Inschriftenkatalog: Landkreis Schaumburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)

Nr. 248 Stadthagen, Niedernstraße 42 1574

Beschreibung

Haus. Fachwerk, giebelständig, zweigeschossig mit Zwischengeschoss, sieben bis acht Gefache breit. Links des Einfahrtstors ist eine drei Gefache breite Utlucht vorgebaut, vermutlich nachträglich. Das Haus ist reich mit Fächer- und Muschelrosetten an den Brüstungsplatten1) und mit Tauband an den Rähm- und Füllhölzern sowie an den Knaggen verziert. Die Inschriften A und B am Schwellbalken des vorkragenden zweiten Obergeschosses, A an der Utlucht. Inschrift B läuft am Ende mit geringerer Buchstabenhöhe in drei Zeilen untereinander, die durch Stege voneinander abgetrennt sind. Nicht alle diese (zum Teil nur noch fragmentarisch erhaltenen) Buchstaben sind farbig gefasst. Inschrift C auf dem Schwellbalken des vorkragenden Giebels; der fehlende Anfang von Inschrift C ist entweder durch die Utlucht verdeckt oder befand sich ursprünglich an der Utlucht. Alle Inschriften sind erhaben in vertiefter Zeile gearbeitet und in Gold auf dunkelblauem Grund gefasst.

Maße: Bu.: ca. 6 cm, ca. 3 cm (Schluss von Inschrift B).

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Elementen der Fraktur und mit Versalien.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Inga Finck) [1/1]

  1. A

    Anno · domini · 1574 heft · Johan · meier · duth hues · buen · laten ·

  2. B

    Also · heft Godt · de · Welt · geleuet · dat · he · sinen · enigen · sone · gaf · up · dat · alle · de · an · one · gelouen · nichta) · uorlaren · werdenb) su(n)d[e]r [ · dat · ] / ewig[e leuen] / heb[ben]c)2)

  3. C

    [ - - - War]liken Warlik·end) · ick · segge · iwe) · so · gi · de · vader · wat · bidde · werden · in · minem · namen · so · werchf) · he · idtg) · iwh) · geuen ·3)

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn 1574 hat Johann Meier dieses Haus bauen lassen. (A)

So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren sein werden, sondern das ewige Leben haben. (B)

Wahrlich, wahrlich ich sage euch, wenn ihr den Vater um etwas bitten werdet in meinem Namen, so wird er es euch geben. (C)

Kommentar

Die Buchstaben enden stumpf auf der Grundlinie. Die Schrift weist keinen sehr ausgeprägten Oberlängenbereich auf. Auffällig ist, dass das a höher ist als der Mittellängenbereich. Die Unterlängen bei g und h sind in Form eines nach links schwingenden Bogens gestaltet. Das w, dessen rechter Schrägschaft als Schwellzug gestaltet ist, ist der Fraktur entnommen. Unklar ist, inwieweit die Schrift durch Restaurierungen verändert wurde.

Johan Meier oder Meiger kam von Heuerßen nach Stadthagen und erlangte dort 1570 das Bürgerrecht.4) Seine Ehefrau stammte aus der Familie Hesterberg aus Obernwöhren;5) ihr Name dürfte Agnete gewesen sein. Die Liste der Braueramtsberechtigten aus dem Jahr 1576 weist für die Niederstadt einen Eintrag Johann Meiger, Anne uxor sowie einen Eintrag Johann Meiger (6) et Agnete uxor ejus. auf.6) Da Stadtbürger, die von außerhalb nach Stadthagen zugezogen waren, 6 Taler Braugeld entrichten mussten,7) ist der in der Inschrift genannte Johann Meier vermutlich mit dem zweiten in der Liste aufgeführten Johann Meiger identisch.

Die Kinder des Johann Meier waren Weiland zufolge Anton, der in Lüneburg Syndikus wurde, Georg, der 1612 als Inhaber der Hausstelle an der Niedernstraße 42 nachzuweisen ist, und Marie.8)

Textkritischer Apparat

  1. Der untere Teil des Schaftes des h nicht farbig gefasst.
  2. werden] fehlt Weiland, Die Häuser und deren Eigentümer.
  3. [ · dat · ] / ewig[e leuen] / heb[ben]] Ergänzungen nach Weiland, Die Häuser und deren Eigentümer.
  4. Warlik·en] der Worttrenner möglicherweise Fehlrestaurierung.
  5. [ - - - War]liken Warlik·en · ick · segge · iw] fehlt Weiland, Die Häuser und deren Eigentümer.
  6. werch] statt werth (so Fromme Hausinschriften in und um Stadthagen und Weiland, Die Häuser und deren Eigentümer).
  7. idt] di [Wehling].
  8. iw] fehlt Weiland, Die Häuser und deren Eigentümer.

Anmerkungen

  1. Original sind die Brüstungsplatten am Giebelgeschoss; die übrigen Rosetten und der Torbogen sind erneuert (vgl. Weiland, Die alten Häuser in Stadthagen, S. 254 u. Steinicke, Hausinschriften, S. 53).
  2. Jh 3,16.
  3. Jh 16,23 (nach der Bugenhagen-Bibel von 1533): Vnde an dem sülven daghe werde gy my nichtes fragen. Warliken warliken yck segge juw / so gy den vader wat bidden werden jn mynem namen / so wert he ydt juw geuen.
  4. Burchard, Stadtarchiv Stadthagen, S. 50,28.
  5. Weiland, Trauungen, S. 6.
  6. Burchard, Stadtarchiv Stadthagen, S. 374,1 u. 376,26.
  7. Burchard, Stadtarchiv Stadthagen, S. 369f.
  8. Weiland, Die Häuser und deren Eigentümer, Teil 2, S. 94.

Nachweise

  1. Conze, Haussprüche, S. 95 (A, B).
  2. Kdm. Kreis Schaumburg-Lippe, S. 88 (A, B).
  3. [Wehling], Stadthagens alte Bauten, 1926, H. 11, ohne Seitenzählung.
  4. Fromme Hausinschriften in und um Stadthagen, ohne Seitenzählung (B, C).
  5. Weiland, Die Häuser und deren Eigentümer, Teil 2, S. 93.
  6. Weiland, Die alten Häuser in Stadthagen, S. 254f. (mit Abb.).
  7. Steinicke, Hausinschriften, Nr. 27, S. 53f. u. Bildtafel 27.

Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 248 (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0024809.