Inschriftenkatalog: Landkreis Schaumburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)

Nr. 200 Bückeburg, Jetenburger Kirche 1563

Beschreibung

Grabplatte oder Epitaph für Herzog Magnus von Sachsen-Lauenburg und seine Ehefrau Catharina von Braunschweig-Lüneburg. Stein. Provenienz unklar. Die hochrechteckige Platte ist im Innenraum der Kirche an der Westwand südlich der Tür aufgestellt. Sie zeigt die Verstorbenen stehend einander zugewandt, beide mit zum Gebet zusammengelegten Händen. Der Herzog ist in Rüstung dargestellt, die Herzogin in einem langen Kleid, auf dem Kopf eine Haube; über die linke und rechte Schulter reicht jeweils ein Band bis zum Boden herab. Die Füße der Dargestellten werden von einer querrechteckigen, rechts von einem Riss durchzogenen Tafel verdeckt, auf der in zwei Kolumnen die Inschriften A (links) und B (rechts) angebracht sind. Links und rechts der beiden Figuren je fünf Ahnenwappen mit den Beischriften C (links) und D (rechts) in vertieften Feldern. Die Inschriften sind erhaben in vertieften Feldern ausgeführt. I-Punkte sind in Kontur eingehauen. Dreieckige Worttrenner. Der untere Rand des Steins wird durch ein nachträglich eingebautes Gestühlspodest verdeckt. Auf der Platte sind mehrere Graffiti aus jüngerer Zeit eingeritzt.1)

Inschriften ergänzt nach Prinz.

Maße: H.: 238 cm (sichtbarer Teil) bzw. 250 cm;2) B.: 162 cm; Bu.: 3,4 cm (A, B), 3,7 cm (C, D).

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Inga Finck) [1/2]

  1. A

    MAGNVS · I · VON · GO/TS · GENADEN · HE/RTZOG · ZV · SACHSEN ·a) / ENGERN · VND · WE/STPHALEN · EIN SO/HN · H(ERTZOG) · JOHANSEN · / JST MIT · THODE · ABGA/NGEN · ZV · RATZBVRG / SONTAGS · NACH · VIN/CVLA PETRI3) NACH CHb)/[RISTI GEBORT 1543]

  2. B

    CATARINA · VO(N) · GODTS · GEN/ADEN · GEBORNE · ZV · BRVNS/WEIG · VNDc) · LEVNEBVRG · H(ERTZOGIN) · Z(V) · / SACHSEN · ENGEBNd) · VND · WES/TPHALEN · VND · EIN · VORLA/SNE · WITWE · H(ERTZOG) · MAGNI · ZV / SACHSEN [·] JST MIT TOTE · AB/GANGEN [·] ZVM · NEV·HVS / IN · DASSING4) · NACH · CHRIS/TI · GEBVRTe) 1·5·6·3·f)g) / [TAGES PETRI UND PAULI]5)

  3. C

    MAGNVS · Ih) · HERTZOG / ZV · SACHSSEN //JOANNES · V · HERTZO/GE · Z(V) · SACHS(SEN) · VATTER //DOROTEA · GEBORN(E) · M/ARCK(GRAFINNE) · Z(V) · BRAN(DENBVRG) · MVTTER //BERNHARDVS · 3i) · HER(TZOG) · Z(V) · / SACHSSN · GROSVATTER //[ADELHEID Z(V) POMERN GROSMVTTER]

  4. D

    CATRINAj) · GEBORN(E) [Z(V)] / BRVNS(WEIG) · VND LEVN(EBVRG) · GEM(AHLIN) //HINRICVS · DER · ALTE · HER(TZOG) · / Z(V) · BRVNS(WEIG) · V(ND) · LEVN(EBVRG) · VATTER //CATARINA · GEBORN(E) · ZV / POMERN · MVTTER //WILHELM · DER · IVNGER / H(ERTZOG) · Z(V) · BRVNS(WEIG) · V(ND) · LEV(NEBVRG) · GROSVA[T](TER) //EL[IS]ABET [·] GEBORN(E) · G(RAFINNE)k) [Z(V) STOLBVRGl) GROSMVTTER]

