Inschriftenkatalog: Regensburger Dom (I)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 74: Inschriften des Regensburger Doms (I) (2008)

Nr. 280 Kreuzgang, Mittelhalle, Mittelreihe, 2. Joch 1485

Beschreibung

Grabplatte des Domherren Johannes Tröster aus rotem Marmor, im Boden eingelassen1). Die Inschrift zwischen zwei Linien, erhaben gehauen, beginnt oben links, läuft um den ganzen Stein und endet im oberen Drittel der linken Längsseite. Im Feld das Konturenbildnis des Domherren, bekleidet mit Chorgewand, Almucia und Birett. Sein Kopf ruht auf einem Buch, die Hände halten ebenfalls ein Buch. Unten links ein kleiner Wappenschild mit erloschenem Wappenbild2). Die Platte ist abgetreten.

Maße: H. 157 cm, B. 77 cm, Bu. 8 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

  1. Anno ∙ d(omi)ni ∙ 1485 a) ∙ die ∙ / 24 ∙ aprilis ∙ Obyt ∙ ven(erabi)lis a) ∙ decretoru(m) ∙ doctor / d(omi)n(u)s ∙ Joh(ann)es Troster b) de / amberg ∙ Can(oni)c(us) c) ∙ Rat(isbonensis) ∙ et ∙ p(re)p(osi)tus ∙ Maticen(sis) ∙ d)

Übersetzung:

Im Jahr des Herren 1485 am 24. April starb der ehrwürdige Doktor der geistlichen Rechte, Herr Johannes Tröster aus Amberg, Kanoniker in Regensburg und Propst in Mattsee.

Datum: 1485 April 243).

Kommentar

Johannes Tröster stammte aus Amberg in der Oberpfalz. Seine familiäre Herkunft ist gut dokumentiert; seine Eltern waren Hermann und Anna Tröster4). Im Jahre 1442 im Wintersemester immatrikulierte er sich gemeinsam mit Johannes Mendel und Nicolaus Purchardi (s. Kat.-Nrn. 204), beide ebenfalls aus Amberg stammend, an der Universität Wien5). Von 1468 bis 1470 hielt er sich in Padua auf. In dieser Zeit ist er in den acta graduum der dortigen Universität belegt. Als doctor decretorum zeichnet er erstmals im Jahre 14706). In den 40er Jahren lebte Tröster in Wien und ist in der Umgebung Friedrichs III. zu finden. Möglicherweise war er der familiaris bei Hofe, der in einem Schreiben des Aeneas Silvius Piccolomini erwähnt wird7). 1452 zog er mit Friedrich III. zur Kaiserkrönung nach Rom.

1453/54 versah er die ihm zugedachte Pfarrei in Hornburg (Diözese Salzburg, Kärnten). In dieser Zeit verfasste er seinen Dialogus de remedio amoris, der ihm nicht nur die Förderung des Aeneas Silvius Piccolomini, des späteren Papstes Pius II., einbrachte, sondern ihn auch in diplomatische Dienste innerhalb der Kirche eintreten ließ8).

Zwischen 1460 und 1462 wurde Johannes Tröster Stiftspropst von Mattsee (Salzburg). Nach dem Tode des Domherren Ulrich Eresinger wurde er im Jahre 1465 in das Regensburger Domkapitel aufgenommen. Das Amt des Summus custos ecclesiae cathedralis erhielt er als Nachfolger des Thomas Pirckheimer (s. Kat.-Nr. 251) am 26. April 14739). In Regensburg nahm er dann auch seinen Hauptwohnsitz. Die folgenden Jahre sind geprägt von Reisen, vor allem nach Italien, bei denen er zum Teil für seine Auftraggeber und zum Teil für sich selbst Handschriften und Inkunablen erwarb. Im Jahre 1481 erlitt er zum ersten Mal einen Schlaganfall, der seinen Reise- und diplomatischen Tätigkeiten ein Ende setzte, sodass er wohl die letzten Jahre bis zu seinem Tod in Regensburg verbrachte10). Er hinterließ eine umfangreiche Bücher- und Handschriftensammlung, die er noch zu Lebzeiten an die Artistenfakultät in Ingolstadt, das Kloster Tegernsee, die Dompfarrei St. Ulrich, das Domkapitel, das Augustinerchorherrenstift Rebdorf (Stadt Eichstätt/OB.) und an die Familie Pirckheimer in Nürnberg vergab11). Im Jahre 1481 ist er als Mitglied einer Fraternitas des Hl. Wolfgang nachzuweisen12).

