Inschriftenkatalog: Rheingau-Taunus Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 43: Rheingau-Taunus-Kreis (1997)

Nr. 265 Eberbach, Klosterkirche 1484

Neuer Standort: Die Grabplatte befindet sich aktuell im Südseitenschiff der Klosterkirche. Sie ist aufgestellt im ersten Joch von Westen an der Südwand.

Beschreibung

Grabplatte des Stiftsherrn und Zollschreibers Ludwig Hammer aus St. Goar, dessen Grab nach Helwich im Kirchenschiff vor dem Altar der vier Kirchenväter lag; heute aufrecht an der Innenwand des Nordseitenschiffes (Plan K Nr. 4). Platte aus rotem Sandstein mit dem Flachrelief des Geistlichen im Ornat mit Stola, den Kelch vor seiner Brust segnend, rechts über dem Arm den Manipel tragend. Aus zwei flankierenden, gedrehten Säulchen emporwachsende, reiche Kielbogen- und Maßwerkarchitektur. Links oben Steinmetzzeichen (Nr. 2), Grabinschrift auf dem Rand der gut erhaltenen Platte zwischen Linien umlaufend, vier Ecken durch Rosetten markiert, florale Verzierung am Schluß der Inschrift.

Maße: H. 255, B. 122, Bu. 7 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Forschungsstelle Die Deutschen Inschriften bei der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz, Foto: TGTempel [1/1]

  1. Annoa) · d(omi)ni · mo / cccco · lxxxiiii · die · francisci · O(biit)b) · d(omi)n(u)s · lvdowic(us) · ham(m)er · [....]c) decan(us) · ecc(les)ie · sancti / goar[i]s · cui(us) · a(n)i(m)a · requiescat · in paced) · amen

Datum: 4. Oktober 1484.

Kommentar

In der Gestaltung der Grabfigur und des sie umgebenden Architekturwerkes zeigte der Steinmetz handwerkliches und kompositorisches Geschick. Hammers Gestalt im Ornat wirkt plastisch bewegt durch die Spannung zwischen den horizontalen Schüsselfalten der Kasel und den vertikalen Faltenbahnen der Dalmatik. Der Grabbildgestaltung des signierten Werkes entspricht die kunstvoll ausgeführte Schriftform. Die Buchstaben sind gleichmäßig angeordnet und verraten vor allem bei den ornamentierten Versalien A und O die Umsetzung schreibschriftlicher Vorlagen.1) Ebenso sind die mit senkrecht und waagrecht ausgezogenen Zierstrichen versehenen Quadrangel als Worttrenner typisch für die Entstehungszeit gegen Ende des 15. Jahrhunderts.2)

Zwischen dem Stift St. Goar und den Grafen von Katzenelnbogen bestanden infolge der katzenelnbogischen Vogtei über das Stift seit dem 12. Jahrhundert enge Beziehungen.3) 1408 vertieften sie sich, indem Abt Friedrich von Prüm den Grafen von Katzenelnbogen das Recht zur Besetzung der zwölf Stiftskanonikate und neun Vikarien überließ, was sicherlich auch Einfluß auf die Dekanswahl gehabt haben dürfte.4) Ludwig Hammer stand in katzenelnbogischen Diensten. In seiner Funktion als gräflicher Zollschreiber zu St. Goar versah er zwischen 1473 und 14805) neben der Wahrnehmung priesterlicher Funktionen und seelsorgerischer Aufgaben u.a. 1478 für Graf Philipp d.Ä. Botendienste zu Herzog Wilhelm von Jülich und Berg.6) Die Grabinschrift bezeichnet Hammer aber als Dekan des Stiftes. Man sucht jedoch seinen Namen in den gerade für den in Frage kommenden Zeitraum unvollständigen Dekanslisten vergeblich. Fündig wird man dagegen nur in der Reihe der Stiftsherren und Kanoniker.7) Das Eberbacher Seelbuch nennt Hammer ebenso als „decanus“ und Wohltäter des Klosters.8)

Textkritischer Apparat

  1. Spitz ausgeformtes Versal mit gebrochenem Mittelbalken und beidseitig weit überstehendem Deckbalken.
  2. O ebenfalls reich verziertes Versal mit Hastenverdopplung und einem Kranz von Zierstrichen.
  3. Nicht deutbare Vorritzungen zu Buchstaben, deren Ausführung unterblieb.
  4. Scriptura continua.

Anmerkungen

  1. Vgl. Einleitung Kap. 5.5.
  2. Zu der Altersbestimmung anhand von Worttrennern vgl. auch DI 34 (Lkr. Bad Kreuznach) LIII-LVI. Dort tritt die hier vorgeführte Ausprägung allerdings erst um und kurz nach 1500 auf.
  3. Pauly, Stifte II 207-209.
  4. Ebd. 171.
  5. Demandt, Personenstaat 251 Nr. 987.
  6. Reg. Katz. II Nr. 5983 zu 1478 August 18.
  7. Wie Anm. 3, hier 257.
  8. Roth, Geschichtsquellen III 52.

Nachweise

  1. Helwich, Syntagma 159.
  2. Anonymus ed. Roth, Geschichtsquellen III 84.
  3. Bär, Epitaphiensmlg. fol. 1v.
  4. Würdtwein, Epitaphienbuch 236.
  5. Roth, Geschichtsquellen III 258.
  6. Beitr. Gesch. Erzstift 30.
  7. Monsees, Totengedächtnis- und Bauinschriften Abb. 7.

Zitierhinweis:
DI 43, Rheingau-Taunus-Kreis, Nr. 265 (Yvonne Monsees), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di043mz05k0026505.