Inschriftenkatalog: Landkreis Schaumburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)

Nr. 334 Stadthagen, St. Martini 1590

Beschreibung

Epitaph für Othrabe von Landsberg und seine Familie. Holz, farbig gefasst. Das Epitaph ist im Inneren der Kirche an der Nordwand im dritten Joch von Westen angebracht. Zuvor hing es an einem Pfeiler gegenüber der Kanzel.1)

In dem von Säulen gerahmten Hauptgeschoss ein Ölgemälde mit einer Darstellung des auferstandenen Christus, im unteren Bildbereich sind die Angehörigen der Familie von Landsberg kniend in Bethaltung wiedergegeben: rechts die beiden Stifterinnen mit ihrer Mutter (rechts außen), links in der Mitte der Vater, hinter ihm die drei Söhne. Vor der Kniebank der Söhne zwei kleine männliche Kindergestalten, zwischen der Mutter und den Töchtern eine kleine weibliche Gestalt – bei ihnen handelt es sich um bereits früh verstorbene weitere Kinder des Ehepaars. Bis auf die Mutter Anna von dem Werder und die Kinder knien alle Personen auf Kniebänken, an denen Inschriften angebracht sind, die die knienden Personen und ihren Verwandtschaftsgrad bezeichnen: auf der Bank links vorne die Inschrift A, rechts an der Seite die Inschrift B, die sich auf zwei Kinder bezieht, auf der Bank in der Mitte links die Inschrift C, auf der Bank in der Mitte rechts die Inschrift D. Auf der Stola der Anna von Werder am unteren Ende die Inschrift E.

In der Mitte vor den Personen eine gemalte Tafel, die die Inschrift F trägt; die Inschrift verläuft in fünf Zeilen, wobei die letzte Zeile zentriert angeordnet ist; die Buchstabenhöhe ist hier geringer. Die Tafel wird oben und an den Seiten von Rollwerkelementen gehalten; auf dem oben angebrachten Element die Inschrift G in Weiß vor hellgrauem Hintergrund, darüber die Künstlersignatur M35.

Unterhalb des Gemäldes auf dem Sockelfeld die Inschrift H, oberhalb auf dem Gebälkfries die Inschrift I. In der Nische des Obergeschosses unter einem Rundbogen ein Gemälde mit einer Darstellung des segnenden Gottvaters mit der Weltkugel. Zu beiden Seiten Hermenpilaster, die Gebälk und Rundgiebel tragen. Auf dem Gebälkfries die Inschrift J. Zu beiden Seiten des Gemäldes im Hauptgeschoss je acht Wappen mit den Beischriften K auf zugeordneten Schriftbändern.

Die Inschriften A, C–F und K sind in Schwarz vor hellem Hintergrund aufgemalt, B in Schwarz vor grauem Hintergrund, G in Weiß vor grauem Hintergrund, H und J in Gold vor dunkelbraunem Hintergrund, I in Gold vor dunkelgrauem Hintergrund.

Maße: H.: ca. 375 cm; B.: ca. 200 cm; Bu.: ca. 0,8 cm (A–E), ca. 1,2 cm (F), ca. 0,5 cm (G), ca. 3,5–4 cm (H), ca. 3–3,5 cm (I, J), ca. 1,2 cm (K).

Schriftart(en): Fraktur (A–E, I–K), Fraktur mit humanistischer Minuskel mit Versal (F, H), Kapitalis (G).

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Inga Finck) [1/2]

  1. A

    Cristoff . Diderich . / Jost seliger . gebro/der van Landes/bergh . ottrauens / seliger . sohns .

  2. B

    Johan vnd cristoff / van Landesberg / ottrauen seliger sohns

  3. C

    ottrauen seliger / van Landesberg / diderick seliger / sohn .

  4. D

    Junffern anna . vnd Engel . noch anna / geswester van landesberg ottrauen . / seliger dochter .

