Inschriftenkatalog: Regensburger Dom (I)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 74: Inschriften des Regensburger Doms (I) (2008)

Nr. 293 Domkirche, Nordchor, Südwand 1492

Beschreibung

Monumentales Wandgrabmal aus rotem Marmor, dessen figürliche Gestaltung Bischof Heinrich von Absberg noch zu Lebzeiten anfertigen ließ1). Die Inschrift I auf erhöhtem Rand ist zwischen zwei scharfen Linien erhaben gehauen. Sie beginnt oben links, läuft um den ganzen Stein und endet ebenda. An der unteren Breitseite ist über der Umschrift noch die einzeilige kleinere Inschrift II eingehauen. Weitere Inschriften befinden sich an der Borte der Kasel im Bereich des linken Ärmels (Inschrift III) und am unteren Saum (Inschrift IV), auf dem Schriftband des Verkündigungsengels auf der Mitra (Inschrift V) und auf beiden Seiten des Amikts (Inschrift VI). Im Feld: Die Gestalt des Bischofs im Viertelrelief. Das Bildnis zeigt den Bischof in vollem Pontifikalornat. In seiner Rechten hält er den Bischofsstab mit Velum. In der Krümme des Stabes befindet sich die Figur des Hl. Petrus, darunter unter Baldachinen drei Figuren in einem von Säulen getragenem Gehäuse. In seiner Linken ein Pectorale, die Kreuzigungsgruppe zeigend. Seine Mitra trägt, von Schmuckborten umrandet, eine Darstellung der Verkündigung, links der Erzengel Gabriel mit einem gewundenen Inschriftenband, rechts die kniende Jungfrau Maria mit der Taube des Hl. Geistes. Auch das Rationale ist reich verziert mit von Astwerk gerahmten Bilddarstellungen. Links Andreas, daneben der Pelikan, der sich die Brust öffnet und seine Kinder nährt als Sinnbild der sich aufopfernden Liebe (des Opfertodes Christi), mittig Paulus mit dem Schwert, darauffolgend der aus der Asche aufsteigende Phönix, bildhaft für Tod und Auferstehung, rechts Bartholomäus2). Zu beiden Seiten des Hauptes halten Engel (Orantes) das Grabtuch. Die beiden oberen Ecken zieren zwei Wappenschilde im Rundfeld und genastem Dreipass. Die beiden unteren Ecken füllen jeweils zwei Vollwappen in Rundbögen. Die monumentale Grabplatte wird flankiert von zwei gedrehten Säulen und bekrönt von einem spätgotisch ornamentierten Wimperg. Das Wandgrabmal ist in sehr gutem Zustand. Direkt unter dem monumentalen Wandgrabmal befindet sich die Grablege des Bischofs im Boden (s. Kat.-Nr. 294).

Maße: H. 300 cm, B. 150 cm, Bu. 10 cm (I), 3 cm (II, III, IV, VI), 1 cm (V).

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien (I, II, V), frühhumanistische Kapitalis (III, IV, VI).

© Staatliches Bauamt Regensburg [1/2]

  1. I.

    Anno ∙ d(omi)nj ∙ Mo ∙ CCCC xcij ∙ // vij ∙ k(a)l(endas) ∙ augusti ∙ Obyt ∙ Reuerenend(us) ∙ In ∙ chr(ist)o a) ∙ pater ∙ et ∙ // d(omi)n(u)s ∙ d(omi)n(u)s ∙ heinricus ∙ // de ∙ absperg ∙ E(pisco)pus ∙ eccl(es)ie ∙ Ratisponen(sis) ∙ c(uius) ∙ a(n)i(m)a ∙ i(n) ∙ pace ∙ Req(uiescat) b)

  2. II.

    Sedit a(n)nis xxvi mens(ibus) viii die(bus) vij

  3. III.

    MARIA VIRG//O c)

  4. IV.

    – – –]A L H R E D M D

  5. V.

    Ave gratia plena // d) d(omi)n(us) // d) tec(um)

