Inschriftenkatalog: Regensburger Dom (I)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 74: Inschriften des Regensburger Doms (I) (2008)

Nr. 325 Kreuzgang, Südflügel, Ostseite, Südwand, 3. Joch 1500

Beschreibung

Grabplatte des Kanonikers Johannes Geginger aus rotem Marmor, liegend und leicht nach hinten geneigt in der Wand eingemauert1). Obwohl sie von der bildlichen Gestaltung her hochrechteckig konzipiert ist, befindet sie sich quergelegt an ihrem ursprünglichen Ort2). Die Platte ist von einem Profilrahmen aus grünem Sandstein umgeben. Die Inschrift auf erhöhtem Rand beginnt oben links, läuft bis oben rechts, fährt unten links fort und endet unten rechts. Im vertieften Feld, unter einem perspektivisch dargestellten Gewölbe, das mit Rundbogen und Maßwerk auf schlanken Säulchen ruht, die Gestalt des betenden Kanonikers leicht nach links gewandt, die Augen halb geschlossen. Er ist bekleidet mit Chorgewand, Almucia und Birett. Vom Betrachter aus oben links ein kleiner Wappenschild. Zur Grabplatte gehört eine mit dem Wappen des Domherren versehene Totenleuchte, in der ein ewiges Licht brannte, sowie ein Weihwasserbecken unmittelbar neben der Grabplatte an der Wand. Guter Zustand.

Maße: H. 118 cm, B. 244 cm, Bu. 8,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

  1. Anno ∙ d(omi)ni ∙ Mo ∙ ccccc ∙ In ∙ die ∙ Sancti ∙ Achacij ∙ obyt ∙ ven(erabi)lis a) ∙ d(omi)n(u)s / Johannes ∙ Geginger ∙ Canonic(us) ∙ Ratispon(ensis) ∙ Requiescat ∙ i(n) ∙ pace ∙ b)

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn 1500 am Tag des Hl. Achatius starb der ehrwürdige Herr Johannes Geginger, Domherr in Regensburg. Er möge ruhen in Frieden.

Datum: 1500 Juni 223).

Wappen:
Geginger4).

Kommentar

Johannes Geginger stammte von einem freien Hof bei Hainsbach (Gde. Geiselhöring, Lkr. Straubing-Bogen/NB.), dem Gegungshof5). Im Jahr 1443 erscheint er als öffentlicher Notar und von 1447 bis 1456 als Notar und Kanzler des Regensburger Bischofs6).

Nachdem er das Amt des Scholastikus an der Alten Kapelle 1459 resigniert hatte, wurde er im selben Jahr in das Domkapitel berufen7). Er gehörte 1465 zu den Unterzeichnern der Wahlkapitulation zur Wahl Heinrichs von Absberg (s. Kat.-Nr. 293) zum Regensburger Bischof8). 1476 erscheint er als einer der iurisperiti in einem Prozess9). Von 1487 bis 1489 vertraute ihm das Domkapitel das Amt eines magister fabricae an. Er war zuständig für die Finanzen des Dombaues10).

Im Jahre 1468 schenkte er dem Dom zwei große silberne Bildwerke der Muttergottes (s. Kat.-Nr. 244) und des Hl. Johannes des Täufers11). An der Ostseite des Domes an der Außenwand ist ein von ihm gestiftetes Votivbild mit der Datierung 1479 angebracht (s. Kat.-Nr. 266). Im Jahre 1497 übergab er der domkapitelinischen Bibliothek eine Biblia Sacra mit vergoldeten Initialen und einer Inschrift in der Innenseite: Anno D(omi)ni 1497 die martis vltimi mensis Januarii ven(erabi)lis vir D(omi)n(us) Joh(ann)es Geginger cano(n)i(cu)s rat(isponensis) presentem librum ad librariam eccl(es)ie rat(isponensis) donavit12).

Er begegnet in einer Lehenssache der Familie Paulsdorf und als Testamentsexekutor des Domherren Nikolaus von Redwitz d. Ä. (s. Kat.-Nr. 233)13). Als Bischof Heinrich IV. den Mainzer Domherren und Domkantor Rupert, Pfalzgraf von Sponheim, im Jahr 1487 zum Koadjutor bestellte, wurde ein Notariatsinstrument verfasst, das neben anderen Domherren auch Johann Geginger unterzeichnete14). 1490 ist er als einer der geistlichen Spitalräte des Katharinenspitals nachweisbar15).

