Inschriftenkatalog: Rheingau-Taunus Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 43: Rheingau-Taunus-Kreis (1997)

Nr. 292(†) Geisenheim, Kath. Pfarrkirche Zur Kreuzauffindung 1496

Beschreibung

Verlorene Grabinschrift des Ritters Wilhelm von Scharfenstein auf erhaltener Deckplatte eines Hochgrabes. Der ursprüngliche Bestattungsort wird von Helwich mit „a dextris iuxta aram majorem“, also rechts nahe beim Hochaltar, angegeben. Heute befindet sich das Denkmal aus rotem Sandstein an der nördlichen Innenwand der Westvorhalle der Kirche. Im stark vertieften Mittelfeld ist das überlebensgroße Relief des Verstorbenen in voller Rüstung zu sehen. Zu Häupten der Figur befinden sich zwei Vollwappen, neben den Unterschenkeln zwei weitere, leere Wappenschilde, zu Füßen zwei Löwen. In der Barockzeit wurde das Relief abgearbeitet und die Platte als Mensa für den Hochaltar verwendet; 1936 an den heutigen Standort versetzt. Die auf dem abgeschrägten Rand umlaufende Grabinschrift war höchstwahrscheinlich aufgemalt.

Nach Helwich.

Maße: H. ca. 240 cm, B. ca. 142 cm.

  1. Anno domini m cccc lxxxxvi vf den xxx Dag des Mondes Maii starb der vest Wilhelm von Scharppenstein seines Alters lxxxii Jar dem Gott vnd allen glaubigen Selen barmhertzig si amen.

Wappen:
(Grüne von) Scharfenstein, ? (leer); ? (zwei Balken)1), ? (leer).

Kommentar

Das Fürbittformular am Schluß der Inschrift begegnet in der vorliegenden Form hier erstmals im Bearbeitungsgebiet.2)

Humbracht nennt lediglich einen Wilhelm von Scharfenstein, der die Tochter Konrads von Erlen und der Lisa von Hohenweisel (Nr. 283) geheiratet hatte.3) Das von Helwich genannte Wappen Lindau würde auf die 1427-1442 belegte Margarethe, Tochter des Heinrich Monich (Münch) von Lindau, hindeuten, die in zweiter Ehe mit einem von Scharfenstein verheiratet war.4) In einer Schlichtungsurkunde des Geisenheimer Gerichts vom 6. März 1488 ist diese Margarethe als Wilhelms Mutter bezeichnet.5)

Anmerkungen

  1. Helwich: Lindau.
  2. Vgl. Einleitung Kap. 4.1.3. Eine vergleichbare, aber kürzere Form denen Gott barmherzig sein wolle amen in Biebelsheim 1498, vgl. DI 34 (Lkr. Bad Kreuznach) Nr. 189; in der Form der Gott gnedig und barmerzig sy amen auf dem verlorenen Grabstein der Margret von Rodenstein von 1475 in der Oppenheimer Katharinenkirche, vgl. DI 23 (Oppenheim) Nr. 102, oder in der Version der selen gott gnedig und barmhertzig sy amen auf dem von 1476 stammenden Doppelepitaph des Wolff Kämmerer von Dalberg und seiner Frau Gertrud von Greiffenclau, vgl. ebd. Nr. 104, dagegen erst 1520 in Worms, vgl. DI 29 (Worms) Nr. 402.
  3. Humbracht Taf. 216.
  4. Möller, Stammtafeln NF II Taf. LXIV.
  5. Schlichtung des Streites zwischen Wilhelm von Scharfenstein und dem Mainzer Burggrafen Philipp von Rödelheim d.J. um das Erbe der Margarethe von Lindau betreffs Zinsen zu Eltville, vgl. HHStAW 108/462.

Nachweise

  1. Helwich, Syntagma 282.
  2. Roth, Geschichtsquellen III 290.

Zitierhinweis:
DI 43, Rheingau-Taunus-Kreis, Nr. 292(†) (Yvonne Monsees), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di043mz05k0029202.