  6. VI.

    IE(SU)S e) // CHR(ISTU)S f)

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1492 am 7. Tag vor den Kalenden des August starb der hochwürdige Vater in Christus und Herr, Herr Heinrich von Absberg, Bischof der Regensburger Kirche, dessen Seele möge ruhen in Frieden. (I)

Er amtierte 26 Jahre, 8 Monate und 7 Tage. (II)

Jungfrau Maria. (III)

Gegrüßet seist du, voll der Gnade, der Herr ist mit dir. (V)

Bibel- und Schriftstellerzitat(e):

  • Lk 1, 28. (IV)

Datum: 1492 Juli 26.

Wappen:
Hochstift3), Absberg4).

Kommentar

Heinrich von Absberg wurde als Sohn des fränkischen Ritters Heinrich von Absberg zu Rumberg, Reicheneck und Dornhausen, Pfleger zu Ingolstadt und herzoglicher Marschall, und dessen Gemahlin Elisabeth von Parsberg, einer Schwester des Bischofs Friedrich II. von Parsberg, am 19. März 1409 geboren5).

Im Jahre 1431 am 2. Juni erhielt er die freigewordene Praebende des verstorbenen Domherren Johannes Ochs von Gunzendorf, der vielleicht identisch ist mit Johannes Oech von Pappenheim (s. Kat.-Nr. 173)6).

Im Wintersemester 1436 studierte er an der Wiener Universität und von 1441 bis 1442 in Padua7). 1441 wurde er in das Domkapitel von Passau aufgenommen und er erhielt 1454 die Pfarrei in Deggendorf8). Im Jahr 1460 ist Heinrich von Absberg im Rat des Herzogs Ludwigs des Reichen zu finden9). Im Jahre 1462 erhielt er die Würde des Dompropstes und Erzpriesters in Regensburg, ein Jahr später wurde er zudem Dekan in Passau10). Seine erste Wahl zum Bischof von Regensburg am 10. Juni 1457 wurde vom Papst zugunsten des Pfalzgrafen Rupert I. (s. Kat.-Nr. 238) annulliert. Am 3. November 1465 wählte ihn das Domkapitel einstimmig zum neuen Bischof. Die päpstliche Bestätigung erfolgte am 3. Januar 1466, im November desselben Jahres wurde Heinrich in Freising zum Bischof geweiht, die Regalienverleihung erfolgte dann am 18. März 1467 durch Kaiser Friedrich III. in Linz.

Heinrich IV. von Absberg galt als einer der reformfreudigsten Bischöfe im Vorfeld der Reformation. Am 18. Mai 1466 erließ er ein strenges Mandat gegen das klerikale Konkubinat. 1475 ließ er die Synodalstatuten und oberhirtlichen Verordnungen erneuern, ließ das Brevier, das Missale und Rituale neu drucken und schuf mit Zustimmung des Kapitels eine Predigerstelle am Regensburger Dom, die stets ein in Theologie graduierter Kleriker versehen sollte. Während er mit dem Stadtmagistrat, was die beginnende Judenfeindlichkeit anbetraf, Hand in Hand arbeitete, gab es Misshelligkeiten mit dem Stadtregiment wegen des Bier- und Weinausschanks der Klöster. Wegen der immer stärker werdenden Einmischung der bayerischen Territorialherren hingegen bot der Bischof der Stadt finanzielle Hilfe an. Dass die bayerischen Herzöge die Regensburger Bischofskirche ihrem Einfluss unterwerfen wollten, zeigt sich an deren Personalpolitik. Nicht nur der Bischof selbst, auch Weihbischof Ludovici (s. Kat.-Nr. 270), der Domdekan Johann Neuhauser und der Domherr Georg Drexel (s. Kat.-Nr. 317) wurden zu herzoglichen Räten bestellt. Auch das eigenmächtige Vorgehen der Herzöge bei den Visitationen Regensburger Klöster zeugt von dieser Politik. Im Sommer 1487 musste Heinrich dann auch nach langen Verhandlungen der Einsetzung des Wittelsbachischen Pfalzgrafen Ruprecht als Koadjutor zustimmen, der sein Nachfolger werden sollte11). Im Jahr 1490 stiftete er drei Wochenmessen auf den Barbara-Altar im nördlichen Seitenschiff des Domes12), vor dem er auch bestattet wurde13). Er lebte 82 Jahre, 4 Monate und 7 Tage.

