Inschriftenkatalog: Regensburger Dom (I)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 74: Inschriften des Regensburger Doms (I) (2008)

Nr. 190 Kreuzgang, Nordflügel, Nordwand, Westseite, 4. Joch 1440

Beschreibung

Grabplatte des Kanonikers und Dompfarrers Wolfhard Ebner aus rotem Marmor, ehemals im Domfriedhof vor der Kirchentüre von St. Ulrich im Boden eingelassen1), heute im Domkreuzgang an der Wand aufgerichtet2). Die erhaben gehauene Umschrift auf erhöhtem Rand beginnt im ersten Drittel der rechten Längsseite, läuft um den Stein und endet ebenda. Beginn und Ende der Inschrift markiert ein nacktes betendes Kind, die Seele des Verstorbenen bildhaft darstellend. In der unteren rechten Ecke eine Hand, die auf den Namen des Verstorbenen an der unteren Breitseite weist. Die linke obere Ecke füllt der große Initialbuchstabe I, integriert in eine Engelsfigur. Im Feld die Gestalt des Domherren im Viertelrelief, bekleidet mit einem Messgewand und auf einem Kissen mit großen Quasten ruhend. Der Kopf ist leicht geneigt. Die Gestalt steht fest auf einem Profilsockel, rechts ein Gesellenfigürchen, das hinauf zeigt, links ein Hündchen. Der Kanoniker hält in seiner linken Hand den Kelch, die rechte Hand weist auf die Hostie, deren Prägung nicht mehr genau zu erkennen ist. Die Kasula ist geziert mit einem Gabelkreuz aus einer breiten ornamentierten Borte, die auch mit figürlichen Darstellungen besetzt ist: in der Mitte als Ganzfigur Christus als Schmerzensmann, am linken Kreuzarm die Hl. Katharina, rechts der Hl. Petrus, beide als Halbfiguren. Der Zustand der Grabplatte ist relativ gut.

Maße: H. 257 cm, B. 131 cm, Bu. 7,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/2]

  1. Anno ∙ domini ∙ Millesimo ∙ Quadringentesimo ∙ xl // a) Wolfhardus ∙ ebner ∙ prespiter / canonicus ecclesie ∙ Ratisponensis ∙ et huius b) ∙ loci ∙ plebanus ∙ obyt / In manus c) ∙ tuas d) ∙ domine ∙ comnendo e) / spiritum ∙ meum f)

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn 1440 starb Wolfhard Ebner, Priester und Domherr der Regensburger Kirche und Pfarrer dieses Ortes. In deine Hände, Herr, befehle ich meinen Geist.

Bibel- und Schriftstellerzitat(e):

  • Lk 23, 46.

Datum: 1440 Dezember 013).

Kommentar

Wolfhard aus der Nürnberger Patrizierfamilie Ebner war bereits im Jahre 1397 Kleriker der Diözese Regensburg mit Expektanz auf ein Benefizium in Niederaltaich (Lkr. Deggendorf/NB.). Er hatte zu dem Zeitpunkt schon ein Kanonikat bei St. Johann, ebenfalls mit Pfründe-Expektanz. Im Jahre 1404 ist der Stiftskanoniker mit Pfründen ausgestattet. In den Jahren 1409 bis 1411 hielt er sich außerhalb von Regensburg auf, er war Pfarrer von Wörth (Lkr. Regensburg). Am 7. Februar 1424 erhielt er von Bischof Johann von Streitberg die Dompfarrei, die er bis zu seinem Tod innehatte.1427 wurde er in das Domkapitel berufen; in diesem Jahr resignierte er auch als Stiftskanoniker4). Auf eigene Kosten ließ er den Domfriedhof neu gestalten, in dem er auch selbst seine letzte Ruhestätte fand. Aus dem Jahr 1436 ist eine Verordnung überliefert, die die Bestattungen im Domfriedhof regelte. Wolfhard Ebner war neben den Domherren Johannes von Ramsberg (s. Kat.-Nr. 202) und Hans von Frankengrüner mit der Durchführung dieser Regeln betraut5). Im Jahre 1434 richtete er für die Dompfarrei, die er versah, eine Pfarrbücherei ein, die 81 Bände umfasste und als erste Bibliothek in der Reichsstadt der Öffentlichkeit zugänglich war. Er war Doktor der Theologie und Medizin und galt zudem als glänzender Prediger6). Im Jahre 1437 gehörte er zu den Mitunterzeichnern der Wahlkapitulation zur Wahl Friedrichs von Parsberg zum Regensburger Bischof7).

