Inschriftenkatalog: Regensburger Dom (I)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 74: Inschriften des Regensburger Doms (I) (2008)

Nr. 277 Kreuzgang, Südflügel, Westseite, Südwand, 4. Joch 1483

Beschreibung

Wappengrabplatte des Sigmund Graner aus rotem Marmor, ehemals im Boden eingelassen1), heute an der Wand aufgerichtet2). Die Inschrift beginnt oben links, läuft um den ganzen Stein und endet im letzten Drittel der linken Längsseite. Im vertieften Feld im Viertelrelief unter Kielbogen von zwei knienden wilden Männern gehaltenes großes Vollwappen. In den Zwickeln oben links ein Hund, rechts ein Habicht. Zustand relativ gut. Die kopiale Überlieferung nennt zudem ein hölzernes Epitaph an der Wand über dieser Grabplatte3).

Maße: H. 205 cm, B. 108 cm, Bu. 7 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

© Bildstelle der Stadt Regensburg [1/1]

  1. Anno ∙ d(omi)ni ∙ Mo ∙ CCCCo ∙ lxxxiiio / Jar ∙ starb ∙ der ∙ ersam ∙ weiz ∙ her ∙ Sigmund a) ∙ granner ∙ / an ∙ sant ∙ Gilgen ∙ abent ∙ / Burger ∙ dez ∙ Rats ∙ hye ∙ dem ∙ Got ∙ genad b)

Datum: 1483 August 314).

Wappen:
Graner5).

Kommentar

Sigmund stammte aus der bedeutenden Regensburger Patrizierfamilie Graner6). Er war der Sohn des Hans d. J. Graner und seiner Frau, einer Tochter des Konrad Gravenreuter7). Verheiratet war er mit Elisabeth, einer geborenen Engelmar8). Als Siegler ist er nachzuweisen von 1450 bis 1481, Ratsbürger war er durchgehend von 1451 bis 14839). Im Jahr 1455 hatte er das Amt des Hansgrafen inne, im selben Jahr und nochmals 1461 das des Brückenmeisters10). 1456 amtierte er als Wachtmeister in der Wahlenwacht11). Beim Reichstag 1454 und dem großen Christentag 1471 war sein Haus am Haidplatz, das heutige Thon-Dittmer-Palais, als Kaiserherberge vorgesehen, zudem sind für diese Reichstage eine große Zahl von Einquartierungen von Gästen und Pferden in den Quellen nachzuweisen12). Im Stiftungsbuch des Reichen Almosens ist er 1470 verzeichnet13). Der Alten Kapelle vermachte er 1476 ein Haus für das Kaplaneibenefizium, das sein Vorfahr Ott Graner vor 1383 gestiftet hatte14). Eine der bedeutendsten Stiftungen, der geschnitzte und bemalte dreiflügelige Armeseelenaltar vom Jahr 1488 für die Alte Kapelle, der sich heute im Stadtmuseum befindet, stammt von seiner Witwe Elisabeth und war dem Seelenheil ihres verstorbenen Mannes gewidmet15). Zudem befindet sich ein Epitaph des Ehepaares in der Kassianskirche16). Sigmund Graner stiftete auch einen Jahrtag am 11. September bei den Minoriten17).

Textkritischer Apparat

  1. Handschriftensammlung 43: Bernhard Graner.
  2. Die Trennzeichen sind Quadrangeln.

Anmerkungen

  1. Eppinger 9; Schuegraf, Dom II, 118.
  2. Freytag/Hecht 19; Primbs, Jahr- und Totenbuch 285: die Grabplatte befand sich im 19. Jahrhundert im Dom als Füllstein im Pflaster; Kdm Regensburg I, 189 (die Abb. 102 zeigt nicht die Grabplatte des Sigmund Graner, sondern die Grabplatte des Heimeran Lerchenfelder aus dem Jahr 1459, s. Kat.-Nr. 224).
  3. Zirngibl, Epitaphia 34 und Ried, Collectio 21v: ligneum Epitaphium in pariete mit der nahezu identischen Inschrift.
  4. Schuegraf, Dom II, 118: 1386; Schmid, Alte Kapelle 183, 188: 1484.
  5. BayA1 140, BayA2 53; Primbs, Jahr- und Totenbuch 286; Urbanek, Wappen 154f.
  6. Zur Familie Graner vgl. auch Morré, Ratsverfassung 94, Bastian, Runtingerbuch III, 358-374; Forneck, Einwohnerschaft 123.
  7. Urbanek, Wappen 320.
  8. Bastian, Runtingerbuch III, 372; Primbs, Jahr- und Totenbuch 285f.; Schmid, Alte Kapelle 324.
  9. Urbanek, Wappen 156 (mit urkundlichen Belegen); zuletzt Richard, Mémoires 569-577.
  10. Lößl, Hansgrafenamt 171; Kleinstäuber, Steinerne Brücke 230.
  11. Schmid, Urkunden-Regesten I, 176.
  12. Gemeiner, Chronik III, 221 (Anm. 410); Wolf, Häuserbestand 130; Hoernes, Hauskapellen 259 (Anm. 29).
  13. StadtAR, Stiftungsbuch des Reichen Almosens fol. 22r (18. März 1470); Kröger, Armenfürsorge und Wohlfahrtswesen 294.
  14. Schmid, Alte Kapelle 183, 188.
  15. Liedke, Regensburger Bildschnitzer und Schnitzaltäre der Spätgotik 14f.; Regensburg im Mittelalter (Katalog), 163f., Farbtafel 47; Lübbeke, Spätgotische Tafelmalerei 441, Farbtafel 27; Hoernes, Hauskapellen 285. Auf den Außenseiten des Flügelaltares die Wappen der Familien Graner und Engelmar. Zu Engelmar vgl. Urbanek, Wappen 131, 320 (Elsbet): In Rot und Silber gespalten, Spalt belegt mit sechsstrahligem Stern in verwechselten Farben.
  16. Kdm Regensburg II, 174 und Abb. 129; Primbs, Jahr- und Totenbuch 285f.
  17. MGH Necr. III, 257 (Anm. 1); Primbs, Jahr- und Totenbuch 285f.; Hilz, St. Salvator 75 (Anm. 645).

Nachweise

  1. Eppinger 9, 28; Handschriftensammlung 43; Zirngibl, Epitaphia 34; Ried, Collectio 21v; Schuegraf, Dom II, 118.

Zitierhinweis:
DI 74, Inschriften des Regensburger Doms (I), Nr. 277 (Walburga Knorr, Werner Mayer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di074m013k0027701.