Inschriftenkatalog: Landkreis Schaumburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)

Nr. 296 Bückeburg, Jetenburger Kirche 1582

Beschreibung

Epitaph für Adolf Steven. Stein. Das Epitaph ist innen an der Südostwand der Kirche angebracht. In der Nische des Hauptgeschosses unter einem Rundbogen die Reliefdarstellung des Verstorbenen und seiner Frau in Bethaltung auf Kissen kniend unter einem Kruzifix mit dem Titulus A. Am Kreuzfuß ein Totenschädel und Knochen, im Hintergrund eine hügelige Landschaft. Zu beiden Seiten Karyatiden, die das Gebälk tragen. Auf dem Sockel die Inschrift B zwischen zwei Wappenschilden mit Putten als Schildhaltern. Auf dem heraldisch rechten Wappen Inschrift C, auf dem heraldisch linken Inschrift D. Die Inschriften A und B eingehauen, C und D erhaben. Im Giebel Gottvater in den Wolken und die Taube des Heiligen Geistes. Reste einer farbigen Fassung sind erkennbar.

Maße: H.: ca. 225 cm; B.: ca. 125 cm; Bu.: ca. 3 (A), 2,4 cm (B), 3 cm (C, D).

Schriftart(en): Kapitalis (A, D), schrägliegende Kapitalis (B, C).

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Inga Finck) [1/2]

  1. A

    I(ESVS) · N(AZARENVS) · R(EX) · I(VDAEORVM)1)

  2. B

    CERNISa) ERECTVM RVTILET STRATVMQ(VE) SEPVLCHRVM / GRANDIAb) QVIDVE SIBI SAXA CAVATA VELIVTc) / ADOLPHVM MEMORANT NOTO COGNOMINE STEVEN / SCILICET EXEQVIIS OFFICIOSA PIIS / CVIVS HONOS PIETAS CVIVS MEMORABILE NOMEN / QVOD MERVERE DECVS QVAEMd) MONVMENTA VIDES / QVOD MORTALE FVIT PERIIT SED SPIRITVS ASTRA / INCOLIT HIC TVMVLO MEMBRA SEPVLTA IACENT / OSSIBVS EGELIDIS REQVIES SIT SVAVIS IN VRNA / DONEC AD ANGELICAM SVITe) REDIVIVA TVBAM

  3. C

    A(DOLPH) S(TEVEN)

  4. D

    A(NNA) M(ANTELS)

Übersetzung:

Du siehst, wie hier das aufgerichtete und das ebenerdige Grabmal glänzen und was die großen behauenen Steine bedeuten: Sie erinnern an Adolf mit dem bekannten Nachnamen Steven, denn sie stehen im Dienst für sein frommes Begräbnis. Du siehst, welchen Schmuck und welche Zeichen der Erinnerung sein Ansehen, seine Frömmigkeit und sein denkwürdiger Name verdient haben. Was sterblich (an ihm) war, ist vergangen, aber sein Geist wohnt unter den Sternen. Hier im Grab liegen die Glieder begraben. Mögen seine erkalteten Gebeine im Grab angenehm ruhen, bis sie beim Klang der Engelstrompeten wieder zum Leben erweckt werden. (B)

Versmaß: Elegische Distichen (B).

Wappen:
Steven,2) Mantels3)

Kommentar

In Inschrift B eine unregelmäßig ausgeführte, eng spationierte schrägliegende Kapitalis; der Neigungswinkel der Buchstaben ist uneinheitlich. I-Punkte. Die Gestaltung des Epitaphs orientiert sich an dem von Arend Robin angefertigten Epitaph für Adolf Stevens Vater Melchior (Nr. 253), es ist ihm jedoch künstlerisch nicht ganz ebenbürtig. Dies betrifft sowohl die nicht besonders wohlproportionierten bildlichen Darstellungen (insbesondere des Gekreuzigten; die mächtigen Karyatiden lassen Adolf Steven und seine Ehefrau winzig erscheinen) als auch die Ausführung der Inschrift B, die mehrere Haufehler aufweist. Ein Einfluss der Werkstatt Arend oder Johann Robins ist jedoch anzunehmen. Immerhin fällt auch bei Arend Robins Epitaph für Hans von Oberg (Nr. 242) auf, dass seine eingehauene Kapitalis ungleichmäßiger ausgeführt ist als seine erhaben gearbeitete. Noch mehr gilt dies für das vermutlich Johann Robin zuzuschreibende Taufbecken in Meinsen (Nr. 344).

