Inschriftenkatalog: Regensburger Dom (I)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 74: Inschriften des Regensburger Doms (I) (2008)

Nr. 333 Domkirche, Südsakristei (Winterchor) 2. H. 15. Jh.

Beschreibung

Konsolbüste aus Stein an der Unterwölbung der Treppe zur südlichen Sakristei. Die leicht schielende Halbfigur ist farbig gefasst, der Chorrock ist schwarz, die weite Kappe oder Kapuze rot. Ein breites Spruchband mit zweizeiliger Inschrift umspannt die gesamte Konsolfigur1).

Maße: H. 17 cm, L. ca. 76 cm, Bu. 5,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

  1. Schuler ∙ dv hast ∙ nit ∙ czv schike(n) a) / dv ∙ ge ∙ // b) jn ∙ kor ∙ vnd ∙ sing ∙c)

Übersetzung:

Schüler, du hast hier nichts zu schaffen, du geh in den Chor und sing.

Kommentar

Seit dem 10. Jahrhundert ist in Regensburg eine Domschule belegt. Sie diente zur Unterrichtung von Kindern vornehmer Familien und zur Ausbildung von Klerikern. Die Knaben lebten im Kathedralbereich; jeweils ein Domherr führte den Titel magister scolarum. Über den Sinngehalt dieser Inschrift ist viel gerätselt worden2). Schlüssig scheint die Interpretation von Oskar Raith, dass es sich hier um einen Gewandbewahrer, Vestiarius oder Paramonarius handelt. Dieses Amt konnte von einem jungen Kleriker übernommen werden, der die niedrigen Weihen hatte3).

Textkritischer Apparat

  1. Wohl aus Platzmangel ohne Wortabstand.
  2. Unterbrochen durch die Hand der Figur.
  3. Die Trennzeichen sind Quadrangeln.

Anmerkungen

  1. Walderdorff, Regensburg 160; Kdm Regensburg I, 79; Bauer, Regensburg 709f. mit Abb.
  2. Nach Schuegraf, Dom II, 165-169 bezieht sich diese Inschrift möglicherweise auf einen Brauch der Domschüler, an Weihnachten oder am Tag der unschuldigen Kinder einen Kinderbischof auszuwählen und maskiert durch die Stadt zu ziehen; Soß Hans, Das städtische Elementarschulwesen Regensburgs im 16. und 17. Jahrhundert, VHVO 78 (1928) 14; Sturm Jakob, Historisch-Poetisch-Zeitverfassende Beschreibung der Stadt Regensburg, VHVO 31 (1875) 70; Bauer, Regensburg 709f.
  3. Raith Oskar, Schuler du hast nit czu schik ..., Anmerkungen zu einem Kleindenkmal im Regensburger Dom, in: Beiträge zur Flur- und Kleindenkmalforschung in der Oberpfalz 15 (1992) 112.

Nachweise

  1. Kdm Regensburg I, 79; Bauer, Regensburg 709; Schmid H. U., Mittelalterliche deutsche Inschriften 45, Nr. 62; Raith (wie Anm. 3), 110.

Zitierhinweis:
DI 74, Inschriften des Regensburger Doms (I), Nr. 333 (Walburga Knorr, Werner Mayer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di074m013k0033304.