Inschriftenkatalog: Regensburger Dom (I)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 74: Inschriften des Regensburger Doms (I) (2008)

Nr. 252 Kreuzgang, Südflügel, Ostseite, Südwand, 1./2. Joch 1473

Beschreibung

Querrechteckiges Epitaph des Nikolaus von Künsberg (Kindsberg) aus rotem Marmor unter stichbogiger Arkosolnische, in die Wand eingelassen1). Die Inschrift I auf erhöhtem Rand beginnt unten links, läuft um den ganzen Stein und endet ebenda. Das vertiefte Feld ist dreigeteilt.

Im größeren Mittelfeld unter einem Rundbogen der aus einem Sarkophag auferstehende Christus mit der Kreuzfahne in seiner Linken, die Rechte segnend erhoben. Im Hintergrund links ein Baum. In den Zwickeln jeweils ein Adler mit ausgebreiteten Schwingen. Im kleineren linken Feld kniet der betende Stifter, bekleidet mit Chorgewand und Almucia, der Auferstehungsdarstellung zugewandt. Darüber ein maßwerkverzierter Kielbogen mit großer Kreuzblume. Die beiden Wandsäulen, die Fialen mit Kreuzblumen tragen, und die Maßwerkfenster im Hintergrund deuten einen Kircheninnenraum an. Ein Schriftband mit der erhaben gehauenen Inschrift II beginnt an der rechten Seite der mittleren Kreuzblume, umschlingt sie und endet in Höhe der Hände des Stifters. Das rechte kleinere Feld ist analog konzipiert und trägt als Pendant zum Stifter dessen Vollwappen. Der Zustand ist gut.

Maße: H. 125 cm, B. 226 cm, Bu. 9 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

  1. I.

    Anno ∙ d(omi)ni ∙ M ∙ CCCC ∙ lxxiii / vigesima sexta a) ∙ Augusti ∙ Obyt ∙ venerabilis ∙ Pater ∙ d(omi)n(u)s ∙ / Nicolaus ∙ de ∙ kindsperg ∙ / Decanus ∙ huius ∙ Eccl(es)ie ∙ cuius ∙ A(n)i(m)a ∙ requiescat ∙ In pace a) ∙ ame(n) ∙

  2. II.

    A ∙ L ∙ M ∙ A / o ∙ victor ∙ salua ∙ Me ∙ b)

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1473 am 26 August starb der ehrwürdige Vater Herr Nikolaus von Künsberg, Dekan dieser Kirche. Dessen Seele möge ruhen in Frieden. Amen. (I) A L M A (?). O Siegreicher, rette mich. (II)

Datum: 1473 August 26.

Wappen:
Künsberg2).

Kommentar

Nikolaus aus der fränkischen Adelsfamilie Künsberg wurde 1410 geboren und war der Sohn des Johannes von Künsberg und der Catharina von Wallenfels3). Er muss bereits im Jahre 1437 in das Domkapitel aufgenommen gewesen sein, denn er war als Domherr an der Wahl Friedrichs II. von Parsberg (s. Kat.-Nr. 200) zum Bischof beteiligt4). In einer Urkunde der Alten Kapelle wird er als Bürge genannt5). Gemeinsam mit Ulrich Part und Heinrich von Parsberg (s. Kat.-Nrn. 286, 319) wurde er im Jahre 1451 seiner Pfründe beraubt, wogegen die Domherren in Rom Einspruch einlegten6).

Im Jahre 1450 gehörte er zu den Mitunterzeichnern der Wahlkapitulation zur Wahl Friedrichs III. von Plankenfels (s. Kat.-Nr. 222) zum Regensburger Bischof, und sieben Jahre später war er einer der Anfechter der Wahl Heinrichs von Absberg (s. Kat.-Nr. 293) als dessen Nachfolger und unterstützte die Ernennung des Pfalzgrafen Ruperts I. (s. Kat.-Nr. 238) zum Bischof7). Von 1450 bis 1467 und 1473 ist er Domdekan, bischöflicher Hofrichter und von 1459 bis 1460 Generalvikar8). Da Rupert I. in Pavia studierte, übertrug Herzog Ludwig 1457 für ein Jahr dem damaligen Domdekan Nikolaus von Künsberg, seinem persönlichen Rat, die Verwaltung des Hochstifts9).

