Inschriftenkatalog: Rheingau-Taunus Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 43: Rheingau-Taunus-Kreis (1997)

Nr. 506 Johannisberg, Schloß (aus Rüdesheim, Brömserhof?) um 1588?

Beschreibung

Namens- und Spruchinschriften auf Bildnissen des bisher unpublizierten Bilderzyklus von Ahnen und Familienmitgliedern der Brömser von Rüdesheim, insgesamt acht Bilder mit 16 Porträts. Heute sind die teilweise an den Rändern beschnittenen Ölgemälde im Westflügel des Schlosses im Treppenhaus und in einzelnen Räumen aufgehängt. Dargestellt sind jeweils Ehepaare, links der Mann, rechts die Frau. Zwischen den Porträts stehen die Allianzwappen, darunter sind die Inschriften auf dunklem Schriftfeld in hellerer Farbe aufgemalt.

1. Konrad d.J. Brömser von Rüdesheim und Irmtraud von Dagsburg. Darunter in drei Feldern Lobgedicht, jeweils vierzeilig.

Maße: H. 96, B. 112,5, Bu. 2-4 cm.

Schriftart(en): Fraktur.

  1. Herr Conrad Brombser Lobesam Von Rüdeszheim dem Edlen stam Ein Ritter thewr Herr Conradts Sohn Mit Irmentrud sein weibe schon // Hatt er gelebt mit werden Muth Wie solchs ein Instrument aüszweist Welchs vffgericht mit allem fleisz Im Jar Zwelffhundert achtzig acht // Regirt ein Kaÿser Lobesam Dem er sich auch zu dienste from Gebrauchen lassen. Vnndt darbeÿ Viel Ehr vndt gut erworben freÿ

 
Wappen:
Brömser von Rüdesheim; Dagsberg.

Versmaß: Deutsche Reimverse.

Die Tracht der dargestellten Personen entspricht nicht der des 13. Jahrhunderts. Die der Inschrift zugrundeliegende genealogische Information floß auch in spätere Stammtafeln ein, läßt sich aber so nicht verifizieren. Dem hier genannten Konrad wurde von Humbracht1) eine Irmtraud von Dagsburg zugewiesen; das Wappen stellt in der Tat dasjenige der Grafen von Dagsberg dar. Ob er der Sohn (ca. 1255) des ersten Brömsers Giselbert war,2) läßt sich nicht beweisen.

2. Simon Brömser von Rüdesheim und Gisela Kämmerer von Worms gen. von Dalberg. Zwischen beiden Köpfen Jahreszahl (A); Allianzwappen, darunter zwei Namensinschriften als zwei- bzw. einzeilige Bildunterschriften (B).

Maße: H. 96, B. 112, Bu. 2,5-4 cm.

Schriftart(en): Kapitalis (A); Fraktur (B).

  1. A

    ANNO 1317

  2. B

    H(err) Simon Brömbser von Rüdesheim Ritter. / Hern Konradsz vnd frau Irmendrutten Son · // frau Gieszella Herren Gerhardsz Dochter desz / Kämerer eines Ritters v(on) Wormbsz der mutter

 
Wappen:
Brömser von Rüdesheim; Kämmerer von Worms gen. v. Dalberg.

Simon, nach dem Zyklus Sohn des oben unter Nr. 1 genannten Konrad Brömser von Rüdesheim, war 1332 Testamentsvollstrecker Hanzelins von Geroldstein (Nr. 46) und kommt urkundlich wohl noch 1348 vor.3) Eine angebliche Urkunde von 1317 nennt als Simons Ehefrau Gisela Kämmerer; diese Urkunde wurde aus Bemerkungen zur „Alten Stammtafel der Brömser“ erschlossen.4) Die ihr zugrundeliegende Information stammt aber offenbar aus derselben Quelle, wie die im Zyklus konstruierte und danach datierte Eheverbindung, denn Gisela (Nr. 47) ist zweifelsfrei als Ehefrau des Konrad von Rüdesheim (Nr. 45) nachzuweisen.

