Inschriftenkatalog: Landkreis Schaumburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)

Nr. 97(†) Bückeburg, Museum Bückeburg 1514

Beschreibung

Fragment einer Glocke. Bronze. Zuletzt in der Bückeburger Stadtkirche, ursprüngliche Provenienz unklar.1) Als in der Bückeburger Stadtkirche im Jahr 1899 neue Glocken aufgehängt wurden, wurden die alten Glocken abgenommen und zerschlagen. Das vorliegende Fragment, das das Wort morte enthält, gelangte 1899 zusammen mit einem von dem Oberprediger Wilhelm Kuhlgatz verfassten Übersendungsschreiben, in dem er den Inschriftentext der Glocke wiedergibt,2) an das Museum Bückeburg. Die beste Überlieferung der Inschrift bietet eine Durchreibung aus dem Nachlass des Oberbaurats Pfeifer.3) Ferner sind die Inschriftentexte in einer im Archiv des Museums Bückeburg aufbewahrten Sammlung von Glockeninschriften aus dem Jahr 1891 wiedergegeben, allerdings weitgehend in Großbuchstaben.

Die erhaben gegossene Inschrift A verlief unterhalb der Schulter zwischen zwei Bogen- bzw. Kreuzblumenfriesen mit Perlenreihe. Als Worttrenner teilweise Brakteatenabdrücke. Weiter unten auf der Glocke, eventuell auf dem Mantel, ein weiterer Brakteatenabdruck sowie die Inschrift B.4)

Inschriften nach Durchreibung in NLA WO 234 N, Nr. 10.

Maße: H.: 15,5 cm; B.: 11,5 cm; Bu.: 2,5–3 cm.5)

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien (statt griechischer Buchstaben).

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Inga Finck) [1/1]

  1. A

    [hans kamer · ihesvs A anna · et · maria Wa) nobiscv(m) · assvnt in · ] morte [ · pia iohan(n)es rodolphi pleba(n)vsb) m d xiiii]c)

  2. B

    [ · anna]

Übersetzung:

Hans Kamer. Jesus, Anna und Maria sind mit uns im frommen Tod. Alpha und Omega. Pfarrer Johannes Rodolphi. 1514. (A)

Versmaß: Reimprosa (A, Z. 2f.).

Kommentar

Beim s sind die Bögen gegeneinander verschoben; der obere Schrägbalken des k ist zum Quadrangel reduziert, der untere senkrecht darunter gestellt und ohne Verbindung zum Schaft. Die Fahne des r als Quadrangel mit unten angesetztem Zierstrich, der fast bis auf die Grundlinie reicht. Das A ist flachgedeckt.

Ein Johannes Rodolphus ist 1506 als Kapellan in Rinteln bezeugt.6) Da unklar ist, in welcher Pfarrei er zum Entstehungszeitpunkt der Glocke als Plebanus tätig war, lässt sich auch deren Provenienz nicht klären.

Hans Kamer dürfte mit dem in Minden ansässigen7) Johann Kramer oder Kremer identisch sein, der in der Region in dieser Zeit mehrere Glocken goss: 1513 in Valdorf bei Vlotho (Kreis Herford, Nordrhein-Westfalen),8) 1514 in Hess. Oldendorf (Lkr. Hameln-Pyrmont),9) ebenfalls 1514 in Großenwieden (Lkr. Hameln-Pyrmont),10) 1515 in Binnen (Lkr. Nienburg/Weser)11) und 1518 in Martfeld (Lkr. Diepholz).12) Die Glocken in Hessisch Oldendorf und in Valdorf tragen bzw. trugen ebenfalls den Namen Anna, diejenige in Binnen heißt Maria. Auch die Glockenzier der Glocken von Hess. Oldendorf und Großenwieden entspricht den Beschreibungen im Kunstdenkmälerinventar zufolge dem vorliegenden Fragment. Bei der Glocke in Binnen findet sich nur unterhalb der Inschrift ein Kreuzblumenfries. Auf dieser Glocke ebenfalls Alpha und Omega. Die Form des r findet sich so nicht in der Inschrift der Glocke aus Binnen.13)

Textkritischer Apparat

  1. W] steht für ω.
  2. iohan(n)es rodolphi pleba(n)vs] fehlt Kdm., Albrecht.
  3. m d xiiii] Das Datum bei Kuhlgatz nur erwähnt.

Anmerkungen

  1. Wilhelm Kuhlgatz (s. unten Anm. 2) vermutet, dass die Glocke aus der Jetenburger Kirche stammt, doch ist dies keineswegs sicher.
  2. Schreiben von Wilhelm Kuhlgatz, Oberprediger und Vorsitzender des Kirchenvorstandes der ev.-luth. Gemeinde, vom 27.6.1899, in den Akten des Museums.
  3. NLA WO 234 N, Nr. 10.
  4. Beschreibung nach NLA WO 234 N, Nr. 10, Kdm. und, soweit möglich, nach dem Fragment.
  5. Nach Kdm. Kreis Schaumburg-Lippe, S. 32 maß die Glocke ursprünglich 123 cm im Durchmesser.
  6. UB Möllenbeck, Nr. 444 vom 11. September 1506.
  7. Freundliche Mitteilung des Glockensachverständigen Andreas Philipp (Göttingen).
  8. Wiedergabe der Inschrift mit dem Gießernamen bei Leopold von Ledebur, Das Fürstentum Minden und die Grafschaft Ravensberg. Denkmäler der Geschichte, der Kunst und des Altertums (1825), hg. von Andreas Priever u. Ulrich Henselmeyer, Bielefeld 2009 (Herforder Forschungen 21), S. 100 (in der Erstausgabe S. 64).
  9. Kdm. Kreis Grafschaft Schaumburg, S. 93.
  10. Kdm. Kreis Grafschaft Schaumburg, S. 55 u. Tafel 63.
  11. Niedersächsisches Inschriftenarchiv, Akademie der Wissenschaften zu Göttingen.
  12. Walter, Glockenkunde, S. 715.
  13. Fotografien im Niedersächsischen Inschriftenarchiv, Akademie der Wissenschaften zu Göttingen.

Nachweise

  1. NLA WO 234 N, Nr. 10.
  2. Glocken-Inschriften, 1891 (Archiv des Museums Bückeburg, M 75), ohne Blattzählung.
  3. Kdm. Kreis Schaumburg-Lippe, S. 32.
  4. Museum Bückeburg, Schreiben von Wilhelm Kuhlgatz vom 27.6.1899.
  5. Albrecht, Glocken, S. 36.
  6. Albrecht, Bückeburger Stadtkirche, S. 168 u. Abb. 175 (spiegelverkehrt und auf dem Kopf stehend).

Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 97(†) (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0009702.