Inschriftenkatalog: Landkreis Schaumburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)

Nr. 328 Deckbergen, St. Petri 1589

Beschreibung

Predella. Tempera auf Holz. Das Gemälde zeigt das Letzte Abendmahl. In der linken oberen Ecke die Inschrift A und ein Wappen. Im rechten oberen Bildbereich die Inschrift B und ein weiteres Wappen. Oberhalb des Bildes verläuft auf einer gesonderten Leiste die Inschrift C; an ihrem Anfang und Ende Rankenornamente. Alle Inschriften sind in Weiß auf grauem Grund aufgemalt. Inschrift C war zwischenzeitlich überstrichen;1) der Text, der jetzt dort zu lesen ist, wurde offenbar sinnentstellend restauriert.2)

Die Predella trägt ein geschnitztes Altarretabel aus der Zeit um 1500. In der Mitte des Schreins eine Kreuzigungsgruppe, flankiert von Aposteln und Heiligen. An den Außenseiten der Altarflügel Gemälde, die die Gefangennahme Christi und die Handwaschung des Pilatus zeigen.3)

Maße: H.: 78 cm; B.: 185,5 cm; Bu.: 0,6 cm (A, B), 2,5 cm (C).

Schriftart(en): Schrägliegende humanistische Minuskel mit Kapitalisversalien (A, B), schrägliegende Kapitalis (A (ANNO, mit Versal), C).

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Inga Finck) [1/1]

  1. A

    Heinricus Cropius Quaestor / Schaumburgicus me dedit . / ANNO 1589

  2. B

    Margareta Croppes

  3. C

    · DABAT IN SOLIDAa) CHRISTVS CONVIVIA VITAMNEMPE SVIS QVORVM SVSCIPIT IPSE VICES · ·

Übersetzung:

Heinrich Cropp, schaumburgischer Kämmerer, stiftete mich im Jahr 1589. (A)

Christus gab sich hin als Mahl zum unversehrten (ewigen) Leben, nämlich für die Seinen, für die er selbst eintritt. (C)

Versmaß: Elegisches Distichon (C).

Wappen:
Cropp,4) Tümmer?5)

Kommentar

Sowohl die schrägliegende Kapitalis als auch die schrägliegende humanistische Minuskel sind gleichmäßig ausgeführt. In Inschrift A u mit u-Haken.

Die Abendmahlsdarstellung lehnt sich an einen nach 1570 publizierten Kupferstich des Stechers H. v. L. nach einer Vorlage von Crispin van den Broeck an.6) Das elegische Distichon (Inschrift C) ist in abgewandelter Form einem Kupferstich des Dominicus Custos (1560–1612) nach einer Vorlage von Maarten de Vos entnommen.7) Dort heißt es: SE DABAT IN SOLIDAE CHRISTVS CONVIVIA VITAE / NEMPE SVIS QVORVM SVSCIPIT IPSE VICES („Christus gab sich hin – nämlich für die Seinen, für die er selbst eintritt – damit sie ein Mahl des unversehrten (ewigen) Lebens haben.“). Unklar bleibt, ob die Inschrift auf dem Deckberger Altar ursprünglich diesen Wortlaut haben sollte, oder ob ihr Urheber den Text abwandeln wollte zu SE DABAT IN SOLIDA(M) CHRISTVS CONVIVIA VITAM („Christus gab sich hin als Mahl zum unversehrten (ewigen) Leben.“). Einen (möglicherweise bei einer Restaurierung verloren gegangenen) Kürzungsstrich über dem A in SOLIDA zu supplieren wäre ein weniger schwerwiegender Texteingriff, als wenn man von VITAM zu VITAE emendierte.8)

Der Stifter des Gemäldes, Heinrich Cropp, stammte aus Paderborn. Er studierte von 1553 an in Marburg.9) Anschließend wurde er am Hof Graf Ottos IV. von Holstein-Schaumburg Kanzleisekretär, dann Kammersekretär. Seit 1560 fungierte er als schaumburgischer Amtmann in Lauenau, ab 1572 als Amtmann des Amtes Schaumburg.10) 1575 erhielt er das Bürgerrecht in Stadthagen,11) wo er nach 1600 Bürgermeister wurde. Er übte dieses Amt mindestens von 1604 an12) bis zu seinem Tod am 7. August 1607 aus.13)

Vermutlich 1575 oder 1576 heiratete er Margarete Tümmer.14) Mit ihr zusammen ist er im Verzeichnis der Braueramtsberechtigten der Stadthäger Oberstadt genannt.15) Aus der Ehe gingen drei Söhne namens Adolf, Ernst und Otto16) sowie acht Töchter hervor.17) Die Tochter Elisabeth Margarethe war in erster Ehe mit Johann Jakob Bernhardi (Nr. 484), in zweiter Ehe mit Josua Stegmann (Nr. 589) verheiratet. Die Tochter Agnes heiratete Johannes Orsaeus (zu ihm unter Nr. 486), Magdalena heiratete Anton Mensching (Nr. 606).

