Inschriftenkatalog: Landkreis Schaumburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)

Nr. 359 Möllenbeck, Kloster 1581–1596

Beschreibung

Wandmalerei. Die aufgemalten Inschriften in Raum 22 im Ostflügel des Erdgeschosses wurden im Jahr 2015 freigelegt und restauriert.

Westwand

An der Westwand drei bildliche Darstellungen, die von in Grau aufgemalten, oben gerundeten Rollwerkkartuschen gerahmt sind: Links eine Darstellung von Gesetz und Evangelium. Am Fuß eines Baums, der links kahle, rechts belaubte Äste trägt, die Darstellung eines Sünders, der auf einem Quader sitzt. Auf dem Quader die Inschrift A1. Links des Baums Jesaja, von dessen linker Hand ein Schriftband mit der Inschrift A2 ausgeht. Rechts des Baums Johannes der Täufer, von dessen linker Hand ein Schriftband mit der Inschrift A3 ausgeht. Alle Inschriften sind in Schwarz auf hellem Grund aufgemalt.

Die mittlere Darstellung an der Westwand zeigt in einer Nische Personifizierungen der Tugenden Fortitudo (als Judith mit dem abgeschlagenen Haupt des Holofernes) und Veritas (mit Winkelmaß und Zirkel). Die Figuren stehen unter Rundbögen; links und rechts von ihren Köpfen die Beischriften B1 und B3. Unter den beiden Figuren eine Rollwerkkartusche mit den in zwei Kolumnen angeordneten Inschrift B2 (unterhalb von Fortitudo) und B4 (unterhalb von Veritas). Alle Inschriften sind in Schwarz auf hellem Grund aufgemalt. Auf dem Rahmen der Darstellung oben links Spes (mit Säule und Anker), oben rechts Fides (mit Kreuz und Kelch).

Die rechte Darstellung an der Westwand zeigt Christus am Kreuz vor einer Stadtsilhouette. Oberhalb des Kreuzes der in Schwarz aufgemalte Titulus C1 in einem von einer schwarzen Linie gerahmten hellen Schriftfeld. Links unter dem Kreuz eine männliche Gestalt, die mit einer Albe oder einem Chorhemd und einer schwarzen Almutia bekleidet ist. Die Kartusche, die das Bild rahmt, ist innen von einem schwarzen Band begleitet, auf dem die in hellgrauer Farbe aufgemalte Inschrift C2 umläuft, beginnend von links unten. Sie verläuft zunächst nach oben und über den Bogen nach rechts unten; die letzte Zeile der Inschrift beginnt links unten. Oberhalb der Rollwerkkartusche die in Schwarz auf hellem Grund aufgemalte Inschrift C3.

Unterhalb der Darstellung von Gesetz und Evangelium befindet sich ein weiteres gerahmtes Schriftfeld, das jedoch nach der Freilegung wieder überstrichen wurde. Von der in mehreren Zeilen verlaufenden Inschrift D sind auf einer nach der Freilegung entstandenen Fotografie nur wenige Reste zu lesen.1)

Inschrift D nach Fotografie.

Maße: Bu.: 1,5–2,1 cm (A1), 1,5–2 cm (A2, A3), 2,2 cm (B1, B3), 1,3 cm (B2, B4), 2,3 cm (C1), 2,5 cm (C2, C3).

Schriftart(en): Kapitalis mit Versalien.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Katharina Kagerer) [1/8]

Versmaß:  

  1. A1

    [I]NFELIX [ . . O . . ]O / QVI[ - - - ]T / DE [ - - - ] / H[VIVS - - -] VII2)

  2. A2

    ECCE VIRGOa) CONCIPIET ET PARIET FILIVM. ESA VII ·3)

  3. A3

    ECCE · AG(NV)S · DEI ECCE QVI · TOLLIT · P(E)C(CA)TA MVNDI · / · IO · I4)

  4. B1

    FORTIT//VDO ·

  5. B2

    FORTITER IN CHRISTO SVPERES MALA QVAEQ(VE) NEC V(N)QVAM / TE SVPERET REBVS SORS INIMICA MALIS · / NAM TIBI CHRISTVS ERIT BASIS,, ANCHORA, PORTVS, / ET AVRA ·/ QVAEQ(VE) FERAS FORTI SI MODO DAMNA FIDE

  6. B3

    VERIT//AS,

  7. B4

    DICITOb) VERA LVBENS, FVGITO MENDACIA, MENDAX, / COMPROBAT HAEC EREBI REX, AMAT ILLA DEVS, / MENTIRI VITIVNc) EST GRAVE, VIRTVS DICERE, VE=/RA / MENTIRI DAMNAT, DICERE VERA BEAT ·

