Inschriftenkatalog: Regensburger Dom (I)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 74: Inschriften des Regensburger Doms (I) (2008)

Nr. 251 Kreuzgang, Mittelhalle, Ostseite, 3. Joch 1473

Beschreibung

Grabplatte des Thomas Pirckheimer aus rotem Marmor, im Boden eingelassen1). Die Inschrift I auf erhöhtem Rand beginnt an der unteren linken Längsseite, läuft um den ganzen Stein und endet dreizeilig an der unteren Breitseite. Den verbleibenden Leerraum am Ende der dritten Zeile füllt die kleinere, flach eingehauene dreizeilige Inschrift II. Im vertieften Feld im Viertelrelief die Gestalt des Kanonikers, bekleidet mit Chorgewand, Almucia und Birett, in der Linken den Kelch, die Rechte segnend. Sein Kopf ruht auf einem Buch. Unten links unter einem kleinen Kielbogen das Vollwappen. Das Wappen der Familie Pirckheimer befindet sich auch noch an einer Lichtnische (Totenleuchte) im Südflügel des Kreuzganges. Die Grabplatte weist einen Querbruch in der unteren Hälfte auf.

Maße: H. 216 cm, B. 107 cm, Bu. 8 cm (I), 3 cm (II).

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

  1. I.

    A(nno) ∙ D(omini) ∙ M ∙ cccc ∙ lxxiij ∙ fe(r)ia ∙ q(ua)rta ∙ p(ost) ∙ co(n)v(er)sio(nem) ∙ s(an)c(t)i ∙ / pavli ∙ obyt ∙ ven(erabi)lis a) ∙ p(ate)r ∙ Thom/as ∙ pircheim(er) ∙ vtrivsq(ue) ∙ Jvr(is) ∙ Doctor ∙ Cano(n)ic(us) ∙ ac ∙ cvstos / ∙ eccl(es)ie ∙ Rat(isbonensis) ∙ p(re)p(osi)tvs ∙ s(an)c(t)i ∙ viti ∙ In ∙ / herrid(e)n ∙ p(ro)thono(ta)r(ius) ∙ / ap(osto)lice ∙ sedis ∙ (et) c(etera) ∙

  2. II.

    ∙ cui(us) ∙ a(n)i(m)a / req(ui)escat ∙ / in pace b)

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1473 am Mittwoch nach dem Tag der Bekehrung des Heiligen Paulus starb der ehrwürdige Vater Thomas Pirckheimer, Doktor beider Rechte, Domherr und Kustos der Regensburger Kirche, Propst zu St. Vitus in Herriden, Apostolischer Protonotar und vieles mehr. (I)

Seine Seele möge ruhen in Frieden. (II)

Datum: 1473 Januar 27.

Wappen:
Pirckheimer mit Oberwappen eines Apostolischen Protonotars2).

Kommentar

Thomas wurde um 1417/18 als Sohn des Nürnberger Patriziers Franz Pirckheimer und seiner Frau Klara aus der Familie Pfinzing geboren. Er ist der Großonkel des berühmten Humanisten Willibald Pirckheimer, des letzten männlichen Mitglieds dieser Familie. Thomas Pirckheimer erwarb zunächst in Leipzig den Titel eines Baccalaureus der Künste, schrieb sich in Erfurt an der Juristenfakultät ein und studierte daraufhin nacheinander an den Universitäten von Bologna, Padua, Pavia und Perugia. Im Jahre 1442 wurde er zum rector magnificus der Universität Perugia gewählt. An dieser Universität erhielt er dann den Titel eines doctor utriusque juris3). Die folgenden Jahre verbrachte er abwechselnd an der Kurie in Rom und am Hofe Herzog Albrechts III., dessen Angelegenheiten er an der Kurie vertrat. Diese Tätigkeit verhalf ihm zu einem beträchtlichen Vermögen. Er besaß die Propstei in Andechs (Lkr. Starnberg/OB.) und mehrere Pfarreien und Propsteien in den Diözesen Salzburg, Bamberg, Mainz und Eichstätt. Mit der Wahl Papst Nikolaus V. erhielt er am 23. März 1450 auch das Amt des Domkustos in Regensburg, das durch die Wahl Friedrichs von Plankenfels zum Bischof, der das Amt bis dahin innehatte, vakant war. Zu diesem Amt gehörte auch der Domherrenhof, der ihm bis an sein Lebensende als Wohnsitz diente. Als Ausgleich dafür, dass er trotz Empfehlungen von höchster Stelle die von ihm angestrebte Pfarrei St. Lorenz in Nürnberg nicht erhielt, bekam er ein Kanonikat in Eichstätt und die Propstei von St. Vitus in Herrieden (Lkr. Ansbach/MFr.)4).

Auch die politische Karriere des Domherren war erfolgreich. Er fungierte als Rat der Herzöge Albrecht III., Johann IV., Ludwig des Reichen und Sigmund und war Kanzler Johanns IV. und Sigmunds5). Als Gesandter vertrat Thomas Pirckheimer die Reichstädte Regensburg und Nürnberg 1459 auf dem großen Fürstenkongress in Mantua. Im Jahre 1471, bei dem großen Regensburger Christentag beherbergte er drei Monate lang den Kardinallegaten der Kurie, Francesco Todeschini-Piccolomini, den späteren Papst Pius III.6). Im Jahre 1473 ist er als Mitglied einer Fraternitas des Hl. Wolfgang nachzuweisen7).

Textkritischer Apparat

  1. lis hochgestellt.
  2. Die Trennzeichen sind Quadrangeln.

Anmerkungen

  1. Schuegraf, Dom II, 102; Freytag/Hecht 36; Kdm Regensburg I, 182.
  2. BayA1 53.
  3. Lieberich, Gelehrte Räte 158f.: Leipzig WS 1433, bacal. art. 1435; Erfurt 19. 9. 1437; Padua 1441 scolaris juris; Perugia 1443 Rector und 1445 decretorum doctor; Ettelt-Schönewald, Kanzlei, Rat und Regierung Herzog Ludwigs des Reichen von Bayern-Landshut (1450-1479), 452.
  4. Diese Ausführungen sind zusammengefasst nach Fuchs, Thomas Pirckheimer – Frühhumanist im Regensburger Domkapitel 104-108; Leoprechting 95: Thoma Purchhamber, Custos 1461; Ries, Generalschematismus 133; Scherg, Bavarica aus dem Vatikan 193; Lieberich, Gelehrte Räte 158f.; Fuchs/Märtl, Literarisches und geistiges Leben 910. Zu urkundlichen Erwähnungen vgl. auch Fuchs/Krieger, Regesten Kaiser Friedrichs III., 16. April 1464 (Nr. 175), 7. Januar 1471 (Nr. 260); zuletzt Fuchs, Hans Pirckheimer 16ff.; eine umfassende Würdigung von Leben und Werk Thomas Pirckheimers wird von Georg Strack (München) vorbereitet, dessen von Prof. Claudia Märtl betreute Dissertation vor dem Abschluss steht.
  5. Lieberich, Gelehrte Räte 158f.
  6. Gemeiner, Chronik III, 475f.; Wolff, Regensburger Häuserbestand 138: Der Domherrenhof befand sich südlich des Salzburger Hofes am Frauenbergl.
  7. Schratz, St. Wolfgangsbruderschaften 248.

Nachweise

  1. Eppinger 11, 28; Zirngibl, Epitaphia 50; Ried, Collectio 26v; Schuegraf, Dom II, 102.

Zitierhinweis:
DI 74, Inschriften des Regensburger Doms (I), Nr. 251 (Walburga Knorr, Werner Mayer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di074m013k0025107.