Inschriftenkatalog: Landkreis Schaumburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)

Nr. 278 Rinteln, St. Nikolai 1578

Beschreibung

Epitaph für Joachim Post d. Ä. und seine Ehefrau Agnesa von Wartensleben sowie für ihre Kinder Statius, Gisela und Margaretha. Stein, farbig gefasst.1) Das hochrechteckige und von einem Dreiecksgiebel bekrönte Epitaph ist an der Südwand des Langhauses aufgestellt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts befand es sich in der Sakristei.2) Es zeigt im Hauptgeschoss unter einem geschweiften Bogen ein Kruzifix mit dem Titulus A, unter dem Kreuz vor einem Vorhang fünf Personen in betender Haltung: links zwei Männer in Rüstung, rechts drei Frauen. Auf einer Rollwerkkartusche im Sockelfeld die Inschrift B, die in zwei ungleich breiten Kolumnen angeordnet ist. Oberhalb der Kartusche die Inschrift C, unterhalb der Kartusche die Inschrift D. Nach unten hin wird das Epitaph durch einen an zwei Stellen gebrochenen Sockel abgeschlossen, auf dem in drei Zeilen die Inschrift E verläuft. Im Gebälk sechs Vollwappen in horizontaler Anordnung, denen auf einem darüber verlaufenden, schmalen Feld die Beischriften F zugeordnet sind; in der Mitte die Wappen des verstorbenen Ehepaars. Zu beiden Seiten der Rundbogennische und der Kartusche je weitere fünf Vollwappen mit den Beischriften G. Am Giebelgesims die plastische Taube des Heiligen Geistes, im Giebel eine nahezu vollplastische Darstellung Gottvaters mit Weltkugel in der Linken; die Rechte segnend erhoben. Inschrift A erhaben, alle anderen Inschriften eingehauen und schwarz gefasst.

Maße: H.: 275 cm; B.: 143,5 cm; Bu.: 3 cm (A, C, F, G), 2,8 cm (B), 2,5 cm (D), 1–2,8 cm (E).

Schriftart(en): Kapitalis (A, B, D–G).

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Inga Finck) [1/1]

  1. A

    I(ESVS) N(AZARENVS) · R(EX) I(VDAEORVM)3)

  2. B

    AN(N)O 1577 DEN 21 IV/NII IST DER EDELER VND / ERNVESTER IOACHIM POST / DER ELTER CHRISTLICH / IN GODT ENTSLAPE(N) SINES / ALTERS IM 71 IAR // AN(N)O 1564a) DE(N) 7 APRI/LIS IST SIN HVSFRV/WE ANGNESA V(ON) W(ARTENSLEF)b) IN / GODT ENTSLAPE(N) / IRES ALTERS / IM 55 IAR

  3. C

    1 5 7 8

  4. D

    ARNOLDVSc) WED[DE/H - - - ]

  5. E

    AN(N)O 1557 DEN 21 MARTII IST SIN SON STATZ IN GOTd) ENTSCHLAPEN SINES ALTERS IM 19 IAR / AN(N)O 1563 DEN 20 SEPTEMBRISe) IST SIN DOCHTER G[ . . ]EL IN GOT ENTSCHLAPE(N) IRES ALTERS IM 18 IAR / A(NN)Of) 1577 DE(N) 25 DECEMBRIS IST SINg) DOCHTER MARGRETAh) IN GOTi) ENTSCHLAPE(N) IRES ALTERS IM 25 IARj) DER SELEN / ALLE GODT GENEDICH SIk)

  6. F

    DER POST  V(ON) WARTENSLTEFl) 
    DER BAREN  VON EXTE
    DER BOKE  V(ON) ROTTORP 

  7. G

    V(ON) GROPENDORP  DER GELEN 
    VON WERPKE  V(ON) ASSEBVRCH 
    VON LANGE(N)  V(ON) MVNCHVSEN 
    V(ON) LATENSEN  V(ON) BORNSTEDE 
    DER MELCHER  DE GOGREVE(N) 

Wappen:
Post4)Wartensleben12)
Bahr5)Exten13)
Bock6)Rottorf14)
Grapendorf7)Chalon (Schloen gen. Tribbe u. gen. Gehlen)15)
Werpke8)Asseburg16)
Langen9)Münchhausen17)
Latensen10)Bornstede18)
Melcker11)Gogreve I19)

Kommentar

Bei dieser eher unregelmäßig ausgeführten Kapitalis ist die Buchstabenhöhe nicht ganz einheitlich, insbesondere in Inschrift E. Auch die Buchstabenabstände variieren. Manche Schäfte liegen leicht schräg. Spitzovales, linksschräges O. Die Cauda des R endet bisweilen über, bisweilen unter der Grundlinie. Die beiden Kolumnen in Inschrift B sind nicht gleich breit. Auffällig ist eine Reihe von Ligaturen, insbesondere AP, AR und TE.