  8. C1

    I(ESVS) N(AZARENVS) R(EX) I(VDAEORVM)5) ·

  9. C2

    · MISERERE MEI DEVS SECVNDVM MAGNAM MISERICORDIAM TVAM ET SECVNDVM MVLTITVDINEM MISERATIONVM TVARVM DELE OMNES INIQVITATES MEAS6) AVERTE FACIEM TVAM A PECCATIS MEIS ET OMNES INIQVITATES MEAS DELE COR MVNDVM CREA IN ME / DEVS ET SPIRITVM RECTVM INNOVA IN VISCERIBVS MEIS7)

  10. C3

    PSALMO · 50 ·

  11. D (†)

    [ - - - ]VS [ - - - ] / [ - - - ]VS [ - - - ] / [ - - - ] / [ - - - ] P[ . . . ] D[ - - - ] / [ - - - ]TERNV[ . . ]O[ - - - ] / [ - - - ] / [ - - - ] / [ - - - ]

Übersetzung:

Ich elender Mensch! Wer wird mich von meinem dem Tod verfallenen Körper befreien? Römer 7. (A1)
Sieh, eine Jungfrau wird schwanger werden und einen Sohn gebären. Jesaja 7. (A2)
Sieh, das Lamm Gottes, sieh, das hinwegnimmt die Sünden der Welt. Johannes 1. (A3)
Tapferkeit. (B1)
Mit Tapferkeit in Christus wirst du alle Übel überwinden, und niemals wird dich in einer üblen Lage ein feindliches Schicksal überwinden. Denn Christus wird für dich das Fundament, der Anker, der Hafen und der Lebensatem sein, und du wirst jedes Unheil ertragen, wenn du nur einen starken Glauben hast. (B2)
Wahrheit. (B3)
Du sollst bereitwillig die Wahrheit sagen und die Lügen fliehen. Letztere bestätigt der lügnerische König der Hölle, erstere liebt Gott. Lügen ist eine schwere Sünde, die Wahrheit zu sagen eine Tugend. Lügen führt in die Verdammnis, die Wahrheit zu sagen macht selig. (B4)
Erbarme dich meiner, Gott, nach deiner großen Barmherzigkeit, und tilge alle meine Verfehlungen nach deinem reichen Erbarmen! Wende deine Augen von meinen Sünden ab, und tilge alle meine Verfehlungen. Schaffe in mir ein reines Herz, Gott, und erneuere einen aufrechten Geist in meinem Inneren. (C2)

Versmaß: Elegische Distichen (B2, B4).

Textkritischer Apparat

  1. o kleiner und hochgestellt.
  2. Zweites I kleiner, möglicherweise nachträglich eingefügt.
  3. VITIVN] statt VITIVM.

Anmerkungen

  1. 1.Mein besonderer Dank gilt der Restauratorin Elke Schlöder (Neustadt a. Rübenberge) und Pastor Roland Trompeter (ref. Kirchengemeinde Möllenbeck), die mir freundlicherweise Fotografien zur Verfügung gestellt haben.
  2. 2.Wahrscheinlich zu ergänzen zu [I]NFELIX [EGO HOM]O / QVI[S ME LIBERABI]T / DE [CORPORE MORTIS] / H[VIVS ROM] VII (Rm 7,24).
  3. 3.Is 7,14.
  4. 4.Liturgischer Text nach Io 1,29.
  5. 5.Io 19,19.
  6. 6.Vgl. Ps 50,3.
  7. 7.Ps 50,11f.

Nordwand

Die in Fachwerk ausgeführte Nordwand ist in sechs unterschiedlich breite Gefache eingeteilt und durch Riegel horizontal gegliedert. Direkt unterhalb der Decke ergeben sich dadurch sechs hochrechteckige Schriftfelder mit den Inschriften E1–E6. Die Inschriften E1 und E2 sowie E4 und E5 gehören zusammen. Unterhalb des Riegels fünf weitere Schriftfelder mit den Inschriften F1–F5. Das Feld im ersten, linken Gefach ist leer. Inschrift F1 befindet sich unterhalb von E2, F2 unterhalb von E3 usw. Die Schriftfelder sind durch in Schwarz aufgemalte Begrenzungslinien und florale Ornamente in den Ecken gerahmt.8) Die Inschriften sind in Schwarz auf hellem Grund aufgemalt. Eingeritzte Begrenzungslinien der Schriftzeilen sind noch erkennbar.

Maße: Bu.: 2,7–4,3 cm (E), 1,8–3,5 cm (F).

Schriftart(en): Kapitalis mit Versalien.

