Inschriftenkatalog: Regensburger Dom (I)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 74: Inschriften des Regensburger Doms (I) (2008)

Nr. 323 Domkapitelhaus, Lapidarium, über dem Portal der Kapelle zur Verlassenheit 1500

Beschreibung

Querrechteckiges Epitaph des Georg von Paulsdorf aus grünem Sandstein mit Resten von farbiger Fassung, über dem Portal der Rastkapelle in die Wand eingemauert1). Das Epitaph besteht aus drei Steinplatten mit vertikalen Fugen. Im unteren Viertel auf einer Schriftrolle eine vierzeilige erhaben gehauene Inschrift (I), die durch die zwei vertikale Fugen unterbrochen ist. Darüber im Viertelrelief die Darstellung der Erweckung des Lazarus2). Im Zentrum die Figur des Lazarus, der sich gerade aus dem Sarkophag erhebt, über ihm zwei Schriftbänder mit Inschriften (II). Im linken Teil des Epitaphs sind der segnende Christus mit vier Aposteln, rechts die zwei trauernden Schwestern Maria und Martha, eine weinend, die andere betend dargestellt. Im Hintergrund die drei sie begleitenden Männer. Rechts außen der Hl. Georg mit Lanze, vor ihm die Gestalt des Stifters. Die unteren Ecken füllen links der Wappenschild der Familie Paulsdorf, rechts Helm und Helmzier. Das Epitaph zeigt schwache Reste einer farbigen Fassung und ist stark verwittert. Mit einiger Wahrscheinlichkeit kann es dem Spätwerk Wolfgang Roriczers zugeordnet werden3).

Maße: H. 94 cm, B. 155 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

  1. I.

    Anno d(omi)ni Mo ccccco in vigilia pasce Obijt venerabilis et nobilis d(omi)n(u)s Georgius de / Paulsdorff Canonic(us) Scolastic(us) et Episcopalis Capellanus In Ecclesia Ratisponensi / p(a)rochialis sancti dionisy superioris mo(na)stery pleban(us) In Ambitu sub lapide leopol/di de Paulstorff sui agnati sepult(us) Cuius anima in pace Cristi Requiescat amen a)

  2. II.

    d(omi)ne ∙ iam ∙ fetet ∙ // b) quadriduan(us) // b) ∙ enim ∙ est ∙ // c) lazare ∙ // b) veni ∙ foras

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1500 am Vorabend des Osterfestes starb der ehrwürdige und edle Herr Georg von Paulsdorf, Domherr, Scholasticus und bischöflicher Kaplan in der Regensburger Kirche, Pfarrer der Pfarrei St. Dionysius zu Obermünster, im Kreuzgang unter dem Stein seines Verwandten, Leopold von Paulsdorf, begraben. Seine Seele ruhe im Frieden Christi. Amen. (I)

Herr, er riecht aber schon, denn es ist bereits der vierte Tag. Lazarus, komm heraus. (II)

Bibel- und Schriftstellerzitat(e):

  • Ioh 11, 39, 43. (II)

Datum: 1500 April 184).

Wappen:
Paulsdorf5).

Kommentar

Georg von Paulsdorf war der Sohn Wilhelms II. von Paulsdorf6) und der Margareth Ecker von Oberpöring7). 1474 studierte er zusammen mit seinem Bruder Hans an der Universität Ingolstadt8). 1470 wurde er in das Domkapitel aufgenommen, erhielt 1482 die Pfarrei Oberschneiding (Lkr. Straubing-Bogen/NB.), wurde 1483 bischöflicher Kaplan, 1485 Scholastikus, 1495 Pfarrer von Mariaposching (Lkr. Straubing-Bogen/NB.) und 1499 Pfarrer von Obermünster; nebenher versah er noch die Schloßkaplanei von Altrandsberg (Gde. Miltach, Lkr. Cham/Opf.)9). 1477 wurde er in die Marienbruderschaft aufgenommen10). Urkundlich erwähnt wird er in den Jahren 1483, 1484, 1490 und zum letzten Mal 149811). Georg von Paulsdorf wurde der Inschrift zufolge in der Mittelhalle des Domkreuzganges unter der Grabplatte seines Verwandten väterlicherseits, Leopold von Paulsdorf, (s. Kat.-Nr. 163) bestattet12). Bei den Minoriten wird ein weiteres Mal an den Domherren erinnert. Er ist als kniender Stifter gemeinsam mit dem Domherren Wilhelm von Holdingen in einem Fresko des Apostelzyklus im Mittelschiff der Kirche dargestellt13).

Textkritischer Apparat

  1. Am Ende der Inschrift ein Zierzeichen.
  2. Knick im Schriftband.
  3. Wechsel vom ersten zum zweiten Schriftband.

Anmerkungen

  1. Freytag/Hecht 35; Kdm Regensburg I, 201.
  2. Schuegraf, Dom II, 122: ein steinernes Denkmal zu Ehren der Muttergottes.
  3. Hubel, Mittelalterliche Plastik in Domkreuzgang und Kapitelhaus 68f. (mit Abb. 19, 20).
  4. MGH Necr. III, 251 nennen den 19. April 1500; Jahr- und Totenbuch 233: 16. April 1518; Primbs, Paulsdorfer 107: 16. April 1510.
  5. Hylmair, Wappenbuch 40; BayA1 51; Primbs, Paulsdorfer 102-104.
  6. Bestattet in der Regensburger Minoritenkirche, zum Grabstein vgl. DI 40 (Regensburg I), Kat.-Nr. 121.
  7. Ebenda, Kat.-Nr. 153.
  8. Primbs, Paulsdorfer 90 sowie Stammtafelbeilage; Krick, Stammtafel 276; Märtl, Familienbriefwechsel 72; Matrikel der Universität Ingolstadt, Sp. 26 (Immatrikulation im Wintersemester 1473); vgl. auch Hilz, St. Salvator 220.
  9. Leoprechting 102; Bernclau, Episcopatus 328; Primbs, Paulsdorfer 90; Janner, Bischöfe III, 543f.; Ries, Generalschematismus 46; in StBR Ms.Bav. 1460 befindet sich das Originalschreiben Herzog Georgs des Reichen an den Regensburger Bischof Rupert vom 2. November 1495 über die Verleihung der Pfarrei Posching (Mariaposching) an Georg Paulsdorfer; Krick, Domstift Passau 51 führt ihn auch als Domherr von Passau auf und nennt ihn zudem im Jahr 1495 noch als Pfarrer von Paring (Lkr. Kelheim/NB.).
  10. Primbs, Paulsdorfer 90.
  11. Paulsdorfer Regesten Nrn. 281, 284, 287, 296, 315a; Märtl, Familienbriefwechsel 78.
  12. Hund, Stammenbuch II, 215; Primbs, Paulsdorfer 90; Zirngibl, Epitaphia 1785/86, Nr. 301: Loc(us) sepult(urae) incert(us), er überliefert uns die Inschrift einer offensichtlich verlorenen Grabplatte, die sich wohl in der Familiengrablege der Paulsdorfer in der Minoritenkirche befunden hatte; vgl. hierzu DI 40 (Regensburg I), Kat.-Nr. 147.
  13. DI 40 (Regensburg I), Kat.-Nr. 211.

Nachweise

  1. Eppinger 31; Handschriftensammlung 107; Hubel, Mittelalterliche Plastik in Domkreuzgang und Kapitelhaus 68.

Zitierhinweis:
DI 74, Inschriften des Regensburger Doms (I), Nr. 323 (Walburga Knorr, Werner Mayer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di074m013k0032308.