Inschriftenkatalog: Regensburger Dom (I)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 74: Inschriften des Regensburger Doms (I) (2008)

Nr. 11† Kreuzgang, Mittelhalle, Westseite 1290

Beschreibung

Grabplatte der Gertrud, Mutter des Haimo Inter Latinos (In der Wahlenstrasse), ehemals im Kreuzgang im Boden eingelassen1). In der Sammlung Resch findet sich eine Zeichnung dieser Grabplatte, angefertigt von Justus Popp im Jahr 18262). Demnach handelte es sich um eine Grabplatte, deren Inschrift in Gotischer Majuskel oben links begann, um den Stein lief und in der Mitte der linken Längsseite endete. Im Feld: Kreuz mit sich verbreiternden Balken auf Dreiberg mit Kleeblattenden. An der Stange ein schräg aufgelegter Wappenspitzschild.

Text nach Sammlung Resch:

  1. + ANNO ∙ D(OMI)NI ∙ M ∙ / CC XC a) ∙ XVI KA(LENDAS) DECEMB(R)I(S) b) ∙ O(BIIT) GE(R)DRVDIS ∙ / MATER HAIM/ONIS · INT(ER) LAT(INOS) ·

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1290 am 16. Tag vor den Kalenden des Dezember starb Gertrud, die Mutter des Haimo Inter Latinos.

Datum: 1290 November 16.

Wappen:
Inter Latinos3).

Kommentar

Seit 1258 sind Mitglieder der Kaufmannsfamilie Inter Latinos im Kreise der Ratsbürger zu finden4). In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts lässt sich eine Teilung der Familie erkennen; die Mitglieder der einen Linie sind im bischöflichen Dienst zu finden, die andere Linie der Ratsfamilie der Inter Latinos, der Gertrud angehörte, beginnt mit Haimo I.5). Haimo II., wahrscheinlich der Ehemann Gertruds, begegnet vielfach in den Ratslisten zwischen 1284 und 1307. Deren Söhne Haimo der Ältere und Haimo der Jüngere sind in der Stadtverwaltung in verschiedenen Funktionen zu finden. Haimo der Jüngere ist im Jahre 1317 als Hansemitglied nachweisbar, sodass man davon ausgehen kann, dass die Familie auch im Fernhandel tätig war. 1332 gaben die beiden Brüder ihre bayerischen Lehen auf6).

Die Familie hatte ihren Wohnsitz in der Wahlenstrasse; der Goldene Turm ihres Hauses ist einer der höchsten Geschlechtertürme Regensburgs. Der Name Wahlen führt wohl auf welsche, also italienische Kaufleute zurück. Die Wahlenstrasse hieß demnach auch Inter Latinos, unter den Walchen, wobei die hier genannte Familie auch den Namen Haimo führte7).

Textkritischer Apparat

  1. Bei Eppinger 30 und 33 findet sich jeweils die Jahreszahl 1290, auf Seite 18 gibt er 1296 an.
  2. In der Abzeichnung hat das M nur einen Schaft.

Anmerkungen

  1. Eppinger 3, 18, 30, 33. Mitte des 19. Jahrhunderts war diese Grabplatte im Domkreuzgang noch vorhanden, vgl. hierzu Schuegraf, Dom II, 92 und Niedermayer, Künstler und Kunstwerke 109. Im frühen 20. Jahrhundert war sie verschollen, s. Freytag/Hecht 28.
  2. Sammlung Resch IV, Blatt 57.
  3. Urbanek, Wappen 226, 288, 329. Die Wappenbilder der Familien Inter Latinos und Münzer sind identisch.
  4. Morré, Ratsverfassung 26, 123; Wagner-Braun, Wirtschaftliches Leben 468; Gömmel, Wirtschaftsentwicklung 479.
  5. Im Jahr 1258 war Haimo I. Ratsherr und 1262 consiliarius; Morré, Ratsverfassung 38.
  6. RUB I, 99 (1262), 103 (1266), 138 (1286). Zur Familie vgl. Morré, Ratsverfassung 38 und Primbs, Jahr- und Totenbuch 242; Emmerig, Münzerhausgenossenschaft 87; Hoernes, Hauskapellen 223.
  7. Walderdorff, Regensburg 490f.; Bauer, Regensburg 119; ebenda 114: Es könnte sich hier um eine Restkolonie von Romanen handeln, die nicht mit den römischen Truppen abgezogen sind.

Nachweise

  1. Eppinger 3, 18, 30, 33; Sammlung Resch IV, Blatt 57 (Zeichnung von Justus Popp 1826); Schuegraf, Dom II, 92.

Zitierhinweis:
DI 74, Inschriften des Regensburger Doms (I), Nr. 11† (Walburga Knorr, Werner Mayer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di074m013k0001103.