Textkritischer Apparat

  1. xpo.
  2. Die Trennzeichen sind sechsstrahlige Sterne.
  3. Durch Gewandfalte unterbrochen.
  4. Knick im Schriftband.
  5. IHS.
  6. XPS.

Anmerkungen

  1. Schuegraf, Dom I, 188; Freytag/Hecht 10; Kdm Regensburg I, 116, Tafel XIV; Hausberger, Bischofsgrablegen 374; Hubel/Kurmann, Der Regensburger Dom 84.
  2. Honselmann, Das Rationale der Bischöfe 62 u. Nr. 80; ausführliche Beschreibung bei Morsbach, Der Bischof ist tot, es lebe der Bischof! Zu zwei Regensburger Bischofsdenkmälern des späten Mittelalters. In: Regensburger Bistumsblatt 1993/2, 10f.
  3. Bi 129; Heydenreuter, Wappen der süddeutschen Hochstifte 130f.
  4. BayA1 3, 7; Oefele I, 222; Leoprechting 39, 48, 91; Bernclau, Episcopatus 1; Zirngibl, Epitaphia 3; Hausberger, Grablegen 374; Janner, Bischöfe III, 600.
  5. Hund, Stammenbuch II, 205f., III, 187; Krick, Stammtafeln 2 u. 123; Spitzner, Parsberger Chronik, Anhang; Deutsch, Ehegerichtsbarkeit 88 (Anm. 150).
  6. Leoprechting 91; Bernclau, Episcopatus 1, 299, 320.
  7. Matrikel der Universität Wien I, 195; Lieberich, Die gelehrten Räte 153.
  8. Krick, Domstift Passau 48; Janner, Bischöfe III, 537; anders Hausberger, Bischöfe (Heinrich von Absberg) 1: Kanonikat in Passau 1451; anders Ries, Generalschematismus 3: 1454 Pfarrei Duggendorf.
  9. Lieberich, Gelehrte Räte 128, 132, 153.
  10. Leoprechting 48; Krick, Domstift Passau 48, 178; für den Hinweis danken wir Dr. Stephan Acht, BZAR.
  11. Daten und Fakten zusammengefasst nach: Janner, Bischöfe III, 535- 603; Hausberger, Geschichte I, 217-223; ders.; Bischöfe (Absberg, Heinrich von), 1f.; vgl. Fuchs/Krieger, Regesten Kaiser Friedrichs III., 367 (Register); Ettelt-Schönewald, Kanzlei, Rat und Regierung Herzog Ludwigs des Reichen II, 417 (Kurzbiographie).
  12. Mai, Bruderschaften und Benefizien 415.
  13. S. Einleitungskapitel XXV.

Nachweise

  1. Eppinger 5; Bernclau, Episcopatus 58; Handschriftensammlung 58; Zirngibl, Epitaphia 3, 45; Ried, Collectio 4v; Cranner 55; Kdm Regensburg I, 116; Hund, Metropolis Salisburgensis 82; Oefele I, 223; Schuegraf, Dom I, 189; Sammlung Heckenstaller 300; Niedermayer, Künstler und Kunstwerke 81f.; Sammlung Resch VII, Blatt 25; Mayerhofer, Bischofsgrablegen 387 (nur Inschrift I).

Zitierhinweis:
DI 74, Inschriften des Regensburger Doms (I), Nr. 293 (Walburga Knorr, Werner Mayer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di074m013k0029301.