Inschriftenkatalog: Regensburger Dom (I)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 74: Inschriften des Regensburger Doms (I) (2008)

Nr. 307 Kreuzgang, Mittelhalle, Ostseite, 2. Joch 1496

Beschreibung

Grabplatte des Matthias Pollinger aus rotem Marmor, im Boden eingelassen1). Die Inschrift I beginnt oben links, lief ursprünglich wohl um den ganzen Stein und endete ebenda. Das untere Drittel sowohl der Inschrift als auch der figürlichen Darstellung ist komplett verloren und gebessert. Im vertieften Feld im Viertelrelief die Gestalt des betenden Domherren, leicht nach links gewandt, unter einem Rundbogen. Über der Körpermitte eine Inschriftentafel mit sechszeiliger Inschrift II2). Eppinger bildet zwei Wappenschilde ab. Auf der Grabplatte ist an der rechten unteren Ecke noch ein Vollwappen zu erkennen, auf der linken Seite ist das Wappen nicht mehr vorhanden. Die Art der Darstellung und die über der Körpermitte angebrachte Tafel mit dem gleichen Inschriftentext zeigen starke Ähnlichkeit mit der Grabplatte des Domherren Johasses von Trebra (s. Kat.-Nr. 302).

Maße: H. 200 cm, B. 106 cm, Bu. 6 cm (I), 4 cm (II).

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

Ergänzt nach Text Eppinger:

  1. I.

    [Anno] d(omi)ni Mo cccc Nonag[esimo / a) sexto] decima mensis augusti Obiit Uen(erabilis) vir [d(omi)n(u)s / Mathias pollinger canonic(us) eccl(es)ie rat(isbonensis) / a) c]ui(us) a(n)i(m)a Requiesc[at in pace]

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1496 am 10. August starb der ehrwürdige Mann Herr Matthias Pollinger, Kanoniker der Regensburger Kirche, seine Seele möge ruhen in Frieden.

Ergänzt nach Vulgata:

  1. II.

    Credo q(uo)d redemptor b) me(us) viuit et / in novissi(m)o die de t(er)ra sur(r)ect(ur)us / sum et rursu(m) circu(m)dabor pelle / mea et in carne mea videbo / [salvat]ore(m) meum reposita est / [haec spes m]ea in sinu meo

Übersetzung:

Ich glaube, dass mein Erlöser lebt und am Jüngsten Tag werde ich mich aus dem Staub erheben, werde wieder mit meiner Haut umgeben sein und ich werde körperlich meinen Erlöser sehen. Diese Hoffnung ruht in meinem Herzen.

    Bibel- und Schriftstellerzitat(e): Nach Iob 19, 25-27.

Datum: 1496 August 10.

 
Wappen:
Pollinger3).

Kommentar

Matthias Pollinger stammte aus der adeligen Familie Pollinger, die ihren Stammsitz bei Neumarkt/Opf. hatte und seit dem 14. Jh. urkundlich nachweisbar ist4). Im Jahr 1470 ist er als Dekan in Cham/Opf. belegt5). Er war Chorherr zu St. Johann und erhielt im Jahr 1476 das Chorhaus bei der Alten Kapelle. 1478 ist er als Amtmann von St. Johann nachweisbar6). Im Jahr 1480 wurde er zum Domherren gewählt7). 1487 ist er als Rat ohne akademischen Grad am herzoglich Hof8). Im selben Jahr unterzeichnete er auch die Kapitulation zur Wahl des Koadjutors Rupert (s. Kat.-Nr. 238)9). Eine Appellation aus dem Jahr 1492 gegen den Abt Johann von St. Emmeram trägt seine Unterschrift10). Im Jahr seines Todes 1496 stiftete er auch ein Epitaph (s. Kat.-Nr. 308) und einen Weihwasserkessel für den Domkreuzgang. Sein Jahrtag, für den er 4 fl. gezahlt hatte, wurde am 8. August gefeiert11).

Textkritischer Apparat

  1. Genauer Zeilenunbruch unsicher.
  2. tor hochgestellt.

Anmerkungen

  1. Kdm Regensburg I, 182; Freytag/Hecht 37, 58. Eppinger 21 gibt den Standort der Grabplatte als auf der Erd in der dritten Zeil an; Zirngibl, Epitaphia 43 vermerkt den Stein als vom ursprünglichen Standort weggebracht.
  2. Die identische Bibelstelle sowie auch die Form der Inschriftentafel über der Körpermitte findet sich auch auf der Grabplatte des Johannes Trebra vom Jahr 1494 (s. Kat.-Nr. 302).
  3. BayA1 85.
  4. Für diesen Hinweis danken wir Dr. Stephan Acht, BZAR.; zur Familie vgl. HAB Altbayern 16 (Neumarkt/Opf.), 275.
  5. Bernclau, Episcopatus 335; BayA1 85; Ries, Generalschematismus 171: von 1457-1476 Pfarrer von Chammünster (Lkr. Cham/Opf.), diesen Ausführungen zu Folge hatte er auch in Cham/Opf. eine Kirche erbauen lassen.
  6. Güntner, Dekane und Kanoniker 84.
  7. Leoprechting 98; Bernclau, Episcopatus 335; Ried, Catalogus; Paricius, Nachricht 46: Matthias v. Pollingen 1480, starb 1490.
  8. Lieberich, Gelehrte Räte 141 (Anm. 79).
  9. Janner, Bischöfe III, 598; Hausberger, Geschichte I, 223.
  10. Schmid, Urkunden-Regesten 273.
  11. Bernclau, Episcopatus 335.

Nachweise

  1. Eppinger 21, 29; Zirngibl, Epitaphia 43, 46f.; Ried, Collectio 24r, 31r.

Zitierhinweis:
DI 74, Inschriften des Regensburger Doms (I), Nr. 307 (Walburga Knorr, Werner Mayer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di074m013k0030704.