  1. E1

    IOHAN. 17. / HAEC EST VITA AETERNA, VT / COGNOSCANT TE SOLVM / VERVM DEVM, ET QVEM MISISTI, / IHESVM CHRISTVM ·9) / PAVLVS ROMA. 5. / IVSTIFICATI ERGO EX FIDE, PA/CEM HABEAMVS AD DEVM PER / DOMINVM NOSTRVM IHESVM / CHRISTVM: PER QVEM ET HA=/BEMVS ACCESSVM PER FIDEM / IN GRATIAM ISTAM IN QVA / STAMVS, ET GLORIAMVR IN / SPE GLORIAE FILIORVM DEI ·10)

  2. E2

    COMMENDAT AVTEM CHARITATEM / SVAM DEVS IN NOBIS: QVONIAM SId) CVMe) / ADHVC PECCATORES ESSEMVS SECV=/NDVM TEMPVS CHRISTVS PRO / NOBIS MORTVVS EST. / MVLTO IGITVR MAGIS IVSTIFICATI / IN SANGVINE IPSIVS SALVI ERIMVS / AB IRA PER IPSVM. / SI ENIM CVM INIMICI ESSEMVS RECON=/SILIATISf) SVMVS DEO PER MORTEM / FILIJ EIVS · MVLTO MAGIS RECON=/SILIATI, SALVI ERIMVS IN VITA / IPSIVS11)

  3. E3

    ROMA. 8. / NIHIL ERGO DAMNATIONIS EST IJS QVI / SVNT IN CHRISTO IHESV QVI NON SECVN=/DV(M) CARNEM AMBVLANT.12) / QVICVNQ(VE) ENIM SPIRITV DEI AGVNTVR / HIJ SVNT FILIJ.13) / SI ITAQ(VE) DEVS PRO NOBIS QVIS CONTRA / NOS? QVI ETIAM PROPRIO FILIO NON PE/PERCIT, SED PRO OMNIBVS TRADIDIT / ILLVM, QVOMODO ERGO ET CVM ILLO / NON OMNIA NOBIS DONARET?14)

  4. E4

    EPISTOLA IOHANNIS / PRIMA. CAP. I . / SI IN LVCE AMBVLAMVS, / SICVT ET IPSE EST IN LV=/CE: SOCIETATEM HABE(M)VS / AD INVICEM, ET SANGVIS / IHESV CHR(IST)J FILIJ EIVS EMV=/NDAT NOS AB OMNI PECCA=/TO,, SI DIXERIMVS QVONI=/AM PECCATAMg) NON HA=/BEMVS: IPSI NOS SEDVCI=/MVS, ET VERITAS IN NOBIS NON EST SI CONFI=/TEAMVR PECCATA NOS=/TRA, FIDELIS EST ET / IVSTVS VT REMITTAT

  5. E5

    NOBIS PECCATA NOSTRA. / ET EMVNDET NOS AB OM=/NI INIQVITATE. SI DIXE=/RIMVS QVONIAM NON / PECCAVIMVS: MENDACEM / FACIMVS EVM ET VERBVM / EIVS NON EST IN NOBIS15) / CAP. 2. / FILIOLI MEI HAEC SCRIBO / VOBIS, VT NON PECCETIS: / SED ET SI QVIS PECCAVERIT / ADVOCATVM HABEMVS / APVD PATREM IHESVM CH=/RISTVM IVSTVM · ET IPSE / EST PROPITIATIO PRO PEC/CATIS NOSTRIS: NON PRO / NOSTRIS AVTEM TANTVM, / SED ET[I]AM PRO / TOTIVS MVNDI16)

  6. E6

    PAVLVS. I. AD THIMO=/THEVM. I. / FIDELIS SERMO ET OMNI ACCEP=/TIONE DIGNVS. QVIA IHESVS / CHRISTVS VENIT IN HVNC MV/NDVM PECCATORES SALVOS / FACERE. QVORVM PRIMVS EGO SVM / SED IDEO MISERICORDIAM CON/SECVTVS SVM, VT IN ME PRIMO / OSTENDERET CHRISTVS IHE/SVS OMNEM PATIENTIAM AD / INFORMATIONEM EORVM QVI / CREDITVRI SVNT ILLI IN VITAM AETERNAM ·17)

  7. F1

    DESCRIPTIO VITAE / VITA QVID EST? LABOR EST, DOLOR EST, MEDITATIO MOR/TIS / CREBRA CINIS FVMVS, FLOS AGRI, FABVLA, SOMNVS / SPVMA FLVENTIS AQVAE, FOLIVM, CARO, VER(M)IS, ET V(M)BRA / OMNE SVB ASTRIGERO QVOD MAXI(M)VS AETHERE, CAELI / MVNDVS HABET TRANSIT, NIHIL EST DVRABILE MV(N)DO / OCIVS AMNE DIES ABEVNT, EVRO OCIVS ANNI ·