  5. E

    anna . van . werder / J[o]st seliger dochter / Ottrauen van Landes/berga) seliger . nachge/lassen wiettwe ·

  6. F

    Anno 1589 den 10 Septembrisb) zwischen drei vnd vier vhren nach / mittage ist der Edell vnd Ernuester Joibst Van Landesbergh ottra=/uens seligern sohn seliglich in gott mitt diesem sproke entschlaffen /Herr Jesu Christe in dine hende beuehle ich minen geist du hast mich / erloset du getrowerc) gott2)

  7. G

    H(ERMANN) M(OLLER)

  8. H

    Nach Christi Vnsers Selichmachrs geburt 1590 haben die Edlen vnd / Vieltugentreichen Jungfrawen Anna vnd Engell von Landesbergh / Othrabens Sehligern dochter jhren Vatter vnd Mutter allen ihren geliebtn Bruder(n) / vnd Swester(n) auch jhnen selbst dies Monumentumd) Zue einer stetz Wehrender gedechtnus / Bereiten vnd auffrichten lassen

  9. I

    Ick bin de vpstandtuge vnde dat leuendt, wol an mi gelouet de werth leuen. / Wen he ock rede storue vnde wat dar leuet vnde gelouet an mi de wert nüm(m)ermehr sterben.e)f)/ Joh. 1.g)3)

  10. J

    Ich bin der Erst vudh) ich bin der Letzt4)

  11. K

    Von // Landesberg  Vom // Werder 
    Der // Ruschepol  Von // Ilten 
    Von // Monichuseni)  Von // Oberg 
    Von // olderhusenj)  Von // Quernemk) 
    Von // Barfeld  Von // Saldern 
    Von // Steinberg  Von // Rutenberg 
    Vom // Haus  Von // Steinberg 
    Von // Bortfeld  Von // Kappel 

Wappen:
Landsberg5)Werder13)
Ruschepol6)Ilten14)
Münchhausen7)Oberg15)
Oldershausen8)Quernheim16)
Barfeld9)Saldern17)
Steinberg10)Rautenberg18)
Haus11)Steinberg19)
Bortfeld12)Kappel20)

Kommentar

Für die Familie von Landsberg ist in der St. Martini-Kirche noch ein weiteres Epitaph aus dem Jahr 1584 erhalten (Nr. 309), das ebenso wie das vorliegende Stück von dem Stadthäger Maler Hermann Moller angefertigt wurde (zu ihm Nr. 533). Die Meistersignatur (M35) findet sich auch auf dem ersten Epitaph. Die Schriftgestaltung der Frakturminuskeln weist deutliche Ähnlichkeiten auf, vor allem hinsichtlich der Bögen, die in einzelne Abschnitte aufgelöst sind (insbesondere bei a, o und g, die gewissermaßen aus einem unteren und einem oberen Teil bestehen). Auch im Gesamtaufbau gleichen sich die beiden Epitaphien (vgl. dazu unter Nr. 309).

Das vorliegende Epitaph wurde anlässlich des Todes Jost von Landsbergs am 10. September 1589 von seinen Schwestern Anna und Engel gestiftet. Es dient dem Gedenken an ihren ebenfalls verstorbenen Vater Othrabe, ihre Mutter Anna von dem Werder und an alle Kinder dieses Ehepaars.21)

Othrabe von Landsberg, der Sohn Dietrich von Landsbergs, war 1564 bereits verstorben.22) Das Todesjahr seiner Ehefrau Anna von dem Werder, einer Tochter des Jost von dem Werder, ist nicht bekannt. Zu deren ältestem Sohn Christoph vgl. Nr. 309. Die jüngeren Söhne Dietrich († vor 1601) und Jost blieben unverheiratet,23) ebenso ihre Schwestern Anna und Engel.24) Christoph, Dietrich und Jost stifteten 1578 gemeinsam das Taufbecken für die St. Martini-Kirche (Nr. 280).