Als magister fabricae wohnte er zunächst am Kornbühl, in der Nähe des Klarenangers, dann im Kanonikalhof in der Pfauengasse16).

Johannes Geginger stiftete auch einen Jahrtag bei den Minoriten, der gemeinsam mit dem des Ulrich Aumayer, Weihbischof in Regensburg (s. Kat.-Nr. 243), am 13. Juli gefeiert wurde17).

Textkritischer Apparat

  1. lis hochgestellt.
  2. Die Trennzeichen sind Quadrangeln.

Anmerkungen

  1. Freytag/Hecht 18; Kdm Regensburg I, 188 (mit Abb. 107); Hubel, Mittelalterliche Plastik in Kreuzgang und Kapitelhaus 70 (Abb. 21, 22); anders Hilz, St. Salvator, 60 (Anm. 503), 71 (Anm. 600) u. 78 (Anm. 695): Grabstätte bei St. Salvator; hier handelt es sich um eine Gedenkinschrift für die Jahrtagsstiftung des Domherren, s. u. Anm. 16.
  2. Eppinger 12: Ein Stein an der Wand lainend; Handschriftensammlung 21; Hubel, (wie Anm. 1).
  3. Paricius, Nachricht 45; Walderdorff, Regensburg 482 nennen als Sterbejahr 1501; MGH Necr. III, 255 und Primbs, Jahr- und Totenbuch 262 geben die Datierung der Grabplatte wieder.
  4. Si3 118, hier wird auf die Herkunft der Familie aus Schwaben hingewiesen; Handschriftensammlung 21; Primbs, Jahr- und Totenbuch 268; Schuegraf, Dombaurechnungen 136.
  5. Primbs, Jahr- und Totenbuch 268; Ries, Generalschematismus.
  6. Schultz, Notariat 130f.
  7. Schmid, Alte Kapelle 118; weitere urkundliche Belege bei Schmid, Urkunden-Regesten I, 199, 203.
  8. Oefele I, 223; Janner, Bischöfe III, 535.
  9. Iurisperiti sind offensichtlich selten in den Gerichtsakten nachzuweisen, vgl. hierzu Deutsch, Ehegerichtsbarkeit 106 (Anm. 240).
  10. Bernclau, Episcopatus 219; Hubel, Mittelalterliche Plastik in Kreuzgang und Kapitelhaus 70; ders., Regensburger Dombauhütte 24; er war auch an der Vollendung der Einwölbung des östlichen Kreuzgangflügels beteiligt; vgl. hierzu Schuegraf, Dom II, 116; Schuegraf, Dombaurechnungen 203.
  11. Hubel, Mittelalterliche Plastik in Kreuzgang und Kapitelhaus 70; ders., Domschatz 18f. mit Anm. 13-15.
  12. Schuegraf, Dombaurechnungen 137.
  13. Paulsdorfer Regesten, Nr. 245; Ried, Codex II, 1038, 1040.
  14. Janner, Bischöfe III, 598.
  15. Dirmeier, St. Katharinenspital 578.
  16. Schuegraf, Dombaurechnungen 137; das Haus am Kornbühl, St. Petershaus genannt, gehörte zur Dombauhütte; vgl. hierzu Schuegraf, Dom I, 121, 137, 141.
  17. MGH Necr. III, 255; Primbs, Jahr- und Totenbuch 262; bei den Minoriten hatte der Domherr auch eine Gedenkinschrift, die bereits in DI 40 (Regensburg I), Kat.-Nr. 148 bearbeitet wurde.

Nachweise

  1. Eppinger 12, 28; Handschriftensammlung 21; Zirngibl, Epitaphia 51; Ried, Collectio 27r; Schuegraf, Dombaurechnungen 137; Sammlung Heckenstaller 359; Hubel, Mittelalterliche Plastik in Kreuzgang und Kapitelhaus 70.

Zitierhinweis:
DI 74, Inschriften des Regensburger Doms (I), Nr. 325 (Walburga Knorr, Werner Mayer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di074m013k0032502.