Inschriftenkatalog: Regensburger Dom (I)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 74: Inschriften des Regensburger Doms (I) (2008)

Nr. 92 Kreuzgang, Kapelle der Verlassenheit, Nordwand 1375/1377

Beschreibung

Querrechteckige Inschriftentafel des Ulrich und des Otto Woller aus Kalkstein, ehemals im Südflügel des Kreuzganges an der Wand nahe der heute noch vorhandenen Grabplatte der Katharina Woller (s. Kat.-Nr. 90)1), heute im Altar der Kapelle der Verlassenheit. Die gelb gefasste Tafel trägt eine sechszeilige Inschrift und ist in die Wand eingemauert; die Inschrift ist schwarz bemalt2). Darüber im Dreiviertelrelief Erbärmdechristus in Halbfigur mit vor der Brust gefalteten Händen und auf Wolken. Über dem Relief ein kleiner Baldachin. Gerahmt von einem rundbogigen und von Wimperg bekrönten Altar, dessen Unterseite die letzte Zeile der Inschrift überdeckt.

Maße: H. 53 cm (sichtbar), B. 70 cm, Bu. 7 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

  1. + anno · d(omi)ni · Mo · ccco · lxxvo · o(biit) · / vlricus · d(i)c(tu)s · Wollaer a) · i(n) crasti= /no b) · katerine · virginis · c) / · anno · d(omi)ni · Mo · ccco · lxxv / ii · o(biit) · domin(us) · otto · d(i)c(tu)s / Wollaer a) · in · die · urbani d)

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1475 starb Ulrich, genannt Woller, am Tag nach dem Fest der Heiligen Jungfrau Katarina. Im Jahr des Herrn 1377 starb Herr Otto, genannt Woller, am Tag des Hl. Urban.

Datum: 1375 November 26; 1377 Mai 253).

Wappen:
Woller4).

Kommentar

Ulrich und Otto waren Söhne des Heinrich und der Johanna Woller, ihre Schwester war Luzia Ingolstetter (s. Kat.-Nr. 76)5). Ulrich, verheiratet mit Katarina (s. Kat.-Nr. 90), der Tochter Leopolds und Cäcilia Waiters, war in den Jahren 1364 und 1367 Stadtkämmerer6). Ulrich und Katharina Woller stifteten zwei Teile des vierteiligen Lanzettfensters im südlichen Seitenschiff des Domes im vierten Joch (s. Kat.-Nr. 89), auf dem die Wappen der Familien Woller und Waiter, die Hl. Verena, die Patronin ihrer Hauskapelle, und die hier besonders verehrten Philippus und Jakobus dargestellt sind7). Die Familie Woller hatte seit dem Ende des 13. Jhs. ihren Wohnsitz in der Achkirchstraße, der heutigen Unteren Bachgasse, in dem sich auch die Verenakapelle befand8). Da das Ehepaar kinderlos blieb, setzte Ulrich in seinem Testament vom 16. Februar 1375 seinen Bruder Otto als Haupterben ein9).

Otto Woller, der bedeutendere der Brüder, war verheiratet mit Elena, geborene Wenche10). Er war Ratsherr von 1354 bis 1362, Schultheiß 1359, 1360 und von 1363 bis 1378, Wachtmeister der Westnerwacht in den Jahren 1354, 1355 und 1362 und Münzmeister 136111).

Textkritischer Apparat

  1. Der Buchstabe e ist über das a gestellt.
  2. Ohne Wortabstand.
  3. Blütenförmiges Zierzeichen aus sieben Punkten.
  4. Die Trennzeichen sind bis zum Zierzeichen nach virginis Punkte, dann Quadrangeln.

Anmerkungen

  1. Eppinger 16, 31, Walderdorff, Regensburg 182.
  2. Freytag/Hecht 55f.; Kdm Regensburg I, 173, 204; Morsbach, Domkreuzgang 38.
  3. Die Datierung II ist zwar eindeutig so auf der Inschrift zu erkennen, jedoch ist Otto Woller als Schultheiß letztmalig am 12. Mai 1378 als Siegler nachzuweisen (RUB II, 1193), als bereits verstorben wird er am 24. Juli 1378 vermerkt (RUB II, 1206). Ritscher, Ratsverfassung III, 16-18.
  4. BayA1 193; Bg2 36; Urbanek, Wappen 300.
  5. RUB II, 590; StadtAR, Urkunden des Regensburger Almosenamts (8. November 1344).
  6. RUB II, Nr. 708, 723; Morré, Ratsverfassung 113.
  7. Fritzsche, Glasmalereien 273ff.; zu weiteren Stiftungen vgl. Hoernes, Hauskapellen 201.
  8. Hoernes, Hauskapellen 198ff.
  9. RUB II, 1073; Bastian, Runtingerbuch III, 442.
  10. RUB II, 590, 1206; erste urkundliche Erwähnung 1351 im Testament des Konrad Vorpruck (RUB II, 10).
  11. RUB II, S. 637 (Register); Emmerig, Münzerhausgenossenschaft 147; Hoernes, Hauskapellen 200.

Nachweise

  1. Eppinger 16, 31; Rheude, Grabsteine im Kreuzgange 80.

Zitierhinweis:
DI 74, Inschriften des Regensburger Doms (I), Nr. 92 (Walburga Knorr, Werner Mayer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di074m013k0009203.