Inschriftenkatalog: Landkreis Schaumburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)

Nr. 204† Möllenbeck, ref. Klosterkirche 1563 o. später

Beschreibung

Epitaph für den Prior Johannes Brun. Holz. Die Inschrift war in Gold aufgemalt. 1784 befand sich das Epitaph noch in der Kirche.1) Vermutlich ging es verloren, als in der Zeit Napoleons alle Einrichtungsgegenstände des ehemaligen Stifts verkauft wurden.2) In der vorliegenden Edition werden alle &-Ligaturen der Druckausgabe von Paulus’ Geschichte des Möllenbecker Klosters als et wiedergegeben.

Inschrift nach Paulus (auch Interpunktion).

  1. A

    Epitaphium Reverendi, Eruditione et virtute pietateque conspicui Viri, Domini Johannis Brun, hujus Collegii Molebeccensis Prioris observandissimi, qui, etsi hic apud nos fratres humari debuisset, tamen cum sexto Augusti Die Hervordiae pie obierit, ibi quoque in Collegio Fratrum sepultus est, Anno à nato Christo 1563. in cujus honorem et monumentum perpetuum à Successore suo reverendo, Pietate ac fide praestanti Viro Domino Hermanno Weningio hoc Epitaphium Columnae affixum est:

  2. B

    Impia Brunonem rapuerunt fata Johannem,Omnigena coluit qui pietate Deum.Hujus Caenobii Pater et venerandus habenasArte simul natos rexit amore suas.5Namque fuit Praeses vera probitate secundusNulli, dum vixit, Relligionis amans.Non tamen invenies hic Lector amice sepulchrum,Nec sua busta tenet debitus ille locus.Ad Wernae nitidas Hervordia fluminis undas10Quae jacet, urbs doluit funera maesta Patris.Namque secuta pii cum magno corpus honoreTristibus et lachrumis id tumulavit humo.Nunc licet illius ossa Viri tegat humida tellus,Rursus ab aeterno vivificanda Deo;15Attamen aethereas sua Mens penetravit in arces,Agmine cum sacro regna beata tenens.Immortalis ubi referent quoque praemia vitaeGaudia Coeloruma) cum Duce vera capit.

Übersetzung:

Epitaph für den ehrwürdigen, sich durch Bildung, Tugend und Frömmigkeit auszeichnenden Herrn, Herrn Johannes Brun, verehrungswürdigsten Prior dieses Möllenbecker Kollegs, der, auch wenn er hier bei uns Brüdern hätte begraben werden müssen, dennoch, weil er am 6. August in Herford fromm starb, dort auch im Kolleg der Brüder begraben wurde im Jahr 1563 nach Christi Geburt. Zu seiner Ehre wurde auch als fortdauerndes Denkmal von seinem ehrwürdigen Nachfolger, dem sich durch Frömmigkeit und Gläubigkeit auszeichnenden Herrn, Herrn Hermann Wening, dieses Epitaph an der Säule befestigt. (A)

Das erbarmungslose Geschick raubte Johannes Brun, der mit jedweder Frömmigkeit Gott verehrte. Als verehrungswürdiger Vater dieses Klosters führte er sowohl seine Zügel mit Kunstfertigkeit als auch zugleich die Kinder mit Liebe. Denn er war als Vorsteher an wahrer Rechtschaffenheit niemandem unterlegen; so lange er lebte, war er ein Liebhaber der Religion. Gleichwohl findest du, lieber Leser, sein Grab nicht hier, und der Ort, der ihm gebührt hätte, bewahrt sein Grab nicht. Die Stadt Herford, die an den glänzenden Wellen des Flusses Werre liegt, beweinte das traurige Begräbnis unseres Vaters. Denn sie folgte dem Leichnam des Frommen mit großer Ehre und bestattete ihn mit traurigen Tränen zur Erde. Mag auch jetzt die feuchte Erde die Gebeine dieses Mannes bedecken, die wiedererweckt werden sollen durch den ewigen Gott, so ist doch sein Geist in die himmlische Burg aufgestiegen und bewohnt mit der heiligen Schar das selige Reich. Wo es (das Himmelreich) die Belohnung unsterblichen Lebens geben wird, dort genießt er mit Christus, der ihn führte, die wahren Freuden des Himmels. (B)

Versmaß: Elegische Distichen (B).

Kommentar

Johannes Brun aus Coesfeld war seit 1557 Prior des Stifts Möllenbeck. Nach sechsjähriger Amtszeit starb er am 6. August 1563 in Herford und wurde dort begraben.3) Das Epitaph in der Möllenbecker Klosterkirche wurde von seinem Nachfolger Hermann Wening in Auftrag gegeben.

Zweifelhaft ist, ob der Prosatext von Inschrift A tatsächlich ausgeführt war. Insbesondere der Schluss (Columnae affixum est) wirkt untypisch. Allerdings stellt sich die Frage, warum Paulus in seiner ansonsten auf Deutsch verfassten Geschichte des Möllenbecker Klosters die Wiedergabe eines Epitaphs mit einem lateinischen Text einleiten sollte. Das Formular gleicht zum Teil demjenigen des Prosatextes, der im Zusammenhang mit dem Epitaph für Jodocus Stucken überliefert ist (Nr. 500). Eine ähnliche Prosainschrift überliefert Paulus auch bei dem Epitaph für Hermann Wedemhoff (Nr. 501).

Textkritischer Apparat

  1. Coelorum] Coelicorum Paulus, gegen das Versmaß.

Anmerkungen

  1. Beschreibung nach Paulus, Geschichte des Möllenbecker Klosters, S. 100.
  2. Vgl. Heutger, Stift Möllenbeck, 21987, S. 180.
  3. Paulus, Geschichte des Möllenbecker Klosters, S. 100; vgl. Heutger, Stift Möllenbeck, 21987, S. 101.

Nachweise

  1. Paulus, Geschichte des Möllenbecker Klosters, S. 100f.

Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 204† (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0020407.