Inschriftenkatalog: Landkreis Schaumburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)

Nr. 309 Stadthagen, St. Martini 1584

Beschreibung

Epitaph für Christoph von Landsberg und seine Familie. Holz, farbig gefasst. Das Epitaph ist im Inneren der Kirche an der Südwand im zweiten Joch von Westen angebracht, früher befand es sich „an der Westseite des Schülerchors“.1) In dem von Säulen gerahmten Hauptgeschoss ein Ölgemälde mit einer Darstellung der Kreuzigung mit dem Titulus A auf einem gefalteten Schriftband. Zu beiden Seiten des Gekreuzigten weitere verschlungene Schriftbänder mit den Inschriften B (links) und C (rechts). Unter dem Kreuz kniend in Bethaltung acht Mitglieder der Familie von Landsberg: links Christoph von Landsberg mit zwei Söhnen, alle in schwarzer Kleidung mit Halskrause, hinter ihnen Johannes der Täufer, rechts Fredeke Klencke mit vier Töchtern in schwarzen Kleidern mit Halskrause, dahinter der Evangelist Johannes. Im Bildhintergrund eine Stadtansicht.

Die Knienden werden durch Inschriften bezeichnet, die auf die Kniebänke aufgemalt sind: Bei Christoph von Landsberg unmittelbar links vom Kreuzfuß die Inschrift D. Auf der Kniebank der beiden Söhne hinter ihm steht rechts die Inschrift E. Rechts des Kreuzfußes auf der Kniebank zweier Töchter die Inschrift F. Rechts daneben auf der Kniebank zweier weiterer Töchter die Inschrift G, die die rechte Tochter bezeichnet. Der linke Teil dieser Kniebank ist von einem Kleid verdeckt. Am rechten Bildrand im Vordergrund Fredeke Klencke, deren Beischrift H auf einem eingerollten Schriftband in der rechten unteren Ecke aufgemalt ist. Auf einer gemalten Rollwerkkartusche am unteren Rand des Gemäldes in der Mitte die Inschrift I. Im linken Bildvordergrund vor den beiden knienden Söhnen eine schräg in den Bildraum gestellte Inschriftentafel mit der Inschrift J. Unter einem Totenkopf und Knochen am Kreuzfuß auf einem Stein die Künstlersignatur M35.

Inschrift K auf dem Sockelfeld des Epitaphs, Inschrift L auf dem Gebälkfries. Zu beiden Seiten des Gemäldes im Hauptgeschoss je acht Wappen mit den Beischriften M auf zugeordneten Schriftbändern. In der Nische des Obergeschosses ein braun übermaltes Bild. Zu beiden Seiten Hermenpilaster, die Gebälk und Dreiecksgiebel tragen. Auf dem Gebälkfries die Inschrift N. Als Bekrönung die Taube des Heiligen Geistes.

Die Inschriften A–J sowie M sind in Schwarz auf hellem Grund, die Inschriften K, L und N in Gold auf dunkelbraunem Grund aufgemalt.

Maße: H.: ca. 380 cm; B.: 188 cm; Bu.: ca. 2,5 cm (A), ca. 2 cm (B u. C, Bibelzitat), ca. 1 cm (B u. C Stellenangabe, D–H), ca. 2 cm (I, J), ca. 3,5 cm (K, L, N), ca. 1,5 cm (M).

Schriftart(en): Kapitalis (A), Fraktur (B–I, K–N), Fraktur mit Kapitalis (J).

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Katharina Kagerer) [1/3]

  1. A

    I(ESUS) // N(AZARENUS) R(EX) // I(UDAEORUM)2)

  2. B

    Der Herr // hatt aller vnser sunde vff // Ihn geleget . // Jesaiae 533)

  3. C

    Sich das ist das // Lamb gotts welches der welt sun//de draget // Johan 3a)4)

  4. D

    Christoff vo(n) / Landesberg / Otrawens / Seliger Sohn

  5. E

    Otrawen . V(on) . L(andesberg) .

  6. F

    Elisabeth . V(on) . L(andesberg) . Dortia . V(on) . L(andesberg) .

  7. G

    Fredeke . / V(on) . L(andesberg) .

  8. H

    Fredeke Klenncke Chris/toff von Landesberg / Ehlige Hausfraw .

