Inschriftenkatalog: Landkreis Schaumburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)

Nr. 255 Rinteln, Krankenhäger Straße 11 1575

Beschreibung

Haus. Fachwerk. Das zweigeschossige freistehende Haus ist traufenständig zur Straße. Es ist an der Traufseite sieben Gefache lang, an der Giebelseite sechs Gefache breit. Gesimsband- und Beschlagwerkschnitzereien an den Füllhölzern, die aber vermutlich neu angefertigt sind. Die Inschrift ist an der Traufseite des Hauses am Schwellbalken des vorkragenden ersten Obergeschosses angebracht. Sie ist erhaben in vertiefter Zeile ausgeführt und in Gold auf rotem Grund gefasst. Vor dem Beginn des Textes ein brezelförmiges Ornament, an ihrem Ende eine Raute. Nach dem C in Cort und nach dem k in kle(m)me jeweils ein hochgestellter Kreis. Drei Inschriften aus jüngerer Zeit sind an der Traufseite auf dem Türsturz sowie an der Giebelseite des Hauses auf dem Schwellbalken des ersten Obergeschosses und auf dem Torsturz zu lesen.1)

Maße: Bu.: ca. 7–9 cm.

Schriftart(en): Mischminuskel mit Versalien.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Inga Finck) [1/1]

  1. Anno d(o)m(ini) m · vc lxxv . Cort kle(m)me · hefft dut hus laten buwen unde sin Fruwea) GeIsKe :

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1575. Cord Klemme hat dieses Haus bauen lassen und seine Frau Geiske.

Kommentar

Die Inschrift beginnt als verhältnismäßig regelgerechte gotische Minuskel, wird aber gegen Ende immer ungleichmäßiger; insbesondere der Name der Ehefrau weist eine sehr eigenwillige Vermischung von Versalien und Minuskeln mit variierenden Buchstabenhöhen auf. Bei u und i fehlen die Brechungen an den oberen Schaftenden. d und w entstammen der Fraktur. Alle s ohne die für die gotische Minuskel charakteristischen Brechungen. Auffällig ist der weit nach rechts reichende obere Bogenabschnitt des e; in hefft setzt am unteren Balkenende des e nach rechts ein waagrechter Zierstrich an. x mit Mittelbalken; der Rechtsschrägschaft ist nicht durchgezogen, sondern im oberen Abschnitt zu einem Quadrangel reduziert, im unteren Abschnitt auf einen nach links durchgebogenen Haarstrich, der unterhalb der Mitte des Linksschrägschafts ansetzt und bis zur Grundlinie reicht. Auf u jeweils ein Kreis in Kontur. Auch der Doppelpunkt am Ende in Kontur. Der linke Schaft des m in der Jahreszahl ist gezackt.

Die Brezel und das rautenförmige Gebäckstück deuten darauf hin, dass Cord Klemme Bäcker war.2) 1605 war er in einen Erbschaftsstreit verwickelt.3) In den Ratsprotokollen der Stadt Rinteln ist er von 1602–1609 nachweisbar.4)

Textkritischer Apparat

  1. Befund: Frnwe mit Kreis über n.

Anmerkungen

  1. Auf dem Türsturz an der Traufseite: Herr segne dieses Haus und / die da gehen ein und aus. An der Giebelseite auf dem Schwellbalken des ersten Obergeschosses: Der Maurer hat’s gemauert, der Zimmerer überdacht, doch dass es überdauert, liegt nur in Gottes Macht. Auf dem Torsturz: Erbaut 1575 / Cort Kleme und / Frau Geiske // Erneuert 1987 / Erich Requardt / Zimmerm(ei)st(e)r. Ferner an einem Riegel am Giebel die Initialen TR, die für die Zimmerei Theodor Requardt stehen. Die gleichen Initialen sind auch an den Häusern Enge Straße 10, 24 und 30 (Nr. 435, 108 und 398) zu finden.
  2. Thom hingegen deutet die Elemente als Segenssymbole, ebenso wie die Kreise am Namen C°ord k°le(m)me (Thom, Eine Hausinschrift mit Sinnbildern, S. 25).
  3. NLA BU, L 1, Nr. 8272 (nach Findbuch).
  4. StA Rinteln, Rep. 3 B I 6a, Einträge vom 1. Oktober 1602, 19. November 1602, 10. Januar 1605, 3. Oktober 1605, 13. November 1605, 4. März 1607, 15. März 1609; StA Rinteln, Rep. 3 B I 7, Eintrag vom 19. Dezember 1609; vgl. Begleiter zur Kartei der Einwohner Rintelns, Bd. 3 (StA Rinteln, ohne Signatur), S. 130.

Nachweise

  1. Heutger/Maack, Rintelner Hausinschriften, S. 34.
  2. Thom, Eine Hausinschrift mit Sinnbildern, S. 25.
  3. Erdniß, Gang durch Rinteln, S. 17.
  4. Maack, Hausinschriften der Stadt Rinteln, S. 128.
  5. Künkel, Stadt Rinteln Lexikon, S. 427.

Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 255 (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0025504.