Nach dem kurzen Episkopat Ruperts I., er starb im Jahre 1465, wählten der Dekan Nikolaus von Künsberg und das Domkapitel Heinrich IV. von Absberg zum neuen Bischof10). Zu den Pfründen des Domherren zählten das Dekanat in Nabburg und die Pfarrei von Perschen (beide Lkr. Schwandorf/Opf.)11). Das Amt des Dekans im Regensburger Domkapitel ging nach dem Tod des Nikolaus von Künsberg an Johannes Neuhauser über12). Im Jahre 1473, seinem Sterbejahr, ist er als Mitglied einer Fraternitas des Hl. Wolfgang belegt13).

Textkritischer Apparat

  1. Ohne Wortabstand.
  2. Die Trennzeichen sind Quadrangeln.

Anmerkungen

  1. Eppinger 11, 28; Schuegraf, Dom II, 116; Freytag/Hecht 25; Kdm Regensburg I, 188 (Abb. 110); vgl. auch Kdm Regensburg II mit Hinweis auf die künstlerische Gestaltung des Epitaphs; Hubel, Mittelalterliche Plastik in Domkreuzgang und Kapitelhaus 65f. (Abb. 14-16).
  2. SiSu2 11, 17; das Vollwappen des Domherren ist auch als Vollrelief im Kreuzgang Südflügel (Ostseite) an der Südwand im ersten Joch angebracht; vgl. hierzu Kdm Regensburg I, 170.
  3. Biedermann, Geschlechts-Register Tabula CXVII., hier mit Sterbejahr 1510; Bernclau, Episcopatus 269 mit Wappen; Ries, Generalschematismus gibt das Geburtsjahr wieder; die dort angeführten Daten zu seiner geistlichen Karriere widersprechen allerdings denen der hier aufgeführten Quellen und neueren historischen Forschungen.
  4. Oefele I, 451; Janner, Bischöfe III, 451.
  5. Schmid, Urkunden-Regesten I, 146.
  6. Janner, Bischöfe III, 483.
  7. Oefele I, 221; Janner, Bischöfe III, 487, 509.
  8. Leoprechting 56, 93; Paricius, Nachricht 30, 44; Deutsch, Ehegerichtsbarkeit 82 (Anm. 120) und Tabelle S. 416; Fuchs/Krieger, Die Regesten Kaiser Friedrichs III., Nrn. 119, 147.
  9. Gemeiner, Chronik III, 273; Hausberger, Geschichte Bd. I, 215f.; Janner, Bischöfe III, 516. Aus einer Urkunde geht hervor, dass er noch im Jahr 1459 Verweser des Hochstiftes war, vgl. Fuchs/Krieger, Die Regesten Kaiser Friedrichs III., Nr. 146 (S. 133).
  10. Janner, Bischöfe III, 535; Nikolaus von Künsberg ist im Jahre 1467 mehrfach genannt als Schlichter im Streit mit dem umstrittenen Stiftspropst der Alten Kapelle, Caspar Schenk; vgl. hierzu: Schmid, Alte Kapelle 89f.
  11. Ritscher, Zur Vorgeschichte des Edelmannshofes in Perschen 358ff.
  12. Scherg, Bavarica aus dem Vatikan 208.
  13. Schratz, St. Wolfgangsbruderschaften 248.

Nachweise

  1. Eppinger 11, 28; Bernclau, Episcopatus 269; Zirngibl, Epitaphia 51; Ried, Collectio 27r; Sammlung Heckenstaller 361; Hubel, Mittelalterliche Plastik in Domkreuzgang und Kapitelhaus 65 (Abb. 14-16).

Zitierhinweis:
DI 74, Inschriften des Regensburger Doms (I), Nr. 252 (Walburga Knorr, Werner Mayer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di074m013k0025204.