  9. I

    Nach Christi vnsers erlosers geburdt 1582 den 29 Nouembris, morgens / zu 4 slegen ist der Eddele vnd Erenueste Ludolf von Landesbarg Christoffels / sone sines alters im 25 Jaer in waremb) glauben an Jesum Chistum se/licklich entslaffen welches Leib vnderm grabstein zu neben rawettc) dieses / Sehelend) godt ewige) gnade

  10. J

    SYMBOLVM5) Ludolf von Landesbarg / Also hat godt die weldt geliebet / das er sinen einigen born sone ge/geben vf das alle die an ihne gla/uben nicht sollen furloren werte(n) / sonder das ewige lebe(n)t haben / Johan . 36)

  11. K

    Diese taffell haben der Eddell Erenueste Christoff von Landesberg . Otrawens seliger sohn . sampt der Eddelen / Vnd dugentrichen Fredeken . Luleff Klenncken seliger tochter . sine eliche Hausfrawe . fur sich vnd alle ihre / Kindere . zu einer stettes Wehrenden gedechtnis bereiten Vnd Vffrichtenf) lassen . Im Jar 1584

  12. L

    Geleich alls Moses in der Wüsten eine Schlange vorhoget hatt allso muss des Menschen Sohn vor/hoget werden auf das alle die an ihn gelauben nit vorlorn werde(n) sonder das Ewig Leben Haben Johan : 3 .7)

  13. M

    V(an) // Lande(s)//bergeg)  D(e) // Klenc//ken 
    V(an) dem // Werder  V(an) // Re//Den 
    d(e) // Rus//chpol  V(an) // Monc(k)//husenh) 
    Van // Ilten  V(an) // Suiche//len 
    V(an) // Monck//husen  V(an) // Bade(n)//Dicki) 
    Van Ober//ge  d(e) // Bar//ner 
    V(an) // Olders//husen  d(e) // Smi//sing 
    V(an) // quer//nem  V(an) // Vel//tem 

  14. N

    ich bin der erst, vnd ich bi(n) de letzt.8)

Wappen:
Landsberg9)Klencke17)
Werder10)Reden18)
Ruschepol11)Münchhausen19)
Ilten12)Schwicheldt20)
Münchhausen13)Bodendieck21)
Oberg14)Barner22)
Oldershausen15)Korff gen. Schmising23)
Quernheim16)Veltheim24)

Kommentar

Für die Familie von Landsberg ist in der St. Martini-Kirche noch ein weiteres Epitaph von 1590 erhalten (Nr. 334), das ebenso wie das vorliegende Stück von dem Stadthäger Maler Hermann Moller angefertigt wurde (zu ihm Nr. 533). Die Meistersignatur (M35) findet sich auch auf dem zweiten Epitaph, dort zusammen mit den Initialen HM. Die Inschriften beider Epitaphien weisen deutliche Ähnlichkeiten in der Schriftgestaltung auf. Auffällig ist vor allem die Gestaltung der Bögen der Frakturminuskeln, die in einzelne Abschnitte aufgelöst sind (insbesondere bei a, o und g, die gewissermaßen aus einem unteren und einem oberen Teil bestehen). Von derselben Hand stammen mit hoher Wahrscheinlichkeit auch die Inschriften B und C des Altarretabels von 1585 in der St. Martini-Kirche (Nr. 310).

Die beiden Landsbergschen Epitaphien von 1584 und 1590 ähneln sich auch in Aufbau und Gestaltung: Die Familienmitglieder unter dem Kreuz knien bei beiden Gemälden auf steinernen, mit Inschriften versehenen Bänken, in der Mitte das Familienoberhaupt, hinter ihm links die Söhne, gegenüber die Töchter und rechts außen vorne die Ehefrau. Beim Epitaph von 1590 wurden darüber hinaus auch die bereits verstorbenen Kinder als kleine Figuren mit in die Familiendarstellung integriert. Im Bildvordergrund ist in beiden Fällen eine mit Rollwerk verzierte Tafel eingefügt, auf der jeweils ein Sterbevermerk inschriftlich festgehalten ist. Auch zwischen beiden Darstellungen Christoph von Landsbergs, der 1590 als einer der Söhne in der Familie seines Vaters Othrabe erscheint (ganz links im Bild), ist eine Ähnlichkeit zu erkennen.