Inschrift B nimmt Bezug auf die beiden heute noch vorhandenen Grabdenkmäler für Adolf Steven: das hier vorliegende Epitaph und seine in den Boden des Mittelgangs eingelassene Grabplatte (Nr. 295).

Adolf Steven ist von 1555 an in der Kanzlei in Stadthagen nachzuweisen. Zunächst übernahm er Botengänge, Einkäufe und dergleichen, ab 1559 ist er als Schreiber aufgeführt.4) Seit 1561 ist er als Amtmann in Pinneberg nachweisbar, anschließend war er Amtmann in Obernkirchen, von 1568 bis 1581 in Bückeburg. Graf Otto IV. von Holstein-Schaumburg bedachte ihn mit Landschenkungen und Lehen im Umkreis von Bückeburg. Darüber hinaus erhielt Adolf Steven 1562 Besitzungen im Alten Land (York) zu Lehen.5) Mehrfach unternahm Adolf Steven im Dienst des Grafen Reisen, u. a. 1560 nach Flandern, wo er „Spezereien und kostbare Stoffe“ einkaufen sollte.6)

Im Februar 1564 heiratete er in Stadthagen Anna Mantels, eine Dienerin der Elisabeth Ursula von Braunschweig-Lüneburg. Anna Mantels war vermutlich die Tochter der Gesche Meigerwinkel und des Marcus oder Marqwert Mantel, der seit 1534 das Bürgerrecht in Stadthagen besaß und 1546 dort das Amt des Nachtwächters übernahm.7) Für das mit der Hochzeit verbundene Beilager ließ Graf Otto IV. Wein, eine Steinflasche mit Rosenwasser und Eier besorgen.8) Am 18. Juli 1564 erhielten Adolf Steven und seine Ehefrau von Otto IV., vermutlich als Hochzeitsgeschenk, ein Wohnhaus, das Thorsten Albrecht zufolge mit dem Gebäude in der Langen Straße 22 (Nr. 207) zu identifizieren ist.9)

Das einzige Kind aus der Ehe zwischen Adolf Steven und Anna Mantels war die Tochter Elisabeth, die spätere Ehefrau des Amtmanns von Obernkirchen Jobst von Syburg (zu der Tochter des Paars Elisabeth von Syburg vgl. Nr. 498).

Die Grabplatte für Adolf Steven gibt das Jahr 1582 als Todesjahr an (Nr. 295). Adolf Steven muss in diesem Jahr in der ersten Jahreshälfte gestorben sein, da am 1. Juli 1582 sein Amtsnachfolger Michael Mumme nachweisbar ist.10)

Adolf Steven stiftete für die Jetenburger Kirche einen Taufstein (Nr. 272) und Fenster.11)

Textkritischer Apparat

  1. Der Vers ist metrisch unvollständig. Vermutlich ist nach CERNIS ein VT zu ergänzen (Hinweis von Fidel Rädle, Göttingen).
  2. GRANDIA] vom Steinmetzen verbessert aus CIRANDIA.
  3. Statt VELINT (Haufehler).
  4. Statt QVAE (Haufehler).
  5. Statt SINT (Haufehler).

Anmerkungen

  1. Io 19,19.
  2. Wappen Steven (Fisch).
  3. Wappen Mantels (Sichel).
  4. Albrecht, Schaumburger Hof, S. 62f.; Prinz, Grabdenkmäler, S. 22; vgl. Engel, Verzeichnis der Amtsbedienten, S. 10.
  5. Prinz, Grabdenkmäler, S. 22f.
  6. Prinz, Grabdenkmäler, S. 23.
  7. Prinz, Grabdenkmäler, S. 21f.; vgl. Burchard, Stadtarchiv Stadthagen, S. 43,11 u. 229,45. – Anna Mantels’ Schwester Margarethe heiratete 1573 Johannes Sassenberg (Nr. 343) (Prinz, Grabdenkmäler, S. 22).
  8. Prinz, Grabdenkmäler, S. 21.
  9. Albrecht, Adelshöfe in Bückeburg, S. 15.
  10. Prinz, Grabdenkmäler, S. 21f.
  11. Leichenpredigt für Elisabeth von Syburg, fol. E IIr.

Nachweise

  1. Prinz, Grabdenkmäler, Nr. 8, S. 19f. (B, D).
  2. Tebbe, Epitaphien, Nr. 73, S. 212f. (B, D, nach Prinz).

Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 296 (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0029604.