (NLA BU, Microfiche-Sammlung Pfarrarchiv Lindhorst Nr. 1, Fiche Nr. 237), Abschnitt über den Pfarrhof.
  2. Bentrup, Kirchen in Schaumburg, S. 100.
  3. Vgl. dazu die Einleitung von Hans Rausch zu: Nothold, Lindhorster Chronik, ed. Rausch, S. 7–15.
  4. Meyer, Pastoren, Bd. 2, S. 81; vgl. Nothold, Lindhorster Chronik, ed. Rausch, Kap. 18, S. 101. Die Namen der Eltern ergeben sich aus der Leichenpredigt für Anton Notholds Bruder Ernst (Nr. 570).
  5. Nothold, Lindhorster Chronik, ed. Rausch, Kap. 18, S. 103–106.
  6. Matrikel Helmstedt, Bd. 1, Abt. 1, S. 78, Nr. 145 (Eintrag vom 4. Oktober 1589).
  7. Nothold, Lindhorster Chronik, ed. Rausch, Kap. 18 u. 19, S. 107f.; vgl. Matrikel Helmstedt, Bd. 1, Abt. 1, S. 121, Nr. 6.
  8. Nothold, Lindhorster Chronik, ed. Rausch, Kap. 19, S. 110.
  9. Meyer, Pastoren, Bd. 2, S. 81; dass er bereits 1597 Pastor in Lindhorst wurde, ergibt sich aus Nothold, Lindhorster Chronik, ed. Rausch, Kap. 8, S. 74; vgl. auch Kap. 19, S. 116: Er blickt 1625 auf 28 Amtsjahre zurück.
  10. Ihre Mutter war Catharina Knochenhauer aus Stadthagen. Das Jahr der Eheschließung ergibt sich aus der Widmung einer von Anton Nothold zu ihrem Tod verfassten Trauerschrift: Threnodia In Obitum […] Angelae Neuvvaldis […] Dn. M. Anthonii Notholdi Pastoris in Linthorst dilectae coniugis; quam pio pietatis affectu […] exarabat ipse viduus […] 1627, Stadthagen o. J. [1627]. Von Graf Ernst erhielt Nothold ein großzügiges Hochzeitsgeschenk (Nothold, Lindhorster Chronik, ed. Rausch, Kap. 19, S. 112).
  11. Nothold, Threnodia In Obitum […] (wie oben Anm. 10), Titelblatt und Widmung.
  12. Nothold, Lindhorster Chronik, ed. Rausch, Kap. 19, S. 113–116.
  13. Vgl. die Widmung der Threnodia In Obitum […] (wie oben Anm. 10) sowie Nr. 591.
  14. Zur Schule und ihren Schulmeistern Nothold, Lindhorster Chronik, ed. Rausch, Kap. 20, S. 116–122; die Schulen in Lindhorst tragen heute den Namen „Magister-Nothold-Grundschule“ bzw. „-Oberschule“.
  15. Nothold, Lindhorster Chronik, ed. Rausch, Kap. 8, S. 74–76. Vgl. Nr. 491.
  16. Meyer, Pastoren, Bd. 2, S. 81.
  17. Nothold, Lindhorster Chronik, ed. Rausch, Kap. 19, S. 116.

Nachweise

  1. Pfarrarchiv Lindhorst, Kirchenregister (NLA BU, Microfiche-Sammlung Pfarrarchiv Lindhorst Nr. 1, Fiche Nr. 237), Abschnitt über den Pfarrhof.

Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 381† (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0038109.