Inschriftenkatalog: Landkreis Schaumburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)

Nr. 12 Bückeburg, Stadtkirche 1369

Beschreibung

Glocke. Bronze. Provenienz unbekannt.1) Die Glocke ist als Schlagglocke im Giebel der Kirchenfassade angebracht. Inschrift A läuft zwischen zwei doppelten Schnurstegen unterhalb der Glockenschulter um. Inschrift B ist auf der Flanke unterhalb des Wortes KATERINA angebracht. Auf der Flanke weiterhin acht Medaillons: 1. der auferstehende Christus, 2. Paulus sitzend, in seiner Hand ein Buch, links von seinem Kopf läuft am Nimbus entlang ein Schriftband mit der Inschrift C, 3. Anbetung der Könige?, 4. Katharina, 5. Bischof,2) 6. Petrus sitzend mit dem Schlüssel, links und rechts des Schlüssels die Teile der Inschrift D, 7. Kreuzigungsgruppe, 8. Madonna im Strahlenkranz. Weiter unten ein weiteres Medaillon in Vierpassform mit einem Kopf mit Kopftuch, umgeben von drei Brakteatenabdrücken unterhalb des Wortes CHRISTE. Inschrift A ist erhaben konturiert; die Buchstaben sind aus aufgelegten Fäden geformt. B, C und D erhaben gegossen.

Maße: H.: 87 cm; Dm.: 96 cm; Bu.: 4,3 cm (A); ca. 0,75 cm (B), ca. 0,4 cm (C), ca. 0,2 cm (D).

Schriftart(en): Gotische Majuskel (A, C, D), Mischschrift aus Majuskeln und Minuskeln (B).

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Christine Wulf) [1/4]

  1. A

    · KATERINA ·a) O REX · GLORIE · CHR(IST)Eb) · VENI · CVM · PACE AMENc) ·

  2. B

    Mo · CCCo · lxo · ixo

  3. C

    S(ANCTVS) PAVLVS

  4. D

    PE//TRVS

Übersetzung:

Katerina. O König der Ehre, Christus, komm mit Frieden. Amen. (A)

Kommentar

Die Buchstaben der gotischen Majuskel in Inschrift A sind jeweils entweder nur in runder oder nur in eckig-spitzer Form vertreten. Die Bogenschwellungen und keilförmigen Enden der Buchstaben sind in Kontur ausgeführt. Nodi und Halbnodi als Verzierungen. Der Deckbalken des A und sämtliche Sporen als feine Striche. Rundes N durchgängig retrograd. Leicht eingerolltes G, oben fast geschlossen. Rundes T mit hochgezogenem Bogen. L mit ausgeprägtem Balkensporn. Die oberen Schrägschäfte und der rechte untere Schaft von X keilförmig verbreitert, der linke untere gebogen. Der gemeinsame Buchstabenabschnitt von E und R in KATERINA ist der Abschlussstrich des E.

Der Text O rex gloriae, veni cum pace ist vielfach auf Glocken belegt.3) Die Herkunft der Formel ist in der Forschung umstritten. Poettgen leitet sie aus dem liturgischen Formular der Kirchweihe ab: Wenn der Bischof in die Kirche eintritt, wird ein auf Psalm 23 beruhender Wechselgesang vorgetragen, der mit den Worten Attollite portas et introibit rex glorie beginnt und mit Pax huic domui endet.4) Eine Verbindung zwischen Kirch- und Glockenweihe besteht insbesondere darin, dass beides Vorrecht des Bischofs ist. O rex gloriae, veni nobis cum pace ist aber auch Teil einer Benedictio contra fulgura.5) Da Glocken besonders auch eine apotropäische Funktion gegen Gewitter zugeschrieben wurde und auf diese Funktion häufiger in Inschriften Bezug genommen wird, liegt eine Herkunft des Inschriftenspruchs aus dem Kontext des Wettersegens nahe.6) Weniger überzeugend ist die Herleitung aus der Gottesfriedensbewegung.7)

Textkritischer Apparat

  1. Vor und nach KATERINA Blüte als Worttrenner. KATERINA fehlt Kdm., NLA BU, Dep. 22 Nr. 610 u. Albrecht.
  2. Befund: XPE; fehlt Kdm., NLA BU, Dep. 22 Nr. 610 u. Albrecht.
  3. AMEN] fehlt Kdm., NLA BU, Dep. 22 Nr. 610 u. Albrecht.

Anmerkungen

  1. Heidkämper behauptet (allerdings ohne Quellenangabe), dass die Glocke aus Kirchhorsten stamme und von dort zunächst in die Jetenburger Kirche gelangt sei (NLA BU, Dep. 22 Nr. 610 (Heidkämper, Die Glocken in den luth. Kirchen Schaumburg-Lippes), fol. 250ar). Vgl. Heidkämper, „Die frühere Kirchengemeinde Kirchhorsten“, in: Das Nesselblatt 1934, Nr. 1, ohne Seitenzählung: Laut einem Schreiben von 1603 sei „vor 30 Jahren“ in Kirchhorsten „die Klocken herniedergenommen und nach Bückeburg geschafft“ worden. Vgl. dazu auch Philipp, Die älteste Glocke Bückeburgs, Anm. 4 auf S. 62.
  2. Möglicherweise handelt es sich um ein Pilgerzeichen aus Nikolausberg bei Göttingen (Philipp, Die älteste Glocke Bückeburgs, S. 61).
  3. Vgl. Nr. 28, 31, 33 u. 424. Weitere Belege bei Walter, Glockenkunde, S. 162–167; vgl. auch DI 62 (Lkr. Weißenfels), Nr. 9, DI 64 (Lkr. Querfurt), Nr. 7 und DI 88 (Lkr. Hildesheim), Nr. 6.
  4. Poettgen, Zur Theologie früher Glockeninschriften, S. 75f.
  5. Franz, Die kirchlichen Benediktionen, Bd. 2, S. 87.
  6. Dazu Kizik, Funktion der Glockeninschriften, S. 204–206. Vgl. auch Nr. 5.
  7. Jäger im Kommentar zu DI 62 (Lkr. Weißenfels), Nr. 9 mit weiterführenden Literaturangaben; vgl. Kizik, Funktion der Glockeninschriften, S. 204.

Nachweise

  1. Kdm. Kreis Schaumburg-Lippe, S. 32 (A).
  2. NLA BU, Dep. 22 Nr. 610 (Heidkämper, Die Glocken in den luth. Kirchen Schaumburg-Lippes), fol. 250ar (A).
  3. Albrecht, Glocken, S. 34 (A).
  4. Philipp, Die älteste Glocke Bückeburgs, S. 60f.

Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 12 (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0001209.