Inschriftenkatalog: Landkreis Schaumburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)

Nr. 305† Apelern, Kirche 1583 o. später

Beschreibung

Epitaph für Börries (Liborius) von Münchhausen d. Ä. Das Epitaph war Treuer zufolge „in der Kirche zu Apeler befindlich“.1) Im Jahr 1872 scheint es noch vorhanden gewesen zu sein;2) sein weiterer Verbleib ist unklar.

Inschrift nach von Münchhausen, Geschlechts-Historie.

  1. Hic in Apolloniea) delubro conditurb) arcisSchawenburgiacic) concors Ottonis Achates3)Militiaeque comes variae Liborius illeMünchhusa de stirpe senex generosus et hosti5Poplitibus nunquam sed fronte et pectore notusAuspiciis Caroli dum Caesaris arma cruentosd)In Turcas aliosque movet4) gens Büschia vatese)Nobilis uxorem junxit5) sex unde sororesTres genuit fratres hoc patri pignus amoris6)10Qui cum matre locant Mens vera in pace triumphatObiit a(nn)o 83 25 Novemb(ris)

Übersetzung:

Hier im Heiligtum der apollonischen Burg (= der Kirche bei Schloss Apelern) liegt jener Liborius begraben, Ottos von Schaumburg einträchtiger Begleiter und Gefährte in verschiedenen Kriegsunternehmungen. Dieser edle alte Herr stammte aus dem Geschlecht der Münchhausen. Dem Feind war er niemals dadurch bekannt, dass er ihm seine Kniekehlen zeigte, sondern dass er ihm die Stirn bot und die Brust zeigte. Als das Geschlecht der Büschen unter Führung Kaiser Karls die Waffen gegen die grausamen Türken und andere führte, verband sich der angesehene Liborius in kluger Voraussicht mit einer Frau (aus diesem Geschlecht). Mit ihr zeugte er sechs Schwestern und drei Brüder, die zusammen mit ihrer Mutter dieses Zeugnis ihrer Liebe aufstellen lassen. Sein Geist triumphiert im wahren Frieden. Er starb im Jahr 83 am 25. November.

Versmaß: Hexameter (Z. 1–10).

Kommentar

Zu Börries von Münchhausen d. Ä. vgl. auch Nr. 306 u. 307.

Die in dem Gedicht genannten Kinder sind Anna (vgl. Nr. 346), Gertrud (vgl. Nr. 346), Dorothea (vgl. Nr. 346 u. 369), Catharina (vgl. Nr. 346), Heilwig (vgl. Nr. 346), Magdalena (vgl. Nr. 346 u. 503), Claus (vgl. Nr. 350), Otto (vgl. Nr. 379) und Ludolf (vgl. Nr. 413).

Der Text stammt Treuer zufolge7) von Nathan Chytraeus, der auch das Epitaph auf Otto IV. von Holstein-Schaumburg und seine Ehefrauen verfasste (Nr. 284). Das Gedicht zeugt vom humanistischen Bildungsanspruch der Familie, in der alle drei Söhne ein Universitätsstudium aufnahmen und offenbar auch die Töchter eine gründliche Ausbildung genossen:8) So wird beispielsweise der Name Apelern als Apollonia latinisiert (V. 1); Börries von Münchhausen wird unter Bezugnahme auf Vergils Aeneis als Achates des Grafen Otto tituliert (V. 2). Auffällig ist vor allem der programmatische Friedenspreis am Schluss des Epigramms (V. 10); er zeigt den Wandel an von der Generation der Kriegsunternehmer, der Börries (so wie Hilmar von Münchhausen) noch angehörte, hin zu einem adligen Selbstverständnis, in dem Bildung und Universitätsstudium eine zunehmende Rolle spielten.

Textkritischer Apparat

  1. Apollonie] Apollineae Remeringhäuser Chronik.
  2. conditur] conditor Remeringhäuser Chronik.
  3. Schawenburgiaci] Schawenburgici Remeringhäuser Chronik.
  4. cruentos] cruentus Remeringhäuser Chronik.
  5. vates] vate Remeringhäuser Chronik.

Anmerkungen

  1. Treuer, Gründliche Geschlechts-Historie, S. 46.
  2. Von Münchhausen, Geschlechts-Historie, S. 147f.
  3. Achates ist in Vergils Aeneis der treueste Gefährte des Aeneas.
  4. Seit der Schlacht von Mohács 1526 kam es zu wiederholten Auseinandersetzungen mit den Türken, die 1529 Wien belagerten. Daher ging Kaiser Karl V. in den 1530er-Jahren intensiver gegen die Bedrohung aus dem osmanischen Reich vor.
  5. Die Ehe mit Heilwig Büschen brachte Börries von Münchhausen das Erbe der Büschen ein, insbesondere den Gutshof in Hess. Oldendorf (Lkr. Hameln-Pyrmont), da Heilwigs Vater Claus keine männlichen Nachkommen hatte.
  6. pignus amoris: Ovid, Epistulae heroidum 4,100 (Phaedra an Hippolytos).
  7. Treuer, Gründliche Geschlechts-Historie, S. 46. In der Ausgabe Poematum Nathanis Chytraei praeter sacra omnium libri septendecim ist er nicht enthalten.
  8. Dorothea von Münchhausen schrieb Bücher (von Lenthe/Mahrenholtz, Stammtafeln Münchhausen, Teil II, S. 104, Nr. 216). Ludolf legte eine umfangreiche Bibliothek an und war selbst dichterisch tätig (vgl. B. Bei der Wieden, Außenwelt und Anschauungen Ludolf von Münchhausens, S. 32f., 51–72); zu Ludolf Nr. 413. In einem von Arnold Suthagen (Nr. 464) verfassten Nachwort zur Leichenpredigt auf Heilwig Büschen (zu ihr Nr. 346) heißt es, sie habe dafür gesorgt, dass die Söhne Claus, Otto und Ludolf non in Cyclopum antris, sed in Gratiarum et Musarum scholâ („nicht in den Höhlen der Kyklopen, sondern in der Schule der Grazien und Musen“) erzogen wurden (Leichenpredigt für Heilwig Büschen, fol. H IIIv).

Nachweise

  1. Von Münchhausen, Geschlechts-Historie, S. 147f.
  2. Ludolf von Münchhausen, Remeringhäuser Chronik, NLA BU, Dep. 3 GR Nr. 1269, fol. 24r.

Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 305† (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0030509.