  8. F2

    DISCE MORI VIVENS, MORIENS VT VIVERE POSSIS18) / NAM BENE QVI MORITVR CAELICA REGNA PETET / QVI MALE TARTAREAS EREBI TRANABIT ABIJSSOS / EX QVIBVS AD VITAE GAVDIA NVLLA SALVS · / VEL SIC / CVM BENE [P]O[S]SE MORI SAPIENTIA SVMMA VOCETVR / DISCE PICh) IN CHRISTO VIVERE, DISCE MORI · / ALITE[R] / HIC BENE POSSE MORI EST ARS MA[ - - - ] OPTIMA QVARE / SI CVPIS AETERNVM VIVERE [ - - - ]i)

  9. F3

    OMNIBVS MORIE(N)DVM / ORBIS IN HOC THEATRO NON TA(M) RATA [F]AEDE[RA] / DVRVM / IRRITA QVAE NEQVEAT REDDERE MORTIS ONVS / FILIVS ET GENITOR GENITRIX ET FILIA FRAT=/ER / ET SOROR EXCIPIV(N)T SPICVLA DIRA NECIS / SEPARAT ILLA TORI SOCIOS DISIV(N)GIT A(M)ICO[S] / IVNIOR ET SENIOR SVNT IBI LEGE PARES

  10. F4

    ADHORTATIO AD / VNVMQVEMQ(VE) PIA / O MORTALIS HOMO MERITIS ET SA(N)GVINE CHRISTI / NITERE, TARTAREOS NE DEIJC[IARI]S IN IGNES / FVL(M)INE SED TE(N)EAS AETER(N)AE GAVDIA VITAE / ANTRA ETE(N)IM SVBIERE NIGRI QVICV(N)Q(VE) BAR/ATRI / FLAM(M)EA CONSEPICIE(N)Tj) LVCTVS ACHERO(N)TE SVB / IMO / PERPETVOS RELIQVAE NEQ(VE) SPES ERIT VLLA / SALVTIS ·

  11. F5

    SIJRACHk) · 7 ·19) / OMNIBVS IN REBVS MEMORARE NOVISSI(M)A VITAE / DVM TVA VITALIS SPIRITVS OSSA REGAT / ET FORE MORTALI NATVM TE LEGE MEMENTO / HAC ETENIM NATI CONDITONEl) SVMVS / NON SCELVS ADMITTES VLLVM, MALA NVLLA PATRA/BISm) / CONSONA SED LEGI RELLIGIOSVS AGES ·

Übersetzung:

