Inschriftenkatalog: Regensburger Dom (I)
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 74: Inschriften des Regensburger Doms (I) (2008)
Nr. 189 Domkirche, südliches Seitenschiff, Turmjoch 1440
Beschreibung
Grabplatte des Wolfhard Wölfel aus rotem Marmor, ad ultimam portam epistolae1), im Boden eingelassen. Die Grabplatte befand sich bis 1836 direkt vor dem von diesem Domherren gestifteten Altar der Hl. Ursula im fünften Joch des Langhauses2). Die Inschrift beginnt oben links, läuft um den ganzen Stein und endet ebenda. In drei Ecken sind Wappenschilde angeordnet, die vierte Ecke an der unteren linken Breitseite ist abgebrochen und nachgebessert, vermutlich befand sich hier ebenfalls ein Wappenschild. Im Feld: Die Gestalt des Kanonikers, bekleidet mit Chorgewand, Almucia und Birett, auf einem Kissen mit großen Quasten ruhend. In seiner linken Hand hält er den Kelch, die Rechte segnend darüber. Viertelrelief. Die Grabplatte ist in keinem besonders guten Zustand.
Maße: H. 251 cm, B. 117 cm, Bu. 7,5-8,5 cm.
Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.
Anno ∙ d(omi)ni ∙ M ∙ cccc ∙ qva//dragintesimo ∙ die ∙ tercia ∙ Mensis ∙ octobris ∙ obit ven(erabi)lis · // d(omi)n(u)s ∙ bolfhardvs ∙ bolfel ∙ // p(re)p(osi)tvs ∙ s(ancti) ∙ ioha(nni)s ∙ ac ∙ Kano(n)ic(us) ∙ Eccl(esi)e ∙ rat(is)po(nensis) ∙ fv(n)dat(or) ∙ hvi(us) ∙ altari(s) ṣẹ(pultus) a)
Übersetzung:
Im Jahre des Herrn 1440 am dritten Tag im Monat Oktober starb der ehrwürdige Herr Wolfhard Wölfel, Propst von St. Johann und Kanonikus der Regensburger Kirche, Stifter dieses Altares, hier begraben.
Datum: 1440 Oktober 03.
Wölfel3). |
Textkritischer Apparat
- Die Trennzeichen sind Quadrangeln.
Anmerkungen
- Zirngibl, Epitaphia 11; Cranner 98: bey dem St. Hieronymus Altar; diese Version übernimmt auch Freytag/Hecht 14; Kdm Regensburg I, 130; Güntner, Pröpste 55.
- Hubel, Baldachinaltäre 40ff.; Hubel/Kurmann, Der Regensburger Dom 73.
- Urbanek, Wappen 300; Leoprechting 90, hier ist das Wappen der Edlen von Naabeck abgebildet; vgl. hierzu BayA3 145 (Wappenbild wie Leoprechting): hier wird an der Herkunft des Domherren aus der Familie von Naabek gezweifelt. Das Wappenbild zu Füßen der Stifterfigur an dem von ihm gestifteten Ursulaaltar zeigt das Bild der Regensburger Familie Wölfel; vgl. hierzu Hubel/Kurmann, Der Regensburger Dom 73f. (Abb. 67).
- Urbanek, Wappen 300; Ries, Generalschematismus 129.
- Schuegraf, Dom II, 20, Anm. 37; Thiel, Urkunden St. Johann Nr. 504 (S. 564); Güntner, Pröpste 40: 1414 wird er als Pfarrer von Obermünster erwähnt, 1415 stifteten er und sein Vater eine Ewigmesse für Obermünster, für die sie drei Weingärten vermachten, vgl. hierzu Ried, Codex 974; anders Bernclau, Episcopatus 452: 1433 Propst von St. Johann.
- RG IV/3, Sp. 3814.
- Leoprechting 90; Bernclau, Episcopatus 452; Ried, Catalogus; Paricius, Nachricht 43; anders Güntner, Pröpste 40: 1424 bereits Domherr.
- Hubel, Baldachinaltäre 40f., hier werden auch die nicht richtigen Zuordnungen dieses Altares in der älteren Literatur auf Grund der wechselnden Patrozinien diskutiert, vgl. Schuegraf, Dom II, 18-22; Kdm Regensburg I, 99f.; Zahn, Dom 59; vgl. hierzu auch Mai, Bruderschaften und Benefizien 416.
- Hubel, Baldachinaltäre 43-47; Hubel/Schuller, Dom 118.
Nachweise
- Bernclau, Episcopatus 452; Handschriftensammlung 99; Zirngibl, Epitaphia 11; Ried, Collectio 12r; Cranner 98; Schuegraf, Dom II, 21; Sammlung Resch VII, Blatt 11 (Zeichnung von J. Bergmann); Sammlung Heckenstaller 346.
Zitierhinweis:
DI 74, Inschriften des Regensburger Doms (I), Nr. 189 (Walburga Knorr, Werner Mayer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di074m013k0018903.
Kommentar
Wolfhard, Sohn des Paltwein Wölfel, Bürger zu Regensburg, war von 1415 bis 1420 Pfarrer in Obermünster4). Im Jahre 1418 ist er bereits Stiftskanoniker bei St. Johann. Als Stiftspropst von St. Johann hat er 1428 aufgeschworen. Dieses Amt erhielt er von Papst Martin V. durch Kollation5). Noch im selben Jahr erhielt er in der Nachfolge des verstorbenen Domherren Johannes Fuchs (s. Kat.-Nr. 167) die Pfarrei Taufkirchen (Gde. Falkenberg, Lkr. Rottal-Inn/NB.) in der Diözese Passau6). Im Jahr 1430 wurde er in das Domkapitel gewählt und als capellanus imperialis und capellanus honoris bezeichnet7).
Der Domherr und Stiftspropst gilt als Stifter des Ursulaaltares, der im Zuge der Purifizierung im 19. Jahrhundert von seiner ursprünglichen Lage im fünften Joch des Langhauses in den nördlichen Nebenchor vor die Chorschlusswand versetzt wurde. Der Stifter Wolfhard Wölfel ist auf der Verkündigungsszene des Ursulamartyriums kniend mit Wappen abgebildet8).
Die Altarstiftung, die Darstellung des Stifters auf dem Retabel und die Grabplatte unmittelbar vor dem Altar geben Zeugnis für das Bemühen wohlhabender Domherren, den Begräbnisplatz an bedeutender Stelle in der Kathedralkirche zu erwerben. Der Altar und das Retabel waren laut neuester Forschung im Jahre 1440, also im Todesjahr des Stifters, bereits vollendet9).