Christoph von Landsberg, Herr auf Gut Wormsthal (vgl. Nr. 276), war ein Sohn Othrabe von Landsbergs und der Anna von dem Werder (vgl. Nr. 334). Er stand in den Diensten des Grafen Otto IV. von Holstein-Schaumburg. Seit 1564 war er einer der Kirchenvisitatoren, in deren Aufgabenbereich die Durchführung der Reformation in der Grafschaft fiel.25) 1577 gehörte er der Ständeregierung an, die die Grafschaft verwaltete. 1596 wurde er in eine von Graf Adolf XIV. von Holstein-Schaumburg neu eingesetzte landständische Beschwerdekommission berufen.26)

Christoph von Landsberg war mit Fredeke Klencke verheiratet, der Tochter des Ludolf von Klencke und der Anna von Reden.27) Christoph von Landsberg und Fredeke Klencke hatten zwei Söhne und vier Töchter. Zu dem in Inschrift E genannten Othrabe von Landsberg († 1631) s. Nr. 360. Der zweite Sohn namens Ludolf starb bereits 1582. Neben den in den Inschriften namentlich bezeichneten Töchtern Elisabeth, Dortia und Fredeke ist durch archivalische Quellen noch eine Tochter namens Anna nachgewiesen.28)

Christoph von Landsberg starb vermutlich 1600, denn er wird auf einem auf 1600 datierten Wappenstein als CHRISTOF / VON LANDSBER[G] / SELIGER bezeichnet (Nr. 385). Er war noch zum calenbergischen Landtag nach Gronau (Lkr. Hildesheim) am 18. Februar 1600 geladen worden.29) Fredeke Klencke verstarb Bentrup zufolge 1602.30)

Textkritischer Apparat

  1. 3] statt 1.
  2. warem] warern Tebbe.
  3. rawett] unweit Tebbe.
  4. Sehelen] fehlt Tebbe.
  5. ewig] fehlt Tebbe.
  6. Vffrichten] errichten Tebbe.
  7. s teilweise vom Wappenschild verdeckt.
  8. k teilweise vom Wappenschild verdeckt.
  9. n teilweise vom Wappenschild verdeckt.

Anmerkungen

  1. Dassel, Beschreibung der St. Martini Kirche, S. 10.
  2. Io 19,19.
  3. Vgl. Jes 53,6.
  4. Jh 1,29.
  5. SYMBOLVM hier in der Bedeutung „Wahlspruch“.
  6. Jh 3,16.
  7. Jh 3,14f.
  8. Jes 44,6; 48,12; Off 1,17; 22,13.
  9. Wappen Landsberg (geteilt: 1. Fuchs, 2. Schräggitter); vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 78 u. Bd. 2, Tafel 190.
  10. Wappen Werder (aufgezäumtes und gesatteltes Pferd); vgl. Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 9, S. 17 u. Tafel 19.
  11. Wappen Ruschepol (drei bekrönte Ochsenköpfe 2:1); vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 108 u. Bd. 2, Tafel 272.
  12. Wappen Ilten (zwei Windhunde übereinander); vgl. Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 9, S. 9 u. Tafel 10.
  13. Wappen Münchhausen (Mönch); vgl. Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 3, Abt. 2,1, S. 274 u. Tafel 325.
  14. Wappen Oberg (zwei Rauten nebeneinander); vgl. Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 9, S. 21 u. Tafel 23.
  15. Wappen Oldershausen (quadriert: 1. u. 4. neun Rosen 3:3:3); vgl. Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 9, S. 14 u. Tafel 15.
  16. Wappen Quernheim (Balken); vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 102 u. Bd. 2, Tafel 251.
  17. Wappen Klencke (Kammrad); vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 31 u. Tafel 77.
  18. Wappen Reden (zwei Balken); vgl. Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 9, S. 14 u. Tafel 15.
  19. Vgl. Anm. 13.
  20. Wappen Schwicheldt (drei abgerissene Löwenköpfe 2:1); vgl. Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 2, S. 9 u. Tafel 7.
  21. Wappen Bodendieck (steigender Hirsch, auf dem Rücken eine mit einem Zickzackbalken belegte Decke); vgl. Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 6, Abt. 5, S. 13 u. Tafel 6.
  22. Wappen Barner (zwei gekreuzte Hakenlanzen); vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 7 u. Tafel 17.
  23. Wappen Korff gen. Schmising (Lilie); vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 34 u. Tafel 87.
  24. Wappen Veltheim (breiter Balken, belegt mit zwei Querfäden); vgl. Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 2, S. 10 u. Tafel 9.
  25. Tebbe, Epitaphien, S. 249.
  26. B. Bei der Wieden, Außenwelt und Anschauungen Ludolf von Münchhausens, S. 107 u. 111.
  27. Zur Genealogie vgl. die Leichenpredigt für Othrabe von Landsberg, S. 62f.
  28. Burchard, Stadtarchiv Stadthagen, S. 361,26.
  29. NLA BU, L 1 Nr. 735 (nach Findbuch).
  30. Bentrup, Kirchen in Schaumburg, S. 182, ohne Quellenangabe.

Nachweise

  1. Tebbe, Epitaphien, Nr. 146, S. 248 (I, K teilweise, J in normalisierter Orthographie).

Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 309 (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0030904.