Wappen:
Sachsen-Lauenburg, Engern und Westfalen6)Braunschweig-Lüneburg (?)9)
Sachsen-Lauenburg, Engern und WestfalenBraunschweig-Lüneburg10)
Brandenburg7)Pommern11)
Sachsen-Lauenburg, Engern und WestfalenLüneburg12)
Pommern8)Stolberg-Wernigerode13)

Kommentar

Die eng spationierte Kapitalis besteht aus hohen, schlanken Buchstaben. Dreieckige Sporen. Beim A nach links überstehender Deckbalken. Spitzovales O. R mit kleinem Bogen. Oben spitzes zweistöckiges Z. J mit geschwungenem Schaft und Deckbalken. Der Balken des H in HINRICVS (Inschrift D) mit Ausbuchtung. Die Überlegung von Josef Prinz, dass das Stück möglicherweise Jakob Kölling zuzuschreiben ist,14) lässt sich anhand des epigraphischen Befunds nicht stützen (zu den Buchstabenformen Jakob Köllings vgl. Nr. 225).

Herzog Magnus I. von Sachsen-Lauenburg war der Sohn Herzog Johanns V. von Sachsen-Lauenburg und der Dorothea von Brandenburg, einer Tochter des Kurfürsten Friedrich II. von Brandenburg. Seine Großeltern väterlicherseits waren Herzog Bernhard II. von Sachsen-Lauenburg und Adelheid von Pommern.15) Sein Todesdatum wird verschieden angegeben. Dem Artikel in der Neuen Deutschen Biographie zufolge starb er am 1. September 1543, die Allgemeine Deutsche Biographie nennt den 1. August,16) während die Datierung auf dem vorliegenden Epitaph als 5. August aufzulösen ist. Er wurde in Ratzeburg (Kreis Herzogtum Lauenburg, Schleswig-Holstein) begraben.

Magnus’ Ehefrau Catharina von Braunschweig-Lüneburg, die er 1509 heiratete, war 1488 als Tochter Herzog Heinrichs d. Ä. von Braunschweig-Lüneburg und der Catharina von Pommern, einer Tochter Herzog Erichs II., geboren worden. Ihre Großeltern väterlicherseits waren Herzog Wilhelm II. (d. J.) von Braunschweig-Lüneburg und Elisabeth von Stolberg. Catharina starb am 29. Juni 1563 in Neuhaus an der Elbe (Lkr. Lüneburg) und wurde wie ihr Ehemann in Ratzeburg bestattet.17)

Unklar bleibt, weshalb sich die Platte in der Jetenburger Kirche befindet, denn eine engere Beziehung des Herzogspaars zur Grafschaft Schaumburg ist nicht erkennbar. Prinz mutmaßt, dass das Stück aufgrund des weithin geschätzten Obernkirchener Sandsteins in Schaumburg in Auftrag gegeben worden war, dann aber aus irgendeinem Grund nicht an seinen Bestimmungsort transportiert wurde, etwa weil der Auftraggeber mit der Ausführung nicht zufrieden war.18)

Textkritischer Apparat

  1. Worttrenner auf dem die Felder trennenden Steg in Kontur eingehauen.
  2. CVLA PETRI NACH CH] nur noch Oberlängen erkennbar.
  3. VND] fehlt Tebbe.
  4. ENGEBN] statt ENGERN.
  5. NACH · CHRIS/TI · GEBVRT] fehlt Tebbe.
  6. TI · GEBVRT 1·5·6·3·] nur noch Oberlängen erkennbar.
  7. 1563] 1565 Prinz, Tebbe.
  8. I] fehlt Prinz, Tebbe.
  9. BERNHARDVS · 3] Bernardus II. Prinz, Tebbe.
  10. N retrograd.
  11. G(RAFINNE)] fehlt Prinz, Tebbe.
  12. STOLBVRG] Stolberg Tebbe.

