Inschriftenkatalog: Landkreis Schaumburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)

Nr. 157 Stadthagen, Schloss 1541

Beschreibung

Wappentafel. Gusseisen. Die Eisenplatte ist über der Tür an der Ostseite des Treppenturms im Schlossinnenhof angebracht. Sie zeigt unter einem mit Putten verzierten Rundbogen das Schaumburger Vollwappen im Relief. Als Helmzier drei Helme, unterhalb der Helme des Oberwappens ein Schriftband: Am unteren Rand des mittleren Helmes die Inschrift A, im heraldisch rechten Abschnitt die Inschrift B, im heraldisch linken Abschnitt die Inschrift C. Auf den Basen der seitlichen Säulen runde Medaillons. Auf dem linken das Meisterzeichen M20 und die Umschrift D, auf dem rechten das Meisterzeichen M21 mit den ineinander verschränkten Initialen E sowie die Umschrift F. Zwischen den Basen eine Schrifttafel mit der Inschrift G. Die Inschriften sind erhaben gegossen. Die Buchstaben der Inschriften D und F heben sich nur schwach vom Untergrund ab.

Maße: H.: 170 cm; B.: 130 cm; Bu.: ca. 4–5 cm (A–C), ca. 2 cm (D, F), ca. 7 cm (E, G).

Schriftart(en): Frühhumanistische Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Inga Finck) [1/1]

  1. A

    SCHOWENBE(RG)

  2. B

    STERN·/BERE

  3. C

    GHEMEN

  4. D

    PHI[LIPVS] SO[LDA]N [ - - - SCHN . . . ER]a)

  5. E

    K(VRT) S(CHARPE)

  6. F

    P[E]T[E]R · [R]O[L]SHVSEN ··KVR[T] ··SCH[ARPE · ] O[B]EN[G]ISS[ER]

  7. G

    VON · GOTZ GNADEN · ADOLP(VS) · COAD/IVTOR · DES · ERTZSTIFFZ · COLLEN · GRAVE / THO · HOLSTEIN · SCHOWENBORCH · V(N)D / THOM · STERNBERGE · HERRE · TO · GHEME(N) · 1541

Wappen:
Grafen von Holstein-Schaumburg und Sternberg, Herren zu Gemen1)

Kommentar

Die Inschriften A, B, C und G sind in einer sehr manierierten frühhumanistischen Kapitalis gegossen. Neben epsilonförmigem E, einzelnen offenen D und Ausbuchtungen an Schäften und Balken fällt besonders R mit sehr kleinem Bogen auf; entsprechend setzt der Mittelbalken des F oberhalb der Mittellinie an. Die 5 besteht aus Bogen und linksschrägem Balken; Balken- und Bogenende sind gegabelt und tropfenförmig verdickt.

Der Entwurf für die Gussplatte stammte von dem aus Frankenberg (Lkr. Waldeck-Frankenberg, Hessen) stammenden Bildhauer Philipp Soldan, der eine Vielzahl von Ofenplatten und auch eine Reihe von Wappeninschriftenplatten entwarf.2) Die gleichen Buchstaben- und Ziffernformen sind beispielsweise auf einem von Soldan entworfenen, auf 1548 datierten Ofen aus Schloss Spangenberg (Schwalm-Eder-Kreis, Hessen) zu finden.3) Gefertigt wurde die Platte für das Schloss Stadthagen von den Gießern Peter Rolshusen und Konrad Scharff (Kurt Scharpe), mit denen Soldan häufiger zusammenarbeitete. Ihre Werkstatt hatten sie beim Kloster Haina (Lkr. Waldeck-Frankenberg, Hessen).4)