3. Johann Brömser von Rüdesheim und Adelheid von Geisbusch. Zwischen beiden Köpfen Jahreszahl (A); Allianzwappen, darunter Namen als jeweils zweizeilige Bildunterschriften (B).

Maße: H. 95,5, B. 111,5, Bu. 2,3-4,5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis (A); Fraktur (B).

  1. A

    ANNO 1363 ·

  2. B

    Herr Johan Brömbser von Rüdesheim Ritter / Herren Gieselbrecht vnd Frau Mechtilden Son · // Frau Adelheid von dem geisbusch deren M[utt]/er war ein frau von Reipelskirchen

 
Wappen:
Brömser von Rüdesheim; Geisbusch.

Mit der hier angegebenen Zeitstellung läßt sich weder die Filiation des Johann noch seine Ehe zuverlässig nachweisen; bei Humbracht wird der mit Adelheid vom Geisbusch verheiratete Johann als Sohn des Simon (oben Nr. 2) bezeichnet. Offenbar beruht diese Information wiederum auf der Verarbeitung jüngerer Hausüberlieferung.

4. Johann Brömser von Rüdesheim und Margarethe Boos von Waldeck. Zwischen beiden Köpfen Jahreszahl (A), Allianzwappen, darunter Namen als jeweils zweizeilige Bildunterschriften (B).

Maße: H. 95, B. 112, Bu. 1,5-3 cm.

Schriftart(en): Kapitalis (A); Fraktur (B).

  1. A

    ANNO 1424 ·

  2. B

    Herr Johan Brömbser von Rüdesheim Ritter / Herr Johanen vnd Frau Erlanden Son // Frau Margareta Bösin von Waldec[k] / der Mutter war ein Frau von Eltz

 
Wappen:
Brömser von Rüdesheim; Boos von Waldeck.

Johann war der Sohn aus der Eheverbindung des von 1394 bis 1422 belegten gleichnamigen Trierer Amtmannes auf Burg Sterrenberg und Rheingauer Viztums5) mit Erland, Tochter Heinrichs von der Spor zu Rüdesheim und der Hebela von Weingarten. Nach dem Tode seiner ersten Ehefrau Elisabeth vom Geisbusch verheiratete sich Johann d.J. mit Margarethe, Tochter des Paul Boos von Waldeck und der Demut zu Eltz.2)

5. Heinrich Brömser von Rüdesheim und Apollonia von Ingelheim, zwischen beiden Köpfen Jahreszahl (A), Allianzwappen, darunter Namen als jeweils zweizeilige Bildunterschriften (B).

Maße: H. 95, B. 113, Bu. 2,2-4 cm.

Schriftart(en): Kapitalis (A); Fraktur (B).

  1. A

    ANNO 1509

  2. B

    Henrich Brömbser Von Rudesheim / ein Son Henrichs und Anna // Frau Apollonia von Ingelheim ihr Mu[t]/ter War ein Brendelin von Homburg ·

 
Wappen:
Brömser von Rüdesheim; Ingelheim.

Heinrich war der Sohn des gleichnamigen Saarbrücker Amtmannes und der Anna, Tochter Dieters von Rüdesheim und der Anna Vogt von Hunolstein. Er war 1521-32 Rheingauer Viztum;6) 1509 heiratete er Apollonia, Tochter des mainzischen Schultheißen zu Oberingelheim, Karl, und der Dorothea Brendel von Homburg.2) Ihr durch Kriegseinwirkungen 1944 teilweise zerstörtes Renaissanceepitaph befindet sich noch in der Rüdesheimer Pfarrkirche (Nr. 422).