Johannes 17. Dies ist das ewige Leben, dass sie dich als einzigen, wahren Gott erkennen und den, den du gesandt hast, Jesus Christus. Paulus, Römerbrief. Aus dem Glauben also gerechtfertigt, sollen wir Frieden haben mit Gott durch Jesus Christus, unseren Herrn. Durch ihn haben wir auch über den Glauben den Zugang zu der Gnade erhalten, in der wir stehen, und rühmen uns unserer Hoffnung auf die Herrlichkeit der Kinder Gottes.
Gott aber vertraut uns seine Liebe an, denn wenn Christus, als wir gemäß der Zeit noch Sünder waren, für uns gestorben ist, werden wir also, da wir durch sein Blut gerechtfertigt worden sind, durch ihn erst recht geschützt sein vor dem Zorn (Gottes). Wenn wir nämlich, als wir noch Feinde waren, durch den Tod des Sohns mit Gott versöhnt wurden, werden wir umso mehr, nachdem wir versöhnt sind, gerettet werden durch sein Leben. (E1–E2)
Römerbrief 8. Es gibt also keine Verdammnis für diejenigen, die in Jesus Christus sind und die sich nicht vom Fleisch leiten lassen. All die nämlich, die vom Geist Gottes angetrieben werden, sind seine Kinder. Wenn also Gott für uns ist, wer vermag dann etwas gegen uns? Der auch seinen eigenen Sohn nicht verschont hat, sondern ihn für alle hingegeben hat, wie sollte der uns also nicht zusammen mit ihm auch alles andere geben? (E3)
1. Johannesbrief, Kap. 1. Wenn wir im Licht wandeln, wie er selbst im Licht ist, haben wir Gemeinschaft untereinander, und das Blut Jesu Christi, seines Sohnes, macht uns rein von aller Sünde. Falls wir behaupten sollten, dass wir ohne Sünde sind, führen wir uns selbst in Versuchung, und die Wahrheit ist nicht in uns. Falls wir aber unsere Sünden gestehen sollten, ist er treu und gerecht, so dass er uns unsere Sünden vergibt, und er wird uns von jeder Ungerechtigkeit reinigen. Falls wir behaupten sollten, dass wir nicht gesündigt haben, machen wir ihn zum Lügner, und sein Wort ist nicht in uns.
Kap. 2. Meine Kinder, ich schreibe euch dies, damit ihr nicht sündigt. Aber auch wenn jemand gesündigt hat, haben wir einen Anwalt bei dem Vater, nämlich Jesus Christus, der gerecht ist. Und er ist die Versöhnung für unsere Sünden, nicht nur für die unseren, sondern auch für die der ganzen Welt. (E4–E5)
Paulus, 1. Brief an Timotheus, Kap. 1. Das ist eine zuverlässige Kunde, die es wert ist gehört zu werden: dass Jesus Christus in unsere Welt gekommen ist, um die Sünder zu erlösen, unter denen ich der erste bin. Aber darum ist mir Barmherzigkeit widerfahren, damit Christus Jesus an mir als erstem alle Geduld zeige, denen zum Vorbild, die auf ihn vertrauen werden zum ewigen Leben. (E6)
Beschreibung des Lebens. Was ist das Leben? Es ist Mühe, Schmerz, unaufhörliches Bedenken des Todes, Asche, Rauch, eine Ackerblume, eine erdichtete Erzählung, ein Traum, die Gischt fließenden Wassers, ein Blatt, (vergängliches) Fleisch, ein Wurm und ein Schatten. Alles, was zur riesigen Welt des Himmels unter dem bestirnten Firmament gehört, vergeht. Nichts auf der Welt ist beständig. Die Tage fließen schneller dahin als ein Fluss, die Jahre verwehen schneller als der Südostwind. (F1)
Im Leben lerne zu sterben, damit du im Sterben das Leben gewinnst. Denn wer einen guten Tod stirbt, strebt ins Himmelreich. Wer einen schlechten Tod stirbt, wird die höllischen Abgründe der Unterwelt durchschwimmen, von denen aus es keine Rettung zu den Freuden des Lebens gibt.
Oder so: Da man es die höchste Weisheit nennt, gut sterben zu können, lerne hier in Christus zu leben und zu sterben.
Anders: Hier gut sterben zu können ist die beste Kunst […] Wenn du also ewig leben willst […]. (F2)
Alle müssen sterben. In diesem Erdentheater sind Bindungen nicht so bestandskräftig, dass die schwere Last des Todes sie nicht aufheben könnte. Sohn und Vater, Mutter und Tochter, Bruder und Schwester empfangen die grausigen Todesstacheln. Er trennt die Eheleute, er trennt die Freunde. Dort sind Jung und Alt dem Gesetz nach gleich. (F3)
Fromme Ermahnung an alle. Oh sterblicher Mensch, stütze dich auf die Verdienste und auf das Blut Christi, damit du nicht vom Blitz ins Höllenfeuer hinabgestoßen wirst, sondern die Freuden des ewigen Lebens festhältst. Denn alle, die in die flammenden Höhlen des schwarzen Höllenschlundes hinabgegangen sind, werden tief unten im Acheron immerwährender Trauer begegnen, und es wird nicht die geringste Hoffnung auf Rettung bleiben. (F4)
Sirach 7. Denke bei all deinen Handlungen an die letzten Dinge des Lebens, solange der Lebensgeist deine Gebeine lenkt, und denke daran, dass du unter einem Gesetz geboren bist, das für dich den Tod vorsieht: Wir sind nämlich unter dieser Bedingung geboren. Du sollst kein Verbrechen verüben und keine Übeltaten begehen, sondern in Gottesfurcht Dinge tun, die mit dem Gesetz in Einklang stehen. (F5)

Versmaß: Hexameter (F1, F4), elegische Distichen (F2, F3, F5).

Textkritischer Apparat

  1. SI wohl irrtümlich gesetzt, vermutlich beeinflusst durch SI ENIM CVM weiter unten.
  2. Accentus gravis auf dem V.
  3. Statt RECONCILIATI.
  4. Statt PECCATVM.
  5. Statt HIC.
  6. Möglicherweise ist zu ergänzen DISCE MORI (für diesen Konjekturvorschlag danke ich Mona Dorn, Göttingen).
  7. Statt CONSPICIENT.
  8. R kleiner und hochgestellt.
  9. Statt CONDITIONE.
  10. BIS kleiner unter der Zeile.

