Inschriftenkatalog: Regensburger Dom (I)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 74: Inschriften des Regensburger Doms (I) (2008)

Nr. 272 Kreuzgang, Mittelhalle, Westseite, 1. Joch 1482

Beschreibung

Grabplatte des Johannes Mendel (Mändl, Mündl) aus rotem Marmor, im Boden eingelassen1). Die Inschrift beginnt oben links, läuft um den ganzen Stein und endet in der zweiten Zeile an der oberen Breitseite. Im Feld: Konturenbild des Domherren, bekleidet mit Chorgewand, Almucia und Birett, sein Kopf ruht auf einem Buch. In seiner linken Hand hält er einen Kelch, die Rechte im Segensgestus erhoben. Der Zustand der Grabplatte ist schlecht, Bruch in der Mitte, die rechte untere Ecke ist schwer beschädigt.

Ergänzt nach Text Eppinger:

Maße: H. 160 cm, B. 81 cm, Bu. 8 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

© Photosammlung Liedke [1/1]

  1. ∙ anno ∙ d(omi)nj ∙ 1∙ 4 8 ∙ 2 ∙ die 8 / may ∙ obyt ∙ ven(erabi)lis ∙ d[ecre]toru(m) ∙ doctor ∙ d(omi)nus ∙ io[an/nes m]endl ∙ de ∙ amberg ∙ / Can(oni)c(us) a) ∙ Rat(isbonensis) ∙ ac ∙ b(ea)te ∙ Ma(r)ie ∙ v(ir)g(inis) ∙ noui ∙ collegy ∙ Eysteten(sis) ∙ / Eccl(es)iaru(m) ∙ p(re)positus b)

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1482 am 8. Tag des Monats Mai starb der ehrwürdige Doktor der geistlichen Rechte, Herr Johannes Mendel aus Amberg, Domherr zu Regensburg und Propst der Kirche der Seligen Jungfrau Maria und des Neuen Kollegs der Kirche zu Eichstätt.

Datum: 1482 Mai 08.

Kommentar

Johannes stammte aus dem Hammergeschlecht Mendel, dessen Mitglieder seit 1439 als Bürger in Amberg nachzuweisen sind2). Gemeinsam mit Johannes Tröster (s. Kat.-Nr. 280), mit dem er verwandt war, immatrikulierte er sich im Wintersemester 1442 an der Universität Wien3). Im Jahre 1448 war er Magister artium und lehrte an der dortigen Artistenfakultät. Er las über antike Autoren wie Terenz, Cicero und Lukan4). Bei der weiteren Biographie des Johannes Mendel, der in den Jahren von 1475 bis 1478 Generalvikar in Eichstätt war, ergibt sich das Problem, dass dieser einen Bruder gleichen Namens hatte, der Kanzler des Eichstätter Bischofs war5). Er war Propst des sog. Neuen Kollegs in Eichstätt und Pfarrer in der Pfarrei Harburg (Lkr. Donau-Ries/Schw.); dazu verlieh ihm Georg Altdorfer, Bischof von Chiemsee, am 6. November 1477 die zu Laufen (Lkr. Berchtesgadener Land/OB.) gehörige Pfarrei Beatae Mariae in der Diözese Salzburg6). Am 19. Juni 1478 wurde er in das Regensburger Domkapitel berufen, dem er bis zu seinem Tode angehörte7).

Johannes Mendel gehörte zu jenem Kreis von Frühhumanisten des süddeutschen Raumes, die sich als Leser, Sammler und Kommentatoren antiker Schriften Ansehen verschafften. Mindestens acht Handschriften antiker und humanistischer Autoren hat er hinterlassen, die heute noch vorhanden sind. Mit Johannes Tröster war Johannes Mendel nicht nur verwandtschaftlich verbunden. Beide Domherren machten großzügige Schenkungen an Kirchen, Klöster und Privatpersonen8).

Textkritischer Apparat

  1. Das zweite c ist hochgestellt.
  2. Keine kopiale Überlieferung gibt das Ende der Inschrift wieder. Die Trennzeichen sind Quadrangeln.

Anmerkungen

  1. Freytag/Hecht 30; Kdm Regensburg I, 173.
  2. Bürgerbücher 1, StadtAA, Bd. 243, fol. 17r-v. Der Name Mendel ist auch in den Amberger Ratsbüchern nachzuweisen. Für diesen Hinweis bedanken wir uns bei Dr. Johannes Laschinger, Stadtarchiv Amberg; vgl. auch HAB Altbayern 47 (Neustadt a. d. Waldnaab/Weiden), 170: Kunz Mendel als Besitzer von Hammerhütten, 209: als Besitzer des Hofes Rupprechtstein, 218: als Besitzer des Landsassengutes Steinfels.
  3. Matrikel der Universität Wien I, 229 und II,1, 46.
  4. Aschbach, Geschichte der Wiener Universität I, 353f., 606 (Magister und Doktor).
  5. Ries, Generalschematismus 7: Johannes Mändl von Steinfels. Nach Worstbrock, Mendel Johannes Sp. 386 und Fink-Lang, Eichstätter Geistesleben 293f. ist Johannes Mendel im Jahre 1484 in Eichstätt gestorben; es handelt sich hier allerdings um seinen gleichnamigen Bruder. Cortesi, Una pagina 232ff. löste bereits 1984 diesen Irrtum auf.
  6. Scherg, Bavarica aus dem Vatikan 128, 366.
  7. Leoprechting 98; Bernclau, Episcopatus 304; Paricius, Nachricht 46.
  8. Worstbrock, Mendel Johannes, Sp. 368-387 mit Zusammenstellung der Schriften und der älteren Literatur.

Nachweise

  1. Eppinger 21 mit dem Vermerk: one Wappen; Zirngibl, Epitaphia 46; Ried, Collectio 23v; Bernclau, Episcopatus 304; Sammlung Heckenstaller 363.

Zitierhinweis:
DI 74, Inschriften des Regensburger Doms (I), Nr. 272 (Walburga Knorr, Werner Mayer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di074m013k0027206.