6. Heinrich Brömser von Rüdesheim und Walburga von Greiffenclau zu Vollrads, zwischen beiden Köpfen Jahreszahl (A); Allianzwappen, darunter Namen als jeweils zweizeilige Bildunterschriften (B).

Maße: H. 95, B. 113, Bu. 2-4,5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis (A); Fraktur (B).

  1. A

    ANNO 1504 ·

  2. B

    Henrich Brömser von Rüdesheim Hen=/richs vnd Frau Apollonien Son // Frau Walpurg Greiffenklauin von Vo[l]/rahts deren Mutter war ein Bucheszin v(on) s(taden) / anno 1504a)

 
Wappen:
Brömser von Rüdesheim; Greiffenclau zu Vollrads.

Heinrich (Nr. 459) war der Sohn des unter Nr. 5 aufgeführten Ehepaares. 1537 verheiratete er sich mit Walburga, Tochter Friedrichs von Greiffenclau zu Vollrads und der Anna Buches von Staden.2) Heinrich ist der Erbauer des älteren Teiles des Brömserhofs in Rüdesheim (Nr. 277) im Jahr 1542; er ließ auch 1558/59 das Innere des Ahnensaals (Nr. 453) ausmalen.

7. Heinrich Engelhart (Engelbrecht, Engelbert) Brömser von Rüdesheim und Loretta von Breidbach, zwischen beiden Köpfen Jahreszahl (A); Allianzwappen, darunter zwei Namen als jeweils zweizeilige Bildunterschriften (B).

Maße: H. 95, B. 113, Bu. 1,5-5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis (A); Fraktur (B,C).

  1. A

    ANNO 1566 ·

  2. B

    Henrich Engelbrecht Brömbser von Rüdes=/heim Henrichs vnd Frau Walpurgen Son // Frau Lauretta von Breidtbach Ihr Mut[ter] / ein Kämerin von Wormsz genand v(on) Dalbe[rg]

 
Wappen:
Brömser von Rüdesheim; Breidbach.

Heinrich Engelhart IV. (Nrr. 469, 518) war der Sohn des hier unter Nr. 6 aufgeführten Ehepaares. Er heiratete zweimal: im Jahre 1560 Maria von Ried, die am 10. September 1564 starb (Nr. 462), und 1565 die hier abgebildete Loretta von Breidbach (Nr. 482).

8. Ehepaar Johann (Hans) Reichard Brömser von Rüdesheim und Margarethe von Kronberg; Allianzwappen, darunter gereimte Inschrift, in je zwei Zeilen nebeneinander gesetzt.

Maße: H. 95, B. 112,5, Bu. 2,5-3 cm.

Schriftart(en): Fraktur.

  1. Hans Reichart Brömbser Wolgemut / Von Rüdesheim dem Edlen blut // Zur Ehe, dern Mutter Anna gnant / Geborne RiedEslin bekandt ·

 
Wappen:
Brömser von Rüdesheim; Kronberg (Flügelstamm).

Versmaß: Deutsche Reimverse.

Johann Reichard (Nr. 566) wurde 1566 als Sohn des unter Nr. 7 aufgeführten Ehepaares geboren. Am 21. Mai 1588 schloß er die Ehe mit der vermögenden Erbin Margarethe von Kronberg. Sie brachte neben einem beträchtlichen Grundeigentum auch eine reiche Aussteuer mit nach Rüdesheim, u.a. die Brauttruhe (vorherige Nr.); der „Kronberger Tisch“ mit Porträts ihrer Familie gelangte später nach Rüdesheim.7) Nach ihrem Tode 1609 ging Johann Reichard ein Jahr später die Ehe mit Maria Waltbott von Bassenheim ein.2)