Anmerkungen

  1. 8.Vgl. auch Nr. 319. Ganz ähnliche Gefachausmalungen sind auch in Rinteln (Weserstraße 18 und Klosterstraße 11) freigelegt worden (Sprenger, Bürgerhäuser und Adelshöfe, S. 101f. mit Abb. 57 u. 58); möglicherweise gehen sie auf denselben Maler zurück.
  2. 9.Io 17,3.
  3. 10.Rm 5,1f.
  4. 11.Rm 5,8–10.
  5. 12.Rm 8,1.
  6. 13.Rm 8,14.
  7. 14.Rm 8,31f.
  8. 15.I Io 1,7–10.
  9. 16.I Io 2,1f.
  10. 17.I Tim 15f.
  11. 18.Walther, Proverbia, Nr. 5863.
  12. 19.Vgl. Sir 7,40: in omnibus operibus tuis memorare novissima tua et in aeternum non peccabis.

Ostwand

An der Ostwand zwei Fensternischen, die von aufgemalten Leisten mit Rollwerk gerahmt sind. Die in Hellgrau gemalte Inschrift G1 an der linken, nördlichen Nische verläuft auf einem schwarzen Schriftband, das der oberen Rundung der Fensternische auf der Wand folgt. In der Fensterlaibung oben aufgemaltes Beschlagwerk, in dessen Mitte ein Medaillon mit einer Darstellung eines bärtigen Mannes mit schwarzer Jacke und weißer Halskrause, auf dem Kopf ein Federhut. An der Lünette in der Mitte ein von einem Blattkranz umgebener Wappenschild, links und rechts davon jeweils ein Vogel. Darunter verläuft die nur fragmentarisch erhaltene in Schwarz aufgemalte Inschrift G2.

Die Rahmung der rechten, südlichen Fensternische ist ohne Inschrift. In der Fensterlaibung oben aufgemaltes Beschlagwerk, in dessen Mitte ein Medaillon mit der Darstellung vermutlich einer Frau. Die nur fragmentarisch erhaltene Darstellung auf der Lünette zeigt Hirsche und einen Zaun.

In den getreppten Fensternischen verlaufen in etwa zwei Metern Höhe die von hellbraunen Linien gerahmten Inschriften H–J, beginnend mit H1 am nördlichen Rand der Ostwand. H2 ist über Eck angeordnet. H3 und H4 in der Laibung links des linken Fensters. In der Laibung rechts des linken Fensters die Inschrift I1. I2 verläuft über Eck. An der Wand zwischen den beiden Fenstern die Inschrift I3. I4 verläuft über Eck. In der Laibung links des rechten Fensters die Inschrift J. Vermutlich setzten sich die Inschriften rechts des rechten Fensters fort. Davon ist jedoch nichts erhalten.

Maße: Bu.: 3 cm (G1), 2,1–2,4 cm (G2), 1,4 cm (H, I, J).

Schriftart(en): Kapitalis (G2, H–J), Fraktur (G1).

  1. G1

    Merck vnd Melt . De wassen beid im felt · Plucke merck vnd lath mell stahn. So machst du mit alle lüden um(m)e gahn ·

  2. G2

    [IOD]OCVS . STVKENIVS [ - - - ]Nn) . / [MOLL]ENBECK. [N - - - ] / ANN[O - - - ] 1[ . . . ]

  3. H1

    MAXI(M)E RE[R]VM / CONDITOR20) AVDI

  4. H2

    SA[NC]TA VOCANTES / NOS TVA CA[S]TIS ·

  5. H3

    [ - - - ]Ao) VOTIS / [ - - - ]E CV(N)CTOS.

  6. H4

    [ - - - ] IN [H]OSTES. / [ - - - Q](VE) PELLE ·

  7. I1

    NOBIS BENIGNE T[V] DEVS . / PACEM TVAM DA PROTINVS ·

  8. I2

    N[ - - - ]p) DIEBVS, NAM POTES . / DVM [ - - - ]AMVSq) SV[PPL]I[C]ES ·

  9. I3

    NON EST ENIM NOS [A - - - A]T · / [AB] HOSTE Q[V]I [ . . ]R[ - - - ]

  10. I4

    PRAETER DEVS TE [ . . . . ]E · / NOSTERQ(VE) CVSTOS [O . . . ME]r) ·21)

  11. J

    MORBORVM GENVS OMNE PES[SI]MORVM . / ET PESTIS MALA CVNCTA TRI[ST]IS AVFE[RT]

Übersetzung:

