Inschriftenkatalog: Landkreis Schaumburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)

Nr. 136 Stadthagen, St. Martini 1527

Beschreibung

Grabplatte für Johannes Rode. Stein. Die hochrechteckige Platte ist außen an der Südwand des Chors als siebte Platte von Westen aufgerichtet. Sie wurde 1973 beim Abbruch eines Anbaus vor der südöstlichen Kirchentür entdeckt.1) Sie zeigt im Innenfeld im Relief eine Darstellung des Verstorbenen in Ganzfigur in priesterlicher Kleidung mit Birett, in den Händen hält er einen Kelch. Die Inschrift läuft erhaben in vertiefter Zeile um die Platte um und setzt sich deutlich kleiner erhaben ausgehauen auf der oberen inneren Rahmenleiste fort. Die Unterlängen der Buchstaben sind in der Rahmenleiste in Kontur eingehauen. An der oberen rechten Ecke wurde die Platte ausgebessert, in der Mitte der rechten Langseite wurde ein ausgebrochenes Stück der Platte erneuert. Auf dem erneuerten Stück wurden die obere Hälfte des i in mari (fälschlicherweise mit oben nach rechts waagrecht umgebrochenem Schaftende) und im Anschluss daran zwei senkrechte Schäfte nachgearbeitet. Der Rest des Zeilenabschnitts, auf dem etwa vier weitere Buchstaben Platz finden würden, wurde frei gelassen.

Maße: H.: 215 cm; B.: 108 cm; Bu.: 11,5 u. 3,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Katharina Kagerer) [1/1]

  1. Anno · d(omi)ni · m · ccccc x[x]a) / vii · i(n) · die · mari[e mag]daleneb)2) · obiit · ho(nora)bil(is)c) / d(omi)n(u)s · Johanes · rode / fu(n)dator · vicarie · b(ea)te · marie · virginis · c(uius) · a(n)i(m)a // · reqviesc[a]t · in · pace ·d)

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1527 am Tag der Maria Magdalena starb der ehrbare Herr Johannes Rode, der Stifter der Vikarie der seligen Jungfrau Maria. Seine Seele ruhe in Frieden.

Kommentar

Gleichmäßig gestaltete gotische Minuskel aus hohen, schmalen Buchstaben; etwas unregelmäßiger ist der in kleinerer Buchstabenhöhe eingehauene Schluss der Inschrift ausgeführt. Der zu einem Haarstrich reduzierte Balken des e reicht weit herab und ist unten umgebogen. Die Fahne des r als Quadrangel mit unten angesetztem Zierstrich, der bis zur Grundlinie herabreicht; an dem Quadrangel setzt oben als Zierelement eine in Kontur eingehauene Schlinge an (in rode, fu(n)dator und virginis).

Der aus Stadthagen stammende Johannes Rode war der Sohn des Tileke Rode und seiner Frau Metteke.3) Johannes Rode ist 1510 und 1515 als Vorsteher der Kalandsbruderschaft St. Barbara nachgewiesen.4) Urkunden von 1516, 1520, 1521 und 1522 belegen, dass er eine Kommende an der Heiliggeistkapelle vor dem oberen Tor von Stadthagen innehatte.5) Zusammen mit seinem Bruder Hinrik Rode, Domvikar in Bremen, tätigte er mehrere fromme Stiftungen: 1516 eine Memorienstiftung für die eigene Familie,6) 1522 und 1523 Stiftungen zugunsten der Stadthäger Leichnams-Bruderschaft;7) 1522 stifteten sie für 450 Gulden ein Lehen an der St. Martini-Kirche, das in erster Linie für die Nachkommen der Familie Rode bestimmt war.8) Auch die in der Inschrift erwähnte Vikarie an einem Marienaltar stiftete Johannes Rode im Jahr 1521 zusammen mit seinem Bruder Hinrik.9)

Textkritischer Apparat

  1. x[x]] Befund: ein x schräg in die Ecke gestellt als Ergebnis einer Fehlrestaurierung. Das untere Ende des zu einem Haarstrich reduzierten und unten umgebogenen Rechtsschrägschaftes eines ursprünglich vorhandenen zweiten x ist erkennbar.
  2. mari[e mag]dalene] jetziger Befund: marcii [ - - - g]dalene (Fehlrestaurierung).
  3. ho(nora)bil(is)] nobil(is) Tebbe.
  4. reqviesc[a]t · in · pace] kleiner auf der oberen inneren Rahmenleiste.

Anmerkungen

  1. Tebbe, Epitaphien, S. 243.
  2. 22. Juli.
  3. Doebner, Urkunden-Regesten von Stadthagen, Nr. 279; vgl. Burchard, Stadtarchiv Stadthagen, S. 321,11–13: Tileke Rode, seine Frau Metteke, ihre Tochter Metteke Nygenborghes und ihr Sohn Diderck sind als bereits verstorbene Mitglieder der Alterschaft Corporis Christi bezeugt. Vgl. UB Obernkirchen, Nr. 500 (Urkunde vom 30. Juli 1522).
  4. Burchard, Stadtarchiv Stadthagen, S. 140,11f. u. S. 141,11f.
  5. Burchard, Stadtarchiv Stadthagen, S. 141,22–25 (Urkunde vom 6. Oktober 1516); ebd., S. 142,15f. (Urkunde vom 31. Dezember 1520); ebd., S. 142,42–45 (Urkunde vom 3. Oktober 1521); UB Obernkirchen, Nr. 500 (Urkunde vom 30. Juli 1522). – Zur Lage der Heiliggeistkapelle, die zu einem 1522 erwähnten Heiliggeisthospital gehörte, vgl. Kdm. Kreis Schaumburg-Lippe, S. 42.
  6. Doebner, Urkunden-Regesten von Stadthagen, Nr. 279 (Urkunde vom 6. Oktober 1516).
  7. Burchard, Stadtarchiv Stadthagen, S. 143,13f. u. 143,31f.
  8. UB Obernkirchen, Nr. 500 (Urkunde vom 30. Juli 1522). Die ersten Inhaber der Pfründe sollten Dirich Rode und Dirich Nygenborch sein. Den Nachkommen der Familie Rode wurde für hundert Jahre das Recht zugestanden, einen Pfründner vorzuschlagen.
  9. Für den 3. Oktober 1521 ist eine Stiftung „zu Gunsten der neuen Vikarie zum neuen Altar B. Marie virginis et S. Anne“ nachgewiesen (Burchard, Stadtarchiv Stadthagen, S. 142,42–45).

Nachweise

  1. Tebbe, Epitaphien, Nr. 139, S. 243f. u. Abb. 115.

Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 136 (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0013604.