Textkritischer Apparat

  1. lis hochgestellt.
  2. Eppinger 21: Toster; Kdm Regensburg I, 178: Kolder.
  3. Das zweite c ist hochgestellt
  4. Die Trennzeichen sind Quadrangeln.

Anmerkungen

  1. Niedermayer, Künstler und Kunstwerke 110; Freytag/Hecht 50; Kdm Regensburg I, 178 vermerkt diese Grabplatte unter dem Namen Kolder; Schuegraf, Dom II, 95.
  2. Weder Bernclau, Episcopatis 427 noch Leoprechting 87 zeigen ein Wappenbild, sodass anzunehmen ist, dass etwa vor 300 bzw. 200 Jahren das Wappenbild schon erloschen war.
  3. Bernclau, Episcopatus 427: 14. April 1487; Leoprechting 87: 1487; Freytag/Hecht 50: 24. Juli 1487; Paricius, Nachricht 42: 1468; Scherg, Bavarica aus dem Vatikan 740, 741: Am 13. Dezember 1485 werden sowohl das Kanonikat als auch sein Propstamt in Mattsee weiterverliehen.
  4. Märtl, Briefwechsel 76: in einer Urkunde in den Beständen des Bischöflich Domkapitelinischen Archivs vom 1. Juli 1465 wird Tröster ein Zeugnis über eheliche Geburt und Abstammung von ehrbaren Eltern ausgestellt; zur Herkunft und zu seinen literarischen Werken vgl. auch Thesaurus Novus III, 101f. und Cortesi/Fuchs, Johannes Tröster (im Druck); Cortesi, Una pagina 234: hier wird auf die Verwandtschaft mit Johannes Mendel (s. Kat.-Nr. 272) hingewiesen.
  5. Matrikel der Universität Wien I, 229.
  6. Cortesi/Fuchs, Johannes Tröster (im Druck); Worstbrock, Tröster, Sp. 1078.
  7. Voigt, Die Briefe des Aeneas Silvius 353; Janner, Bischöfe III, 600f.; Lehmann, Dr. Johannes Tröster 337.
  8. Braungart, De Remedio Amoris 11-28; weitere biographische Daten zusammengefasst nach Worstbrock, Tröster Sp. 1078-1083; Lehmann, Dr. Johannes Tröster 336-352; Fuchs/Märtl, Geistiges und literarisches Leben im 15. Jahrhundert 907-916; Knorr, Zum Erkenntniswert der mittelalterlichen Epigraphik 237-251.
  9. Dopsch/Hahnl, Die Äbte, Pröpste und Dekane von Mattsee, in: Mattsee Chronik, hg. von der Marktgemeinde Mattsee, Mattsee 2005, 168: Propst von 1466-1483; Bernclau, Episcopatus 427: 13. Feb. 14.. von U. Eresinger . fit Custos 1465 + 14. April 1487. Anniversarius festum S. Clementis 4; Leoprechting 87: 13. Februar 1400. Custos 1465. obiit 1487; Mayer A., Thesaurus Novus III, 101f.; Scherg, Bavarica aus dem Vatikan 193.
  10. Märtl, Briefwechsel 76-78.
  11. MBK, Bd. 4, 94: seit 1473 Domkustos, bedachte die Domkirche wenigstens mit einem Buch, zwei weitere Bände gingen an St. Ulrich, später dann ebenfalls an die Domkirche; Lehmann, Dr. Johannes Tröster 345-352 (ausführliche Übersicht der von ihm gesammelten Schriften).
  12. Schratz, St. Wolfgangsbruderschaften 250: hier ist 1481 als Todesjahr geschrieben.

Nachweise

  1. Eppinger 21; Bernclau, Episcopatus 427; Zirngibl, Epitaphia 45; Ried, Collectio 23v; Sammlung Heckenstaller 370; Schuegraf, Dom II, 95.

Zitierhinweis:
DI 74, Inschriften des Regensburger Doms (I), Nr. 280 (Walburga Knorr, Werner Mayer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di074m013k0028008.