Textkritischer Apparat

  1. · DABAT IN SOLIDA] metrisch fehlerhaft; vermutlich fehlrestauriert für SE DABAT IN SOLIDA(M) (vgl. den Kommentar). Diese Fassung liegt der Übersetzung zugrunde.

Anmerkungen

  1. S. die Fotografie aus dem Jahr 1905 in Kdm. Kreis Grafschaft Schaumburg, Tafel 43.
  2. Der Schriftduktus ist ähnlich wie auf der 1927 und 1964 restaurierten Kanzel (vgl. Nr. 457).
  3. Dazu Gmelin, Spätgotische Tafelmalerei, Kat. Nr. 145, S. 437–440.
  4. Wappen Cropp (Hausmarke H17).
  5. Wappen Tümmer? (Hausmarke H18).
  6. Oertel, Das protestantische Abendmahlsbild, S. 235 u. 263; Abb. S. 239.
  7. Herzog Anton Ulrich-Museum Braunschweig, Inv. Nr. 3347, Signatur DCustos AB 3.7 (vgl. Virtuelles Kupferstichkabinett, http://kk.haum-bs.de/?id=d-custos-ab3-0007, zuletzt benutzt am 10.3.2016).
  8. Vgl. oben Anm. a. Allerdings findet sich ein ähnlicher Text auf einer Texttafel, die zum Altar der Marienkirche in Hess. Oldendorf gehört: CHRISTUS NOS VERBO SOLIDAE IN CONVIVIA VITAE / PASCIT (zit. n. Großmann (Hg.), Renaissance im Weserraum, Bd. 1: Katalog, Nr. 821, S. 503). – Für Hilfe danke ich Wilfried Stroh (München).
  9. Matrikel Marburg, Teil 2, S. 18.
  10. Husmeier, Graf Otto IV., S. 198; vgl. Burchard, Stadtarchiv Stadthagen, S. 247,2 u. 455,9 (Beleg für die Bezeichnung als Amtmann zur Schaumburg aus dem Jahr 1580). In Eheverträgen aus den Jahren 1599 und 1600 wird er mit der Bezeichnung „Amtmann“ als Zeuge genannt (Sturm-Heumann, Eheberedungen, Teil 1, Nr. 141 vom 14. Dezember 1599, Nr. 142 vom 15. Dezember 1599 u. Nr. 152 vom 6. März 1600).
  11. Burchard, Stadtarchiv Stadthagen, S. 51,35.
  12. Leichenpredigt für Anton Mensching, S. 28.
  13. Burchard, Stadtarchiv Stadthagen, S. 404,19. Zu Heinrich Cropp vgl. Wilhelm Feldmann, Bürgermeister Heinrich Cropp, in: Die Schaumburg-Lippische Heimat. Heimatbeilage zum Stadthagener Kreisblatt 9 (1938), Nr. 10, ohne Seitenzählung.
  14. Vgl. Weiland, Trauungen, S. 7 (1576). Margarete Tümmer zahlte 1575 Bürgergeld (Burchard, Stadtarchiv Stadthagen, S. 393,37). Zum Familiennamen der Ehefrau vgl. Burchard, Stadtarchiv Stadthagen, S. 393, Anm. 4.
  15. Burchard, Stadtarchiv Stadthagen, S. 372,15–17. Er erhielt auf die Fürsprache des Grafen hin das Braurecht, ohne die üblichen Gebühren dafür entrichten zu müssen.
  16. Burchard, Stadtarchiv Stadthagen, S. 264,33; 315,11f.; 403,20.
  17. Burchard, Stadtarchiv Stadthagen, S. 315, Anm. 1 u. S. 404, Anm. 3.

Nachweise

  1. Kdm. Kreis Grafschaft Schaumburg, S. 36 u. Tafel 43 (A, B).

Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 328 (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0032802.