Anmerkungen

  1. Auf dem rechten Oberschenkel des Mannes W. KNOP / 1813. Auf dem Kleid der Frau mehrere Einzelbuchstaben.
  2. Höhe nach Prinz, Grabdenkmäler, S. 9.
  3. 5. August.
  4. Gemeint ist der Darzing, eine ältere Bezeichnung für das Amt Neuhaus; es diente Catharina von Braunschweig-Lüneburg von 1543 bis 1563 als Leibzucht (W. Sparkuhle, Der Darzing mit dem Neuen Hause im Besitz der Herzöge von Sachsen-Lauenburg, in: Archiv des Vereins für die Geschichte des Herzogthums Lauenburg 9,1 (1908), S. 99–124, dort S. 99 u. 114).
  5. 29. Juni.
  6. Wappen Sachsen-Lauenburg, Engern und Westfalen (quadriert: 1. u. 4. neunmal geteilt, mit Rautenkranz schräglinks belegt (Sachsen-Lauenburg), 2. Adler (Westfalen), 3. drei Seeblätter 2:1 (Engern)); vgl. Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 1, Abt. 1, Teil 3, S. 18f. u. Tafel 27.
  7. Wappen Brandenburg (Herzschild Szepter (Erzamt); quadriert: 1. Adler (Brandenburg), 2. Greif (Pommern), 3. bekrönter Löwe in gestücktem Schildrand (Burggraftum Nürnberg), 4. quadriert (Zollern)); vgl. Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 1, Abt. 1, Teil 3, S. 106 u. Tafel 114; hier abweichend: Herzschild neunmal geteilt, mit schrägem Rautenkranz belegt (Sachsen-Lauenburg); 3. und 4. vertauscht.
  8. Wappen Herzöge von Pommern (zweimal gespalten und zweimal geteilt: 1. bekrönter Greif (Herzogtum Stettin), 2. Greif (Herzogtum Pommern), 3. Greif (Herzogtum Cassuben), 4. Greif (Herzogtum Wenden), 5. geteilt: 1. wachsender Löwe, 2. Mauergiebel (Fürstentum Rügen), 6. Fischgreif (Herrschaft Usedom), 7. Greif (Land Barth), 8. zwei schräggekreuzte Äste, von vier Rosen begleitet (Grafschaft Gützkow), 9. geteilt: 1. wachsender Greif, 2. geschacht (Herrschaft Wolgast)); vgl. Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 1, Abt. 1, Teil 2, S. 78 u. Tafel 79. Der Wappeninhalt ist nur noch schemenhaft zu erkennen.
  9. Wappeninhalt bis auf Belegung mit Wappen Sachsen-Lauenburg im Herzschild nicht mehr erkennbar; vermutlich Braunschweig-Lüneburg.
  10. Wappen Braunschweig-Lüneburg (quadriert: 1. zwei Leoparden übereinander (Braunschweig), 2. Löwe auf mit Herzen bestreutem Grund (Lüneburg), 3. bekrönter Löwe (Everstein), 4. Löwe in gestücktem Bord (Homburg)); vgl. Veddeler, Landessymbole, S. 85; hier abweichend: Herzschild: neunmal geteilt, mit schrägem Rautenkranz belegt (Sachsen-Lauenburg).
  11. Wappen Herzöge von Pommern (wie oben Anm. 8); hier abweichend: Herzschild: zwei Leoparden übereinander (Braunschweig).
  12. Wappen wie oben Anm. 9.
  13. Wappen Stolberg-Wernigerode (quadriert: 1. u. 4. schreitender Hirsch (Stolberg), 2. u. 3. zwei aufgerichtete, einander zugewandte Forellen (Wernigerode)); vgl. Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 1, Abt. 3, Teil 2, S. 61f. u. Tafel 100f.; hier abweichend: Herzschild: Schildinhalt unkenntlich (vermutlich zwei Leoparden übereinander (Braunschweig)).
  14. Prinz, Grabdenkmäler, S. 11.
  15. Wolf-Dieter Mohrmann, Magnus I., Herzog von Sachsen-Lauenburg, in: NDB 15, S. 667f.
  16. Mohrmann, Magnus I. (wie oben Anm. 14), S. 667; von Heinemann, Magnus I., Herzog von Sachsen-Lauenburg, in: ADB 20, S. 72.
  17. Prinz, Grabdenkmäler, S. 9f.; vgl. Mohrmann, Magnus I. (wie oben Anm. 14), S. 667.
  18. Prinz, Grabdenkmäler, S. 10.

Nachweise

  1. Prinz, Grabdenkmäler, Nr. 1, S. 9f.
  2. Tebbe, Epitaphien, Nr. 71, S. 211 (nach Prinz).

Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 200 (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0020009.