Merk und Melde, die wachsen beide auf dem Feld. Pflücke Merk und lass Melde stehen, so kannst du mit allen Leuten umgehen. (G1)
Größter Schöpfer der Welt, höre uns, wie wir heilige Dinge rufen […] keuschen Bitten […] uns alle […] gegen die Feinde […] vertreibe […] (H)
Gütiger Gott, gib uns sogleich deinen Frieden in unseren Tagen, denn du kannst es, während wir dich demütig darum bitten. Es ist nämlich nicht […] vom Feind, der […] außer dir, Gott, […] und unser bester [?] Hüter. (I)
Er [?] beseitigt jede Art von sehr schlimmen Krankheiten und alle Übel der schrecklichen Pest. (J)

Versmaß: Deutsche Reimverse (G1), Adoneen (H), iambische Dimeter (I), Phalaeceen (J).

 
Wappen
Stucken22)

Textkritischer Apparat

  1. [ - - - ]N] vermutlich ist zu ergänzen [PRIOR I]N.
  2. Vor dem A ist ein Schaft erkennbar.
  3. N[ - - - ]] möglicherweise N[OSTRIS].
  4. [ - - - ]AMVS] möglicherweise [TE ROG]AMVS.
  5. [O . . . ME]] vermutlich OPTIME.

Anmerkungen

  1. 20.Vgl. den Ambrosianischen Hymnus Aeterne rerum conditor.
  2. 21.Vgl. die Antiphon Da pacem, Domine, in diebus nostris, quia non est alius qui pugnet pro nobis nisi tu, Deus noster (CAO 3, Nr. 2090), die auch nach der Reformation durch Luthers Lied „Verleih uns Frieden gnädiglich“ präsent war. Offensichtlich greift die vorliegende Inschrift dieses Lied auf: Verleih uns Frieden gnädiglich, / Herr Gott, zu unsern Zeiten. / Es ist doch ja kein andrer nicht, / der für uns könnte streiten, / denn du, unser Gott, alleine.
  3. 22.Wappen Stucken (Baumstumpf, darauf ein Herz).

Kommentar

Die Inschriften sind mit Ausnahme von G1 in einer sorgfältig gestalteten Kapitalis aufgemalt, die derjenigen in Raum 39 gleicht (Schriftbeschreibung unter Nr. 319). Die vorliegenden Inschriften sind enger spationiert und von geringerer Buchstabenhöhe; sie fallen dadurch etwas unregelmäßiger aus. Die meisten A sind höher als die anderen Buchstaben. Das X besteht im Gegensatz zu den Inschriften in Raum 39 aus zwei gekreuzten Schrägschäften. I teilweise mit i-Punkten. In Inschrift E1 zusätzlich Zierelemente: Die Cauda des R und des Q ist zu einer verschlungenen Zierlinie ausgezogen. Dafür, dass beide genannten Räume vom selben Maler gestaltet wurden, sprechen auch die Ähnlichkeiten in der Personendarstellung.

Die Inschriften dürften zeitnah zu den auf 1587 datierten Inschriften in Raum 39 entstanden sein. Den zeitlichen Rahmen bestimmt die Amtszeit des in Inschrift G2 genannten Priors Jodocus Stucken, der dieses Amt von 1581 bis 1596 innehatte (s. Nr. 500 (Epitaph) u. 340). Sicherlich kann er als Auftraggeber der Ausmalung gelten. Aus dem Jahr 1587 datiert auch ein in Möllenbeck erhaltenes Steinfragment, das Stuckens Namen trägt (Nr. 318), er scheint also zu dieser Zeit bauliche Maßnahmen angestoßen zu haben.

Im Zentrum des Inschriftenprogramms von Raum 22 stehen die Themen Tod und Auferstehung, insbesondere die Hoffnung auf Erlösung durch den Kreuzestod Christi. Diese Thematik wird zum einen durch entsprechende Bibelzitate in den Inschriften E, zum anderen durch die bildlichen Darstellungen an der Westwand entfaltet. Eine klare lutherische Akzentsetzung ist erkennbar: Inschrift E1 betont die Rechtfertigung allein aus dem Glauben. Zum üblichen Repertoire der reformatorischen Ikonographie gehört besonders auch das Bildprogramm der Westwand, das Luthers Lehre von „Gesetz und Evangelium“ visualisiert. Der vorliegende Bildtypus findet sich erstmals auf einem vermutlich 1523/24 in Antwerpen oder Paris entstandenen Holzschnitt.23) Er wurde in der Folgezeit vielfach rezipiert, insbesondere auf Epitaphien.24) Vorbild für die Wandmalerei in Möllenbeck ist das um 1524 entstandene Gemälde Lex et Gratia von Hans Holbein.25) Diesem Gemälde ist die Körperhaltung des Sünders entnommen; auch bei Holbein steht links der Prophet Jesaja, rechts Johannes der Täufer, die beide mit der Hand nach rechts deuten. In Möllenbeck weist ihr Zeigegestus auf die Darstellung des Gekreuzigten im rechten Bildfeld der Westwand, während bei Holbein der Gekreuzigte auf dem Gemälde selbst im Bildhintergrund zu sehen ist. Die Übereinstimmung mit Holbeins Gemälde erstreckt sich auch auf die drei Inschriften A1–A3, nur der Wortlaut des Zitats aus dem Römerbrief weicht geringfügig ab.

