Inschriftenkatalog: Landkreis Schaumburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)

Nr. 279 Rodenberg (Grove), St. Jacobi 1578

Beschreibung

Taufstein. Auf einem rechteckigen Sockel der achtseitige, bauchige, mit plastischem Rankenwerk verzierte Fuß, darüber das achtseitige Becken. Auf den Feldern der Beckenwandung Engelsköpfe und ein von einem Putto gehaltener Wappenschild. Am oberen Rand des Beckens läuft die erhaben in zwei vertieften Zeilen ausgeführte Inschrift um. Die Buchstaben sind in Gold vor blauem Grund gefasst.

Maße: H.: 93 cm; Dm.: 77 cm (Becken); Bu.: 3,8 cm.

Schriftart(en): Kapitalis mit Versal.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Inga Finck) [1/1]

  1. MAR : 10 · CHRIS/TVS SPRICHT / MIT HERTZ/LICHR BEGIER / · BRINGT DIE KI/NDLEINa) HER Z/V MIR · WERET / IHN NICHT · / DAS HIMELR/EICH IST IHRb) / · GREICHT D/VRCH DIE T/AVF ZVGLE/ICH1) ·JOHA/N VAN SCHOM/BORCH · 1578 ·

Versmaß: Deutsche Reimverse.

Wappen:
Holstein-Schaumburg mit Bastardzeichen2)

Kommentar

Sporenlose Kapitalis. Konisches M. Weit offenes C.

Der in der Inschrift genannte Stifter Johann von Schaumburg war ein um das Jahr 1500 geborener unehelicher Sohn des Grafen Anton von Holstein-Schaumburg († 1526)3) und der aus Rodenberg stammenden Ilse von Loh. Er wurde um 1530 als Probst des Archidiakonats Apelern eingesetzt, lebte aber in der Folgezeit in Rodenberg.4) Reformatorische Bestrebungen versuchte er in seinem Amtsbereich zunächst zurückzudrängen, allerdings ohne Erfolg. Die Stiftung des Taufsteins sowie zweier Emporen für die mittlerweile lutherisch gewordene Kirche ist ein Indiz dafür, dass Johann von Schaumburg letztlich doch zum Luthertum übergegangen ist.5) Er starb 1579 und ist in der Kirche oder auf dem Kirchhof von St. Jacobi in Grove begraben.6)

Textkritischer Apparat

  1. KINDLEIN] KINDER Kdm.
  2. IHR] IHN’ Kdm., Mathies.

Anmerkungen

  1. Nach Mk 10,14: Lasst die Kindlin zu mir komen / vnd weret jnen nicht / Denn solcher ist das reich Gottes.
  2. Wappen Holstein-Schaumburg (Nesselblatt mit drei in der Mitte zusammentreffenden Nägeln belegt); vgl. Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 1, Abt. 1, Teil 2, S. 32 u. Tafel 38; hier abweichend: als Beizeichen ein waagrechter Balken (als Bastardzeichen; möglicherweise wird hier als Bastardzeichen deshalb ein waagrechter Balken verwendet statt des üblicheren Linksschrägfadens, weil ein solcher linksschräger Faden sich mit einem der Nägel überdeckt hätte). Laut Bei der Wieden handelt es sich um das einzige bislang bekannte derartige Wappen eines Schaumburger Bastards (Bei der Wieden, Die letzten Grafen zu Holstein-Schaumburg, S. 90).
  3. Zu ihm Bei der Wieden, Schaumburgische Genealogie, S. 125–127.
  4. Der Lebenswandel des altgläubigen Johann von Schaumburg wird von Mithoff als wenig vorbildlich beschrieben (Chronik der Stadt Rodenberg, S. 91f., allerdings protestantisch-tendenziös).
  5. Bach, Kirchenstatistik Hessen, S. 483 mit Anm. 38.
  6. Zu ihm Mithoff, Chronik der Stadt Rodenberg, S. 90–94; seine Angaben dürften auf Anton Notholds Historia Lindhorstana zurückgehen (vgl. dort S. 79f. u. 84f. ed. Rausch). Vgl. Paulus, Nachrichten, S. 73 u. Bei der Wieden, Die letzten Grafen zu Holstein-Schaumburg, S. 90.

Nachweise

  1. Kdm. Kreis Grafschaft Schaumburg, S. 58.
  2. Mithoff, Chronik der Stadt Rodenberg, S. 94 (teilweise).
  3. Bentrup, Kirchen in Schaumburg, S. 156.
  4. Mathies, Taufbecken, S. 145.

Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 279 (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0027901.