Gründe für die Anfertigung solcher Ahnenzyklen, die, wie im vorliegenden Fall, nicht immer mit der historischen Stammfolge übereinstimmten, lagen in dem zu dieser Zeit weit verbreiteten genealogischen Interesse sowie in der Darstellung der Ehe als Rechtsverhältnis. Zugleich dienten sie als Nachweis legitimer Abstammung.8) Für weit entfernte Generationen konstruierte man oft Eheverbindungen und Abstammungslinien. Da das Gemälde mit Johann Reichard das letzte des Gesamtzyklus darstellt, hat er als Auftraggeber zu gelten. Möglicherweise wurde der Auftrag für die Ahnenporträts anläßlich seiner Eheschließung mit Margaretha von Kronberg im Jahre 1588 oder kurz danach erteilt. Der ausführende Künstler ist unbekannt, auch sind archivalische Nachrichten zur Auftragvergabe bislang nicht bekannt geworden. Johann Reichard wird nachgesagt, daß er 1616 eine eigenhändig ausgeführte Stammtafel seiner Familie an den Mainzer Genealogen Georg Helwich sandte und dessen ihm nicht einsichtige Ergänzung der Generationen vor der Verbindung mit den Kämmerern von Worms (oben Nr. 2) wieder tilgte. Er bemerkte dazu: „find ich nit in meinen Litteralien“.9) Der Zyklus muß früher entstanden sein, weil Johann Reichard mit der Kronbergerin (oben Nr. 8) als junges Paar abgebildet ist und er selbst nach seinen genealogischen Studien nicht mehr an die Generationen vor Simon (oben Nr. 2) glaubte. Offenbar lagen dem Zyklus, der noch mehr Generationen enthalten haben kann, ähnliche Informationen zugrunde wie Helwich. Für eine frühe Entstehung spricht außerdem die Existenz zweier Bilder (Nrr. 525, 535) von früh verstorbenen Söhnen Johann Reichards mit der Kronbergerin und zweier Porträtbilder des gealterten Johann Reichard und seiner zweiten Gattin Maria von Waldbott zu Bassenheim aus dem Jahr 1613 (Nrr. 565, 566); beide Bilderpaare sind nicht in der Art des großen Zyklus gestaltet.

Die Brömserfolge gehört zu dem Typ nachträglich angefertigter Ahnengalerien, die in Gestaltung, Format und Stil einheitlich sind. Zudem wurde Wert darauf gelegt, daß Kleidung und Rüstung der abgebildeten Vorfahren mit denen ihrer historischen Lebenszeit in etwa übereinstimmten. Demgegenüber wurden die Inschriften in der für die Entstehungszeit der Gemälde typischen Fraktur aufgeführt. Vor allem bei den Frauenbildnissen lassen sich drei verschiedene Gesichtstypen unterscheiden. Ein individueller Porträtcharakter ist dennoch nicht festzustellen. Allenfalls in Bildnis Nr. 8 dürften lebensnahe Porträts zu vermuten sein, da sie den Rahmen der vorher verwendeten Stereotypen verlassen.

Textkritischer Apparat

  1. Klein am unteren Bildrand.

Anmerkungen

  1. So Humbracht Taf. 159.
  2. Möller, Stammtafeln AF I Taf. XXXII.
  3. Oidtman, Die adeligen Geschlechter 280, auch zum folgenden. Nach Möller (wie Anm. 2) war er ein Sohn des Johann Brömser.
  4. Nach Oidtman 280 Anm. 228; vgl. auch unten bei Anm. 9.
  5. Witte 229 Nr. 35 mit Amtsdauer von 1415-1417/18.
  6. Ebd. Nr. 48.
  7. Vgl. Einleitung Kap. 6.2.
  8. Vgl. allgemein B. Hinz: Studien zur Geschichte des Ehepaarbildnisses. In: Marburger Jb. f. Kunstwiss. 19 (1974), 139-218.
  9. Vgl. Oidtman 287 nach Bemerkung Bodmann 1, 352 Anm. g.

Zitierhinweis:
DI 43, Rheingau-Taunus-Kreis, Nr. 506 (Yvonne Monsees), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di043mz05k0050609.