Die Epigramme an der Nordwand des Raums entfalten eine ars moriendi vor dem Hintergrund der Vergänglichkeit alles Irdischen. Auf die Thematik stimmt Inschrift F1 ein, die an barocke Vanitaslyrik erinnert; ähnlich ist der Tenor der Inschrift F3, die betont, dass der Tod alle irdischen Bindungen aufhebt. In Inschrift F2 ergeht die Mahnung, dass der Mensch das „richtige“ Sterben lernen soll, was in Inschrift F4 dahingehend präzisiert wird, dass er sich Christus anvertrauen soll, um das ewige Heil zu erlangen. In Inschrift F5 werden im Anschluss an eine Textstelle aus Jesus Sirach diese Gedanken nochmals zusammengefasst: Bei all seinen Handlungen soll der Mensch das Ende bedenken und sich an die göttlichen Gebote halten.

So wie in den Inschriften F2, F4 und F5 wird der Leser auch in den beiden Inschriften, die den Tugenddarstellungen an der Westwand beigegeben sind, direkt angesprochen. Die Texte enthalten Verhaltensregeln insbesondere zur Wahrheitsliebe, versichern den Leser aber auch des Beistands Christi, durch den es ihm nicht an Tapferkeit mangeln werde.

Die lateinischen Texte in den Fensterlaibungen hingegen haben zumeist hymnischen Charakter, erkennbar am Versmaß sowie an der Anrede Gottes. Aus dem Rahmen des ansonsten stark theologisch geprägten Inschriftenprogramms fällt die deutschsprachige Inschrift über der linken Fensternische. Sie zitiert ein Sprichwort, in dem auf einer wörtlichen Ebene die Pflanzen Merck (Sellerie) und Melde einander gegenübergestellt werden. Dass der Genuss von Sellerie empfohlen wird, findet eine Parallele in Johannes de Cubas Gaerde der Suntheit, wo Merck als Mittel gegen Mundgeruch empfohlen wird; insofern kann er zu einem angenehmen Umgang mit den Mitmenschen beitragen. Melde stuft Johannes de Cuba als ungenießbar ein.26) In dem in Möllenbeck zitierten Sprichwort liegt allerdings ein Wortspiel mit den Verben „merken“ und „melden“ vor: Der Spruch warnt somit davor, Dinge auszuplaudern (zu „melden“), die man bemerkt oder sich gemerkt hat. Wander erklärt den Spruch in seinem Sprichwörterlexikon folgendermaßen: „Beobachte, merke, bemerke viel, aber rede wenig; sei besonders kein Zuträger.“27) Eine im Tenor ähnliche Inschrift, die zur Verschwiegenheit mahnt, findet sich in Möllenbeck im Raum 39 (Nr. 319).

Anmerkungen

  1. 23.Reinitzer, Gesetz und Evangelium, Bd. 1, S. 17–36 u. Bd. 2, Abb. 31 auf S. 51.
  2. 24.Vgl. z. B. DI 88 (Lkr. Hildesheim), Nr. 185; reiches Material bei Reinitzer.
  3. 25.Reinitzer, Gesetz und Evangelium, Bd. 2, Abb. 53 auf S. 88; vgl. dazu Finck, Gemalte Gelehrsamkeit, S. 87–89.
  4. 26.Finck, Gemalte Gelehrsamkeit, S. 92; vgl. Wander, Sprichwörterlexikon, Bd. 3, Sp. 636 s. v. „Merk“.
  5. 27.Wander, Sprichwörterlexikon, Bd. 3, Sp. 636 s. v. „Merk“; vgl. DWB, Bd. VI, Sp. 1991 s. v. „melde“.

Nachweise

  1. Fotografie der Restaurierungswerkstatt von Elke Schlöder (Neustadt a. Rübenberge) (D).
  2. Finck, Gemalte Gelehrsamkeit, S. 86–92 (A2, A3, C1, C2, E1 teilweise, E2 Anfang, E3, G1).

Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 359 (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0035904.