Inschriftenkatalog: Regensburger Dom (I)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 74: Inschriften des Regensburger Doms (I) (2008)

Nr. 53 Kreuzgang, Nordflügel, Ostseite, Südwand, 1. Joch 1326

Beschreibung

Grabplatte des Ulrich von Au aus Kalkstein mit Spuren von Bemalung, ehemals im zweiten Joch des nördlichen Seitenschiffs der Domkirche beim Katharinenaltar1). Heute im Nordflügel des Kreuzganges an der Südwand aufgerichtet2). Die Inschrift auf erhöhtem Rand beginnt oben links, läuft um den ganzen Stein und endet an der oberen linken Längsseite im letzten Drittel. Da die minderen Sterbedaten von anderer Hand nachträglich eingehauen worden sind, ist anzunehmen, dass die Grabplatte bereits zu Lebzeiten des Dekans in Auftrag gegeben worden ist. Die Grabplatte wurde 1839 aufgefunden und in den Domkreuzgang verbracht, während die Grabplatte des Dietrich von Au (s. Kat.-Nr. 80), einem weiteren Mitglied der berühmten Familie, noch am ursprünglichen Ort zu finden ist3). Im vertieften Feld ist die Gestalt des Dekans im Hochrelief herausgehauen. Sein Kopf ruht auf einem mit Quasten verzierten Kissen, bekleidet ist er mit der Kasula, in seinen Händen ein Buch haltend. Die Grabplatte entstand zwischen 1322 und 1326 und wurde vermutlich von derselben Werkstatt erstellt, die auch die Skulpturen der Hl. Petronella und des Hl. Christophorus schuf. Die Skulptur ist an der Nase und der Oberlippe beschädigt. Knapp unter Kniehöhe befinden sich zwei große Dübellöcher4). Ansonsten ist der Zustand der Grabplatte gut.

Maße: H. 205 cm, B. 80 cm, Bu. 7,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

  1. + ∙ VLRICVS ∙ DE ∙ A/WE ∙ DECAN(VS) ∙ ECCLESIE ∙ RATISPONENSIS ∙ O(BIIT) ∙ / ANNO ∙ D(OMI)NI ∙ Mo / CCCo ∙ XXVI ∙ SECVNDO ∙ NONAS ∙ IVNII a) ·

Übersetzung:

Ulrich von Aue, Dekan der Regensburger Kirche, starb im Jahre des Herrn 1326 am zweiten Tag vor den Nonen des Juni.

Datum: 1326 Juni 04.

Kommentar

Ulrich stammt aus der Familie der Auer zu Auburg und Brennberg, Turnier- und Ministerialenadel, die seit 1160 in Regensburg nachweisbar ist und eine bedeutende Rolle in der Stadt spielte5). Von 1300 bis 1316 amtierte er als Propstrichter von St. Johann6). Mit Ulrich von Au gelangte der erste der Familie unter Bischof Nikolaus von Ybbs (s. Kat.-Nr. 36) in die bischöflich-hochstiftische Verwaltung. Ab 6. Mai 1316 tritt er als Generalvikar des Hochstifts auf, sodass anzunehmen ist, dass er sein Amt als Stiftspropst resigniert hatte. Letztmalig wird er als Stiftspropst im Jahre 1318 genannt7).

Er ließ im Jahre 1322 die Altarkapelle zu Ehren der Heiligen Katharina zwischen den beiden Strebepfeilern des zweiten nördlichen Seitenschiffjoches der Domkirche errichten und bestimmte hier seinen Bestattungsort noch zu Lebzeiten. Für diesen Altar erwarb er mehrere Güter8). Hier befand sich auch noch im 19. Jahrhundert ein Gedenkstein mit Inschrift (s. Kat.-Nr. 54)9). Mit großer Wahrscheinlichkeit war er auch der Stifter eines Fensters im Triforium des Hauptchores, in dem das Wappen der Familie Auer dargestellt ist (s. Kat.-Nr. 58).

Letztmals wird Ulrich von Au als Domdekan am 1. Februar 1323 genannt10).

Die Familie hatte ihren Stadtwohnsitz am Römling. Der Patron der Hauskapelle war der Hl. Thomas, zu dessen Fest Ulrich von Au mehrere Jahrtage stiftete11).

Textkritischer Apparat

  1. XXVI SECUNDO NONAS IVNII von anderer Hand nachgetragen.

Anmerkungen

  1. Zirngibl, Epitaphia 11; Ried, Collectio 12r; Cranner 77: bey der Florinuskapelle.
  2. Freytag/Hecht 11; Kdm Regensburg I, 195 (mit Abb. 116); Güntner, Pröpste 57.
  3. Schuegraf, Dom I, 109f. und II, 12.
  4. Hubel, Mittelalterliche Plastik in Kreuzgang und Kapitelhaus 53f.; Hubel/Schuller, Dom 52 (mit Abb. 61), 68.
  5. Hund, Stammenbuch I, 171; zur Familie vgl. Morré, Ratsverfassung 62ff.; Fischer, Hochfinanz 41 (Anm. 135); Auburg (Gde. Barbing, Lkr. Regensburg), Brennberg (Lkr. Regensburg).
  6. Güntner, Pröpste 34f.; Schmuck, Ludwig der Bayer 111, 113 mit Anm. 902: Ulrich wurde bereits 1300 von Bischof Konrad als unsern viztum benannt.
  7. Güntner, Pröpste 35; Leoprechting 55: Liste der Dekane ohne Datum der Wahl; ebenda 75: Ulrich von Au in Prennberg Canonicus et Decanus; Janner, Bischöfe III, 192 (Anm. 1); allerdings ist er in einer Urkunde vom 12. Juli 1331 als Propst von St. Johann bezeichnet (RUB I, 648); vgl. hierzu ausführlich Schmuck, Ludwig der Bayer 112f.; Schütz Alois, Beiträge zur Verwaltung des Bistums und Hochstifts Regensburg unter Bischof Nikolaus von Ybbs (1313-1340). Beobachtungen zum spätmittelalterlichen Aktenwesen, in: VHVO 115 (1975), 105 mit Anm. 204; Thiel, Urkunden St. Johann Nr. 135 (1316): Propst des Stiftes und Generalvikar.
  8. Schuegraf, Dom II, 12; im selben Jahr bekommt Ulrich von Au auch das Patronat von Geisenhausen im Tausch mit Heinrich v. Preising; Janner, Bischöfe III, 179, Anm. 2.; Mai, Bruderschaften und Benefizien 414; ebenda 402: Er stiftete auch einen Jahrtag im Dom, der im Juni begangen wurde.
  9. Hund, Stammenbuch I, 171; Schuegraf, Dom I, 110; Güntner, Pröpste 35.
  10. Thiel, Urkunden I, 50.
  11. MGH Necr. III, 243, 246: 20. Dezember; Hoernes, Hauskapellen 79, 155, 160f., 191.

Nachweise

  1. Bernclau, Episcopatus 168; Zirngibl, Epitaphia 11; Ried, Collectio 12r; Cranner 77; Schuegraf, Dom I, 110; Sammlung Resch VII, Blatt 28; Sammlung Heckenstaller 351; Kdm Regensburg I, 195; Hubel, Mittelalterliche Plastik in Kreuzgang und Kapitelhaus 53; Güntner, Pröpste 57.

Zitierhinweis:
DI 74, Inschriften des Regensburger Doms (I), Nr. 53 (Walburga Knorr, Werner Mayer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di074m013k0005301.