Inschriftenkatalog: Landkreis Schaumburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)

Nr. 172 Stadthagen, „Amtspforte“, Obernstraße 32a 1553

Beschreibung

Haus. Fachwerk. Das frei stehende Haus ist fünf Gefache breit und zwölf Gefache lang. Das Ober- und das Giebelgeschoss kragen vor. Das Haus ist reich mit Schnitzereien verziert (Fächerrosetten, Tauband, an den Schwellbalken Flechtband). Die Inschrift befindet sich auf dem Türsturz über der mit Tauband verzierten Rundbogentür an der nördlichen Giebelseite. Sie ist erhaben ausgeführt und in Gold auf braunem Grund gefasst (mit Ausnahme des Kürzungsstrichs).

Maße: Bu.: ca. 12 cm.

Schriftart(en): Kapitalis mit Elementen der frühhumanistischen Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Inga Finck) [1/1]

  1. ANNO · D(OMI)NI · 1·5·53 · H(ENNEKE) · S(CHRADER) · H(EFT) · D(UT) · H(US) · G(EBUWET)a) ·

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1553. Henneke Schrader hat dieses Haus gebaut.

Kommentar

Am Mittelbalken des H und am Kürzungsstrich über N in D(OMI)NI eine Ausbuchtung.

Das im Jahr 1553 im Auftrag des Amtmanns errichtete Gebäude diente als Gerichts- und Verwaltungsbau für das Amt Stadthagen.1) Für die Deutung der Einzelbuchstaben nach der Jahreszahl wurden verschiedenste Vorschläge gemacht, die jedoch größtenteils zu entlegen sind.2) Am plausibelsten ist der Deutungsansatz von Heinrich Peitmann: H. S. H(at) D(it) H(ues) G(ebuet),3) wobei die Initialen HS als H(ENNEKE) S(CHRADER) aufzulösen sind.4) Schrader wird in einer 1554 niedergeschriebenen Aufstellung von Handwerkerarbeiten am Haus des Albrecht Verken genannt. Verken war zu dieser Zeit Amtmann des Amtes Stadthagen. Mit Schrader war vertraglich ein Lohn von 40 Talern festgelegt worden; ihm oblag es, einen Vorgängerbau abzureißen und ein neues Haus biß under die latten5) zu erbauen. Da das Amt die erwähnten Kosten getragen hat, dürfte es sich bei dem Haus, für das Schrader entlohnt wurde, um die Amtspforte handeln.6)

Henneke (Heinrich) Schrader aus Stadthagen7) war auch am Bau des Schlosses Rodenberg beteiligt und leitete bis 1563 den Umbau des Schlosses Bückeburg.8)

Textkritischer Apparat

  1. H · S · H · D · H · G] HSDHG [Wehling].

Anmerkungen

  1. Albrecht, Landesherrliche Baumaßnahmen, S. 164; vgl. Hansen/Kreft, Fachwerk im Weserraum, S. 294.
  2. O. Bernstorf, Die rätselhafte Inschrift vor der Amtspforte zu Stadthagen, in: Schaumburg-Lippische Heimat-Blätter 15 (1964), Nr. 3, ohne Seitenzählung. Die Vorschläge von Bernstorf sind folgende: H(agae) S(chaumburgicorum) H(anc) D(omum) H(abeat) G(ubernator) bzw. H(ac) S(ede) H(anc) D(omum) H(abeat) G(ubernator). Weiland (Die alten Häuser in Stadthagen, S. 106) schlägt u. a. vor: Herr Schütze Hier Dieses Haus Gnädig oder H(anc) S(alut) [sic] H(ominum) H(abeat) G(ubernator). Albrecht Wehling (Die alte „Amtspforte“ in Stadthagen, in: Das Nesselblatt 1935, H. 2, ohne Seitenzählung) erwägt: H(err) s(ei) H(üter) d(ieses) H(auses) g(nädiglich) (vgl. Weiland, Die Häuser und deren Eigentümer, Teil 1, S. 88).
  3. Referiert bei Bernstorf (wie oben Anm. 2).
  4. Vgl. Weiland, Die alten Häuser in Stadthagen, S. 106: H(inrik) S(chrader) H(at) D(it) H(us) G(ebuwet).
  5. Zit. n. Albrecht, Landesherrliche Baumaßnahmen, S. 164.
  6. Dass es nicht um das Privathaus des Albrecht Verken am Markt ging, ergibt sich allein schon daraus, dass dieses erst in den 1570er-Jahren erbaut wurde (Albrecht, Landesherrliche Baumaßnahmen, S. 164).
  7. Er erlangte dort 1542 das Bürgerrecht (Burchard, Stadtarchiv Stadthagen, S. 44,13).
  8. Albrecht, Landesherrliche Baumaßnahmen, S. 179.

Nachweise

  1. Conze, Haussprüche, S. 94.
  2. Kdm. Kreis Schaumburg-Lippe, S. 86.
  3. [Wehling], Stadthagens alte Bauten, 1926, H. 10, ohne Seitenzählung.
  4. Hesse, Heimatkundliche Wahrzeichen, S. 204, Nr. 696.
  5. Albrecht Wehling, Die alte „Amtspforte“ in Stadthagen, in: Das Nesselblatt 1935, H. 2, ohne Seitenzählung.
  6. Bernstorf, Otto, Die rätselhafte Inschrift vor der Amtspforte zu Stadthagen, in: Schaumburg-Lippische Heimat-Blätter 15 (1964), Nr. 3, ohne Seitenzählung.
  7. A. Wehling, Die „Alte Amtspforte“ in Stadthagen, in: Schaumburg-Lippische Mitteilungen 16 (1964), S. 49.
  8. Weiland, Die Häuser und deren Eigentümer, Teil 1, S. 88.
  9. Hansen/Kreft, Fachwerk im Weserraum, Abb. 11 und 12.
  10. Weiland, Die alten Häuser in Stadthagen, S. 106f.

Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 172 (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0017200.