Inschriftenkatalog: Landkreis Schaumburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)

Nr. 297 Rinteln, St. Nikolai 1582

Beschreibung

Taufbecken. Bronze. Oberhalb des achtseitigen Fußes mit mehrfach getreppter Zarge eine kuppelförmig zum Schaft ansteigende runde Basis, um die Inschrift A umläuft. Auf dem obersten Ring des mehrfach gewulsteten Schaftes Inschrift B. Unterhalb der achteckigen Kante, die das Becken nach oben hin abschließt, verlaufen die Inschriften C und D in zwei Zeilen untereinander um die Wandung des Beckens herum. Alle Inschriften sind erhaben in vertieften Zeilen gegossen; der Hintergrund wurde nachträglich punktförmig punziert. Als Worttrenner Quadrangeln mit einem nach unten ausgezogenen Zierstrich; an einigen Stellen könnte dieser Worttrenner auch als Komma interpretiert werden; das Ende der ersten Verszeile von Inschrift D wird durch eine Blüte markiert. Basis, Schaft und Becken sind mit großflächigen Blüten-, Blatt- und Fruchtornamenten verziert. Auf dem Deckel, der durch ein mit fünf geschwungenen Armen verziertes Postament geschmückt ist, eine vollplastische Figur Johannes des Täufers.

Maße: H.: 210 cm (mit Deckel); Dm.: ca. 70 cm; Bu.: 2,5 cm (A), 2 cm (B), 2,3 cm (C, D).

Schriftart(en): Schrägliegende Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Inga Finck) [1/3]

  1. A

    HERRE GODT GIF FREDE IN DINEM LANDDE GELVCKE VNDE HEIL THO ALLEN STANDE :

  2. B

    1·5·82 GOT MI HEINE VAN DAMME TO DER BVCKEBORICH :

  3. C

    EVNTES DOCETE OMNES GENTES · BAPTIZANTES EOS IN NOMINE PATRIS ET FILII ET · S(PIRITVS) S(ANCTI)1) QVI CREDIDERIT ET BAPTIZATVS ETC2)

  4. D

    PECCATVM TOLLIT BAPTISMVS SANGVINE CHRISTI · NON VT NON ASSIT · VERVM NE PRAESIT · ET OBSIT

Übersetzung:

Herr Gott, gib Frieden in deinem Land, Glück und Heil für alle Stände. (A)

1582 goss mich Heine von Damme aus Bückeburg. (B)

Geht hin und lehrt alle Völker und tauft sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Wer gläubig geworden und getauft ist etc. (C)

Die Taufe hebt die Sünde auf durch das Blut Christi, nicht so, damit sie nicht mehr vorhanden sei, sondern damit sie nicht über uns herrscht und uns schadet. (D)

Versmaß: Deutsche Reimverse (A), Hexameter (D).

Kommentar

Von dem Bückeburger Gießer Heine von Damme stammt auch die Glocke für die Jetenburger Kirche (Nr. 424).3) Im Vergleich damit ist die Schrift auf dem Taufbecken mit einer proportional schmaleren Strichstärke und mit einem ausgeprägteren Form- und Gestaltungswillen gearbeitet, so dass sie deutlich filigraner erscheint. Einige Buchstaben ähneln ihrem Grundduktus nach den Buchstaben auf der Glocke, insbesondere A, V, G und S. Der linke Schrägschaft des A, das stark nach rechts geneigt ist, leicht geschwungen; teilweise reicht der Schrägschaft nicht ganz bis zur Grundlinie herab. In VAN ist der Schrägschaft des A unten eingerollt und endet in einem Punkt; dasselbe gilt auch für einige der A in den Inschriften C und D. In VAN hat das A zusätzlich einen nach rechts überstehenden Deckbalken, der in einem Perlsporn endet. Der rechte, extrem dünne Schrägschaft des V leicht gebogen und teilweise über die Oberlinie hinausreichend. Auf dem Taufbecken ist auch der Schrägschaft des N geschwungen. Die Cauda des R und der untere Schrägbalken des K mit aufgesetzter und spitz ausgezogener Schwellung. Beim G ist die Cauda nach links unter den unteren Bogenabschnitt geführt. Ähnlich ist auch das G auf der erwähnten Glocke gestaltet. Bei E, F und L sind auf dem Taufbecken die Balken keilförmig verbreitert, auch der Deckbalken des T ist nach beiden Seiten keilförmig verbreitert. Ansonsten dreieckige Sporen.

Auch auf der Glocke für die Jetenburger Kirche verwendete Heine von Damme das Gebet der Inschrift A, allerdings bereits in einer hochdeutschen Form. Das Gebet stammt von Martin Luther; er hat es unter der Überschrift Versickel seinem Kirchenlied Verleih uns Frieden gnädiglich beigegeben.4) Die beiden Hexameter (Inschrift D) werden dem reformatorischen Theologen und Kirchenlieddichter Nikolaus Selnecker († 1592) zugeschrieben.5) Sie greifen einen Gedanken aus dem 1. Johannesbrief auf (1,7–10):6) Sanguis Iesu Filii eius mundat nos ab omni peccato. Si dixerimus quoniam peccatum non habemus, ipsi nos seducimus et veritas in nobis non est. Si confiteamur peccata nostra, fidelis est et iustus, ut remittat nobis peccata et emundet nos ab omni iniquitate. Si dixerimus quoniam non peccavimus, mendacem facimus eum et verbum eius non est in nobis. („Das Blut seines Sohnes Jesus wäscht uns rein von aller Sünde. Wenn wir behaupten, dass wir ohne Sünde sind, führen wir uns selbst in die Irre, und die Wahrheit ist nicht in uns. Wenn wir unsere Sünden bekennen, ist er treu und gerecht, so dass er uns unsere Sünden vergibt und uns von jeder Verdorbenheit reinwäscht. Wenn wir behaupten, dass wir nicht gesündigt haben, machen wir ihn zum Lügner, und sein Wort ist nicht in uns.“)

Anmerkungen

  1. Mt 28,19.
  2. Mc 16,16.
  3. Heine von Damme führte 1587 auch Ausbesserungsarbeiten am Taufbecken der Stadthäger St. Martini-Kirche aus (s. Nr. 280).
  4. Luthers geistliche Lieder und Kirchengesänge, ed. Jenny, Nr. 30 (S. 107 u. 275): Gott geb fryd in allen landen, Glück und hayl zu allen standen.
  5. Vgl. Johann Georg Christoph Schnizlin, Dissertatio inauguralis theologica Positiones de Baptismo uberiores complexa, Erlangen 1771, fol. D3r.
  6. Darauf haben von Poser (St. Nikolai Rinteln, S. 20) und Mathies (Taufbecken, S. 144) hingewiesen.

Nachweise

  1. Kdm. Kreis Grafschaft Schaumburg, S. 15.
  2. Bentrup, Kirchen in Schaumburg, S. 147 (A; C in dt. Übers.).
  3. Mathies, Taufbecken, S. 144 (A, B, D).

Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 297 (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0029702.