Adolf XIII. wurde am 19. Januar 1511 als Sohn Jobsts I. von Holstein-Schaumburg (Nr. 141) und der Maria von Nassau-Dillenburg geboren. Bereits 1522 wurde er an der Universität Löwen (Louvain) immatrikuliert.5) Er übernahm von 1528 an verschiedene Pfründen in Lüttich, Köln und Mainz. 1533 wurde er vom Kölner Domkapitel zum Koadjutor gewählt. Da er nicht zum Priester geweiht worden war, erhielt er zwar die Einkünfte aus seinen Pfründen, musste jedoch Vikare mit der Erfüllung seiner geistlichen Aufgaben betrauen. Nach dem Tod seines Vaters übernahm er als ältester Sohn die Regierung der Grafschaften Holstein und Schaumburg. Da er durch seine geistlichen Ämter gebunden und das Land hoch verschuldet war, setzte er zunächst eine Ständeregierung ein. 1534 begann er die Burg in Stadthagen zu einem Schloss auszubauen und führte 1540 die Landesverwaltung hier zusammen. Da seine Aufgaben in Köln ihn stark beanspruchten und er zugleich keinen legitimen Erben besaß, übertrug er sein Erstgeburtsrecht 1544 unter Vorbehalt auf seinen Bruder Otto IV., behielt jedoch bis 1550 die oberste Regierungsgewalt. Nachdem der Kölner Erzbischof Hermann von Wied mit seinem Versuch kirchlicher Reformen gescheitert und 1546 exkommuniziert worden war, wurde Adolf Administrator des Erzbistums Köln. 1547 wurde er zum Erzbischof gewählt sowie zum Priester geweiht. 1548 empfing er auch die Bischofsweihe. Während seiner Amtszeit betrieb er eine Rekatholisierung des Bistums. Er nahm am Konzil von Trient teil. Adolf starb am 20. September 1556 in Brühl und wurde im Kölner Dom beigesetzt. Sein Nachfolger als Kölner Erzbischof wurde sein Bruder Anton.6)

Zwei von Erzbischof Johann Gebhard von Mansfeld gestiftete und von Cornelis Floris geschaffene Grabdenkmäler für Adolf und seinen Bruder Anton waren bis 1863 im Hochchor des Kölner Doms aufgestellt.7)

Textkritischer Apparat

  1. Möglicherweise FORMSCHNEIDER.

Anmerkungen

  1. Wappen Grafen von Holstein-Schaumburg und Sternberg, Herren zu Gemen (Herzschild Nesselblatt mit drei in der Mitte zusammentreffenden Nägeln belegt, diese in der Mitte mit einem Schildchen belegt (Holstein-Schaumburg); quadriert: 1. u. 4. Stern (Sternberg), 2. u. 3. Balken mit drei Pfählen belegt (Gemen)); vgl. Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 1, Abt. 1, Teil 2, S. 35 u. Tafel 39; hier abweichend: Herzschild ohne Schildchen.
  2. Kippenberger, Philipp Soldan, Nr. 53, S. 132f. u. S. 45; zu den Wappenplatten und anderen individuellen Werken vgl. Meys, Memoria und Bekenntnis, S. 868f.
  3. Marburg, Universitätsmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, Inv.-Nr. 4226. Vgl. auch die Ziffern auf einer Kaminplatte im Burgmuseum Soest (Kippenberger, Philipp Soldan, S. 25, Abb. 42).
  4. Ludwig Beck, Die Geschichte des Eisens, Abteilung 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert, Braunschweig, 1895, S. 745.
  5. Matrikel Louvain, Bd. 3, S. 674, Nr. 49 (Eintrag vom 16. Mai 1522).
  6. Bei der Wieden, Holstein-Schaumburg, Adolf XIII., S. 142–147; vgl. Robert Haaß, Adolf III., in: NDB 1 (1953), S. 83f.; Bei der Wieden, Schaumburgische Genealogie, Nr. 106, S. 134f.; Husmeier, Graf Otto IV., S. 49–59.
  7. Bei der Wieden, Holstein-Schaumburg, Adolf XIII., S. 147. Die Grabdenkmäler befinden sich jetzt in zwei Seitenkapellen des Chorumgangs.

Nachweise

  1. Kdm. Kreis Schaumburg-Lippe, S. 44 u. Abb. 76.
  2. [Wehling], Stadthagens alte Bauten, 1926, H. 7, ohne Seitenzählung (G).
  3. Kippenberger, Philipp Soldan, Nr. 53, S. 132f. u. Abb. 62 auf S. 51.
  4. Kreft/Soenke, Weserrenaissance, Abb. 16.

Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 157 (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0015703.