Inschriftenkatalog: Landkreis Schaumburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)

Nr. 197 Rinteln, ehem. von Münchhausenscher Adelshof, Ritterstraße 30 1561

Beschreibung

Wappenstein. Die genaue Provenienz des Steins ist unklar; möglicherweise stammt er von dem im 19. Jahrhundert abgebrochenen Flügel des Herrenhauses des Münchhausenhofs.1) Der Stein ist in die Brüstung einer Utlucht eingemauert, die sich südlich der Einfahrt zum Münchhausenschen Adelshof befindet. Die Utlucht, die ihrem Äußeren nach dem sogenannten Archivhäuschen (Nr. 213) entspricht, wurde 1847 erbaut oder wiederhergestellt2) und ist weit weniger schmuckvoll gestaltet als das Archivhäuschen. Der querrechteckige Stein zeigt in zwei nebeneinander angeordneten Feldern zwei Vollwappen, unter dem heraldisch rechten Wappen erhaben in vertieftem Feld die Inschrift A, unter dem heraldisch linken Wappen auf einem an den Enden eingerollten Schriftband die erhaben ausgehauene Inschrift B. Auf dem Steg zwischen den beiden Feldern das eingehauene Steinmetzzeichen M28. Auf der oberen Rahmenleiste des Steins ist die Jahreszahl C eingehauen; als Worttrenner kleine Andreaskreuze.

Maße: H.: 58,5 cm; B.: 11,5 cm; Bu.: 4,5 cm (A, B), 3 cm (C).

Schriftart(en): Kapitalis mit Elementen der frühhumanistischen Kapitalis (A, B).

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Inga Finck) [1/1]

  1. A

    HILMER · VON MONICKHAVSE[N]a) / STACIVS · SELIGER SON · 1561

  2. B

    LVCIA · VON REDEN / · H(ILMER) · V(ON) · M(ONICKHAVSEN) · E(HELICHE) · H(AVSFRAV) ·

  3. C

    · 1·5·6·1 ·

Wappen:
Münchhausen3)Reden4)

Kommentar

N retrograd. Konisches M mit bis zur Mitte des Buchstabens reichendem Mittelteil. A mit nach rechts überstehendem Deckbalken. Offenes D in REDEN. Weit offenes C, spitzovales O. Die Cauda des R ist verkürzt (vgl. Nr. 224).

Hilmar von Münchhausen wurde am 27. Mai 1512 als Sohn des Statius von Münchhausen (ermordet 1518) und der Margarethe von Oberg geboren.5) Seit 1529 war er Domherr in Hildesheim, gab sein Kanonikat jedoch 1539 an seinen Verwandten Jobst von Münchhausen ab. Im selben Jahr heiratete er Lucia von Reden (um 1525 bis 1583), die Tochter des Hans von Reden und der Mette von Schwicheldt.6) Aus der Ehe gingen sechs Söhne und zwei Töchter hervor, darunter die Söhne Statius7) und Hilmar (Nr. 369).

Von spätestens 1539 an betätigte sich Hilmar von Münchhausen als Söldnerführer in verschiedenen militärischen Unternehmungen und wurde dadurch zu einem der bedeutendsten Kriegsunternehmer Norddeutschlands. Wiederholt trat er gemeinsam mit Georg von Holle auf.8)

Durch die Einkünfte als Söldnerführer und die Kriegsbeute konnte er ein großes Vermögen aufbauen,9) so dass er mehrere Besitzungen als Lehen oder Pfandschaft erwerben konnte, u. a. 1547 das Amt Stolzenau (Lkr. Nienburg/Weser; dort war er bis 1562 Drost), 1557 das Amt Aerzen (Lkr. Hameln-Pyrmont), 1558 das Amt Lauenau, 1564 Leitzkau (Lkr. Jerichower Land, Sachsen-Anhalt) und Schwöbber (Lkr. Hameln-Pyrmont) sowie 1565 Steyerberg (Lkr. Nienburg/Weser). Zu den von ihm angestoßenen umfangreichen Baumaßnahmen gehört u. a. Schloss Schwöbber. In Rinteln baute er den Burgmannshof aus, den er und seine Brüder 1527 als Lehen erhalten hatten und der vermutlich 1553 nach dem Tod zweier seiner Brüder in der Schlacht von Sievershausen (vgl. Nr. 171) ganz in seinen Besitz übergegangen war. Hilmar von Münchhausen ließ hier ein Wirtschaftsgebäude und das sogenannte Archivhäuschen errichten (Nr. 213). In Rinteln stiftete er ferner ein Armenhaus und unterstützte die Schule.10)

Hilmar von Münchhausen starb am 19. April 1573 in Steyerberg und wurde in Nienburg/Weser begraben, wo später auch seine Ehefrau Lucia von Reden ihre letzte Ruhestätte fand.11)

Textkritischer Apparat

  1. MONICKHAVSE[N]] MONICKHVSEN Heutger/Maack.

Anmerkungen

  1. Heutger/Maack, Rintelner Hausinschriften, S. 33.
  2. Vgl. die Jahreszahl am Giebel. Dehio schreibt, die Utlucht sei „unter Verwendung von Originalteilen (dat. 1561) vereinfacht wiederhergestellt“ worden; es handelt sich um das „älteste[s] Aufgreifen von Formen der ‚Weserrenaissance‘ im 19. Jh.“ (Dehio, Kunstdenkmäler Niedersachsen/Bremen, S. 1137).
  3. Wappen Münchhausen (Mönch); vgl. Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 3, Abt. 2,1, S. 274 u. Tafel 325.
  4. Wappen Reden (zwei Balken); vgl. Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 9, S. 14 u. Tafel 15.
  5. Von Lenthe/Mahrenholtz, Stammtafeln Münchhausen, Teil II, S. 91ff.: Hier wird der 11. Mai als Geburtsdatum angegeben (S. 91); B. Bei der Wieden, Münchhausen, Hilmar von, S. 235.
  6. Treuer, Gründliche Geschlechts-Historie, S. 102.
  7. Vgl. DI 83 (Lkr. Holzminden), Nr. 237, 238 u. ö.
  8. Über seine Feldzüge informieren Krause, Münchhausen, Hilmar von, in: ADB 23 (1886), S. 5f. sowie B. Bei der Wieden, Münchhausen, Hilmar von, S. 236–240.
  9. Vgl. Angermann, Weserrenaissance und Kriegshandwerk, S. 21.
  10. Von Lenthe/Mahrenholtz, Stammtafeln Münchhausen, Teil II, S. 92 und B. Bei der Wieden, Münchhausen, Hilmar von, S. 240. Zur Baugeschichte des Münchhausenschen Adelshofs Sprenger, Bürgerhäuser und Adelshöfe, S. 374–382; vgl. S. 187–194.
  11. Von Lenthe/Mahrenholtz, Stammtafeln Münchhausen, Teil II, S. 92f. und 112ff. Treuer, Gründliche Geschlechts-Historie, S. 102ff. Ein Familienepitaph findet sich in der Martinskirche in Nienburg/Weser (Abbildung bei Karrenbrock, St. Martin zu Nienburg, S. 111).

Nachweise

  1. Kdm. Kreis Grafschaft Schaumburg, S. 20 (A, B).
  2. Heutger/Maack, Rintelner Hausinschriften, S. 33.
  3. Erdniß, Gang durch Rinteln, S. 18f.
  4. Maack, Hausinschriften der Stadt Rinteln, S. 126.
  5. Künkel, Stadt Rinteln Lexikon, S. 432.

Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 197 (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0019707.