Textkritischer Apparat

  1. s kleiner auf der Zeile.
  2. Septembris] in humanistischer Minuskel.
  3. getrower] Haken über dem o.
  4. Monumentum] in humanistischer Minuskel mit Versal.
  5. sterben.] ben. kleiner.
  6. Ick bin de vpstandtuge … nüm(m)ermehr sterben.] Ich bin die Auferstehung ündt das Leben. Wer an mich gelübt der wirdt leben ündt wer da lebet und gelübet an mich der wirdt nimmer merr sterben. Tebbe, Epitaphien.
  7. Joh . 1 .] kleiner und zentriert angeordnet.
  8. Statt vnd.
  9. sen kleiner und schräg zur Zeile.
  10. en kleiner auf der Zeile.
  11. Unziales Q, m kleiner auf der Zeile.

Anmerkungen

  1. Dassel, Beschreibung der St. Martini Kirche, S. 10; vgl. Tebbe, Epitaphien, S. 249.
  2. Ps 31,6.
  3. Jh 11,25f.
  4. Jes 44,6 u. 48,12; Off 1,17 u. 22,13.
  5. Wappen Landsberg (geteilt: 1. Fuchs, 2. Schräggitter); vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 78 u. Bd. 2, Tafel 190.
  6. Wappen Ruschepol (drei bekrönte Ochsenköpfe 2:1); vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 108 u. Bd. 2, Tafel 272.
  7. Wappen Münchhausen (Mönch); vgl. Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 3, Abt. 2,1, S. 274 u. Tafel 325.
  8. Wappen Oldershausen (quadriert: 1. u. 4. neun Rosen 3:3:3, 2. u. 3. leer); vgl. Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 9, S. 14 u. Tafel 15; hier Rosen nur noch andeutungsweise zu erkennen.
  9. Wappen Barfeld (Geweih).
  10. Wappen Steinberg (springender Steinbock); vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 121 u. Bd. 2, Tafel 305.
  11. Wappen Haus (gestümmelter Ast); vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 66 u. Bd. 2, Tafel 160.
  12. Wappen Bortfeld (zwei gekreuzte Lilienstäbe); vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 18 u. Tafel 43.
  13. Wappen Werder (aufgezäumtes und gesatteltes Pferd); vgl. Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 9, S. 17 u. Tafel 19.
  14. Wappen Ilten (zwei Windhunde übereinander); vgl. Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 9, S. 9 u. Tafel 10.
  15. Wappen Oberg (zwei Rauten nebeneinander); vgl. Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 9, S. 21 u. Tafel 23.
  16. Wappen Quernheim (Balken); vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 102 u. Bd. 2, Tafel 251.
  17. Wappen Saldern (Rose); vgl. Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 6, Abt. 11, S. 50 u. Tafel 29.
  18. Wappen Rautenberg (acht anstoßende Rauten 5:3); vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 102 u. Bd. 2, Tafel 253.
  19. Wie oben Anm. 10.
  20. Wappen Kappel (zwei ins Andreaskreuz gestellte Streitkolben); vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 27 u. Tafel 69.
  21. Vgl. dazu Tebbe, Epitaphien, S. 248f.
  22. Vgl. Burchard, Stadtarchiv Stadthagen, S. 469,24.
  23. Burchard, Stadtarchiv Stadthagen, S. 361.
  24. Jost von Landsberg schloss 1580 einen Kaufvertrag mit dem Amtmann des Amtes Schaumburg Heinrich Cropp (zu ihm Nr. 328). Jost und seinen Schwestern Anna und Engel wurde darin ein lebenslanges Nutzungsrecht für einen Teil des Hauses zugestanden. 1582 bewilligten Jost von Landsberg und seine Schwester Anna der gemeinsamen Schwester Engel eine Leibzucht (Burchard, Stadtarchiv Stadthagen, S. 455,5; 254,12; vgl. auch S. 482,20f. und S. 373,29). Engel war 1601 noch am Leben (Burchard, Stadtarchiv Stadthagen, S. 361).

Nachweise

  1. Tebbe, Epitaphien aus dem Weserraum, Anm. 110 zu S. 40 (H).
  2. Tebbe, Epitaphien, Nr. 147, S. 248f. (E teilweise, G, I) u. Abb. 15.

Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 334 (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0033400.