Die Familie des Joachim Post stammte aus Hess. Oldendorf (Lkr. Hameln-Pyrmont). Wie die Ahnenprobe nahelegt, dürfte Joachim Post der Sohn des Statius Post und der Catharina von Bahr (vgl. Nr. 163) gewesen sein.20) Die Ritter von Post waren ein bereits im Mittelalter in der Grafschaft Schaumburg ansässiges Burgmannsgeschlecht, das seine Hauptsitze in Rinteln (heute „Parkhof“, vgl. Nr. 289) und Hess. Oldendorf hatte.21) Joachim Post war Drost zur Schaumburg. Als Lehen hatte er neben dem Adelshof in Hess. Oldendorf u. a. auch den Wartenslebenschen Hof in Exten inne.22)

Seine Frau Agnesa von Wartensleben war die Tochter des Johann von Wartensleben und der Anna von Exten.23) Zu den im Epitaph genannten Kindern Statius († 1557),24) Gisela († 1563)25) und Margaretha († 1577)26) kommen noch Johann Post d. Ä. (1571–1622),27) Joachim Post d. J. (vgl. Nr. 289), Heinrich Post († 1580)28), Anna Post, die mit Hans von Oberg und später mit Joachim von Westphalen verheiratet war,29) sowie Meta Post30) hinzu.

Der in Inschrift D genannte Arnoldus Weddeh… war vermutlich der ausführende Steinmetz.

Textkritischer Apparat

  1. 1564] 1561 Maack.
  2. V(ON) W(ARTENSLEF)] klein und hochgestellt; fehlt Tebbe.
  3. NL in Ligatur, O kleiner auf den gemeinsamen Schaft von N und L gelegt. S auf den rechten Schrägschaft des V gelegt.
  4. An dieser Stelle ist der Stein gebrochen. Das O ist zur Hälfte auf den die Fragmente verbindenden Zement gemalt.
  5. An dieser Stelle ist der Stein gebrochen. Das M ist zur Hälfte auf den die Fragmente verbindenden Zement gemalt.
  6. A(NN)O] Die untere linke Ecke des Steins ist abgeschlagen. Die Buchstaben A und O sind zu Dreivierteln auf den ergänzenden Zement aufgemalt.
  7. An dieser Stelle ist der Stein gebrochen. Der linke Schaft des N ist zur Hälfte auf den die Fragmente verbindenden Zement gemalt.
  8. MARGRETA] MAGRETA Tebbe. Schwarz gefasst ist C statt G, der Haubefund schwierig auszumachen, jedoch eher G.
  9. GOT] Schwarz gefasst ist GOD, jedoch ist der eingehauene Deckbalken des T erkennbar.
  10. Nach IAR ist bei Tebbe eine Fehlstelle ausgewiesen.
  11. ALLE GODT GENEDICH SI] kleiner unterhalb der Zeile.
  12. WAR TENSLTEF] zweites TE vermutlich Haufehler.