Bereits im Jahre 1427 stiftete Wolfhart Ebner dem Dom ein silbervergoldetes Kreuz (s. Kat.-Nr. 166)8). Im Jahre 1434 stiftete er einen Jahrtag und die Kosten für das Fest der Translatio der Hl. Katharina. Ein Kaplan sollte wöchentlich am Samstag, Sonntag und Dienstag die Messe lesen. Vom 15. Oktober 1440 ist ein Revers des Domkapitels überliefert, das von seiner Stiftung im Dom berichtet9). Eine Inschrift auf einem Schlussstein in der Ulrichskirche aus dem Jahr 1440 nennt Wolfhard Ebner als Dompfarrer und bezieht sich auf die Renovierung des Kirchengewölbes in seiner Amtszeit10).

Textkritischer Apparat

  1. Unterbrochen durch Hand.
  2. Ohne Wortabstand.
  3. Ohne Wortabstand; spiegelverkehrte s.
  4. Spiegelverkehrtes s.
  5. Sic!
  6. Zwischen den einzelnen Worten Zierkreuze, die oben und unten mit Lilien besetzt sind.

Anmerkungen

  1. Schuegraf, Dom II, 224f.: Die Grabplatte kam also erst nach 1848 an ihren heutigen Standort; vgl. auch Hubel, Mittelalterliche Plastik in Kreuzgang und Kapitelhaus 61.
  2. Freytag/Hecht 16, 61; Kdm Regensburg I, 194 (mit Abb. Tafel XXIV).
  3. Güntner, Dekane und Kanoniker 76.
  4. RG II/3, Sp. 1169; Güntner, Dekane und Kanoniker 76; nach Bernclau 197 erhielt er bereits im Jahr 1400 Pfründe; Ries, Generalschematismus 10.
  5. Schuegraf, Dom II, 224; Gemeiner, Chronik III, 78; im Jahre 1432 ist er als iudex surrogatus nachzuweisen; vgl. Deutsch, Ehegerichtsbarkeit 415.
  6. Mayer A., Thesaurus Novus III, 95-98; Schuegraf, Dom II, 225, 232; Güntner, Dekane und Kanoniker 76; Fuchs/Märtl, Literarisches und geistiges Leben 909 (Anm. 5, Stiftungsurkunde der Bibliothek); MBK 4, 94.
  7. Oefele I, 221; Janner, Bischöfe III, 451; Fuchs, Wahlkapitulationen 23.
  8. Hubel, Domschatz 18; ders., Geschichte des Domschatzes 303f.
  9. Schuegraf, Dom II, 188; Janner, Bischöfe III, 469.
  10. Endres, Führer 9; Kdm Regensburg III, 26; RDK II, Bauinschrift Sp. 37: Anno · d(omi)ni · M · CCCC · xl · hoc · opus · triv(m) · testitvdinv(m) · est · renovatv(m) · temp(or)e · wolfhardi · plebani · hvi(us) · eccl(esi)e.

Nachweise

  1. Kdm Regensburg I, 194 (Tafel XXIV); Hubel, Mittelalterliche Plastik in Kreuzgang und Kapitelhaus 61 (Abb. 10, 11); Güntner, Dekane und Kanoniker 133.

Zitierhinweis:
DI 74, Inschriften des Regensburger Doms (I), Nr. 190 (Walburga Knorr, Werner Mayer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di074m013k0019002.