Inschriftenkatalog: Regensburger Dom (I)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 74: Inschriften des Regensburger Doms (I) (2008)

Nr. 85 Domkirche, Hauptchor, Südseite, 3. Joch, Fenster (Chorfenster SÜD III) um 1370

Beschreibung

Die sechs Bahnen des sogenannten Marientod-Fensters sind paarweise angeordnet, die äußeren Paare sechszeilig, das mittlere siebenzeilig; alle mit Kopfscheibe1). Im Maßwerk je drei Dreipässe und Vierpässe. Die Darstellung des Todes Mariens und die Aufnahme ihrer Seele in den Himmel erstreckt sich über das ganze Fenster, gerahmt von einem Kielbogen, dessen aufgesetzte Kreuzblume bis in das Maßwerk reicht. Die Apostel sind um das Totenbett Mariens versammelt, darüber schwebt in einer strahlenden Wolkenmandorla Christus mit der Seele Mariens in den Himmel. Diese Darstellung wird flankiert von einem knienden Stifterpaar mit je einem Wappen zu Füßen, links Anna von Wildenstein, gekleidet als adelige Dame mit Kruseler und pelzverbrämtem Gewand, mit einem Schriftband (Inschrift I) in der zweiten und dritten Zeile der ersten Fensterbahn, rechts Wernt Auer, ebenfalls mit einem Schriftband (Inschrift II) in der zweiten und dritten Zeile der sechsten Bahn.

Text nach Photomaterial CVMA:

Maße: H. ca. 9,00 m, B. ca. 5,80 m.

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

  1. I.

    ∙ MISERERE ∙ MEI ∙ DEVS ∙

  2. II.

    MISERERE ∙ MEI ∙ DEVS

Übersetzung:

Gott, erbarme dich meiner.

Datum: um 13702).

Wappen:
Auer3), Wildenstein4).

Kommentar

Die Stifter dieses Fensters waren Wernt Auer und seine Frau Anna von Wildenstein. Wernt stammte aus der Linie der Auer bei dem Burgtor und war ein Sohn des Heinrich Auer5). Wie sein Vater war er ein bischöflicher Ministeriale und Pfleger in Teisbach, hatte aber auch landesherrliche Ämter inne, z. B. als Richter in Dingolfing/NB.6). Das Stifterpaar war bereits 1335 verheiratet, wie sich aus einer Urkunde vom 27. März 1335, die Heinrich von Wildenstein, der Bruder Annas, ausgestellt hatte, ergibt7). Wernt war 1354 Hofmeister des Regensburger Bischofs. Er erwarb 1357 von Herzog Albrecht von Niederbayern das Gericht und Güter in Truchtlfing8). Er hat viele Stiftungen getätigt, unter anderem zusammen mit seiner Frau im Jahr 1358 einen Jahrtag im Dom. 1366 siegelte er als Ritter und Vitzthum zu Straubing/NB.9).

Wernt Auer und Anna von Wildenstein sind beide in der Pfarrkirche in Geisling (Lkr. Regensburg) bestattet10). Die Wappengrabplatte des Ehepaares aus Rotmarmor, ehemals im Pflaster vor dem Hochaltar eingelassen, befindet sich heute an der westlichen Außenwand der Pfarrkirche. Der Inschrift nach starb Anna am 9. Juni 1370 und Wernt Auer am 2. Oktober 137611).

Die Wappen des Stifterpaares erscheinen auch am Chorfenster SÜD IV und NORD IV (s. Kat.-Nrn 86 und 87). Diese drei Fenster sowie das von Peter Sitauer gestiftete Chorfenster NORD III (s. Kat.-Nr. 84) stammen aus der Werkstatt des Heinrich Menger, der in den 70er Jahren des 14. Jahrhunderts in Regensburg tätig war12).

Anmerkungen

  1. Fritzsche, Glasmalereien 123-132 (Abb. 190, 193, 194, 196-217) mit Zusammenfassung der älteren Literatur; Hubel, Glasmalereien 2002, 27f.
  2. Hubel, Glasmalereien 2002, 28. Fritzsche, Glasmalereien 126 datiert etwas später: 1370-1375.
  3. Urbanek, Wappen 62ff.
  4. BayA1 64. Da die Scheibe mit dem linken Wappen 1902 komplett erneuert wurde, gab es Unsicherheiten in der Zuordnung, aber Schuegraf, Dom I, 109 benennt es als Wappen der Familie Wildenstein. So auch eine Zeichnung in der Sammlung Resch (Tafel XIX e).
  5. Zur Familie der Auer s. Trotter, Auer 28ff., Schmuck, Ludwig der Bayer 88ff., Hoernes, Hauskapellen 101ff., 156ff. Zu Wernt Auer ausführlich Hoernes, Hauskapellen 102-106.
  6. Vgl. Schmuck, Ludwig der Bayer 112f.; Hoernes, Hauskapellen 104.
  7. RUB I, Nr. 755; vgl. Fritzsche, Glasmalereien 126 (Anm. 338).
  8. Hund, Stammenbuch I, 171.
  9. RUB II, Nr. 665; vgl. Fritzsche, Glasmalereien 129 (Anm. 347 und 348).
  10. Wernt Auer stiftete hier zwei Benefizien und war der Erbauer der Ursulakapelle; vgl. Kdm Bezirksamt Regensburg 76.
  11. Die Inschrift in gotischer Majuskel lautet: ANNO ∙ D(OMI)NI ∙ M ∙ CCC ∙ L ∙ XXV/I · O(BIIT) ∙ HERR ∙ BERRENT ∙ DER ∙ AVAR ∙ AN ∙ SAND ∙ DYONISEN ∙ ABENT / ∙ ANNO ∙ D(OMI)NI ∙ Mo ∙ CCCo ∙ L ∙ XX ∙ O(BIIT) ∙ FRA/W ∙ ANN ∙ WERNTZ ∙ DEZ ∙ AVAR ∙ FRAW ∙ DEZ ∙ SVNTAGS ∙ NAC(H) ∙ PFINSTEN; Elsen, Dom 123; vgl. Kdm Bezirksamt Regensburg 76 (mit Abb. Fig. 46).
  12. Vgl. Fritzsche, Glasmalereien 28f.

Nachweise

  1. Sammlung Resch IV, Blatt 24; Fritzsche, Glasmalereien 126, 129 (Abb. 198, 203).

Zitierhinweis:
DI 74, Inschriften des Regensburger Doms (I), Nr. 85 (Walburga Knorr, Werner Mayer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di074m013k0008503.