Anmerkungen

  1. Die Farbfassung des Epitaphs wurde in den 1930er-Jahren erneuert (Maack, 114x5 Minuten Stadtgeschichte Rinteln, S. 152).
  2. Kdm. Kreis Grafschaft Schaumburg, S. 14.
  3. Io 19,19.
  4. Wappen Post (bekrönter Löwe); vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 100 u. Bd. 2, Tafel 247.
  5. Wappen Bahr (schreitender Bär mit beringtem Halsband); vgl. Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 9, S. 3 u. Tafel 2.
  6. Wappen Bock (steigender Bock); vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 15 u. Tafel 37. Laut Willeke müsste Anna Bock von Northolz die Großmutter des Joachim Post gewesen sein (Willeke, Die Geschichte der Ritter- und Freiherrenfamilie von Post, Tafel 5); das Wappen Bock von Northolz zeigt allerdings zwei springende Böcke übereinander (vgl. Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 3, Abt. 2, S. 91 u. Tafel 117). Vgl. auch Nr. 163.
  7. Wappen Grapendorf (Grapen); vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 60 u. Tafel 142.
  8. Wappen Warpe (Lanzenspitze); vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 128 u. Bd. 2, Tafel 328.
  9. Wappen Langen (Tuchschere); vgl. Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 3, Abt. 2, S. 228 u. Tafel 278.
  10. Wappen Lathusen (Balken, belegt mit drei Rosen).
  11. Wappen Melcker (Turnierkragen mit fünf Lätzen, darüber zwei Rosen nebeneinander); vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 87 u. Bd. 2, Tafel 213.
  12. Wappen Wartensleben (aus Wald hervorspringender Fuchs); vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 128 u. Bd. 2, Tafel 328.
  13. Wappen Exten (Gemshorn); vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 45 u. Tafel 110.
  14. Wappen Rottorf (halberstädtisch und mansfeldisch) (Anker); vgl. Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 6, Abt. 6, S. 137 u. Tafel 90.
  15. Wappen Chalon (Schloen gen. Tribbe u. gen. Gehlen) (Andreaskreuz mit vier in den Winkeln eingeschlossenen Kugeln); vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 30 u. Tafel 75; hier abweichend: römisches Kreuz; Kreise statt Kugeln.
  16. Wappen Asseburg (sprungbereiter gekrümmter Wolf); vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 5 u. Tafel 11.
  17. Wappen Münchhausen (Mönch); vgl. Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 3, Abt. 2,1, S. 274 u. Tafel 325.
  18. Wappen Bornstede (zwei Balken, der obere begleitet von vier und drei Rauten).
  19. Wappen Gogreve I (drei Wolfsangeln, balkenweise gestellt).
  20. Dies ergibt sich auch aus der Ahnenprobe auf dem Epitaph des Hilmer Post in Hess. Oldendorf († 1587; vgl. Kdm. Kreis Grafschaft Schaumburg, S. 93). Anders von Arnswaldt, Grabinschriften der lutherischen Kirche in Rinteln, S. 36. Verschiedene Angaben zu den Eltern referiert Willeke, Die Geschichte der Ritter- und Freiherrenfamilie von Post, S. 88–91, Nr. 132 u. 135.
  21. Kölling, Die Ritter Post, S. 23f.
  22. Willeke, Die Geschichte der Ritter- und Freiherrenfamilie von Post, S. 90–94.
  23. Von Arnswaldt, Grabinschriften der lutherischen Kirche in Rinteln, S. 36.
  24. Willeke, Die Geschichte der Ritter- und Freiherrenfamilie von Post, Nr. 149, S. 111.
  25. Name der Tochter nachgewiesen bei Maack, 114x5 Minuten Stadtgeschichte Rinteln, S. 153. Sie fehlt bei Willeke, Die Geschichte der Ritter- und Freiherrenfamilie von Post.
  26. Sie fehlt bei Willeke, Die Geschichte der Ritter- und Freiherrenfamilie von Post.
  27. Willeke, Die Geschichte der Ritter- und Freiherrenfamilie von Post, Nr. 145, S. 103–105.
  28. Willeke, Die Geschichte der Ritter- und Freiherrenfamilie von Post, Nr. 147, S. 108–111.
  29. Dass Anna Post die Schwester von Joachim Post war (so Maack, 114x5 Minuten Stadtgeschichte Rinteln, S. 153), ist aufgrund der Ahnenprobe auf dem Epitaph für Hans von Oberg und Anna Post (Nr. 242) auszuschließen. Zu Anna Post vgl. auch Nr. 476.
  30. Willeke, Die Geschichte der Ritter- und Freiherrenfamilie von Post, S. 118, Nr. 157.

Nachweise

  1. Kdm. Kreis Grafschaft Schaumburg, S. 14 (D, E, F) u. Tafel 12.1.
  2. Von Arnswaldt, Grabinschriften der lutherischen Kirche in Rinteln, S. 36, Nr. 2 (B, E).
  3. Kölling, Die Ritter Post, S. 25 (teilweise Abb.).
  4. Maack, 114x5 Minuten Stadtgeschichte Rinteln, S. 153 (B).
  5. Tebbe, Epitaphien, Nr. 127, S. 238 u. Abb. 36.

Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 278 (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0027807.