Inschriftenkatalog: Altkreis Osterode

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 105: Osterode (2019)

Nr. 207 Eisdorf, St. Georg 1648

Beschreibung

Glocke. Bronze. Unterhalb der Glockenschulter zwischen zwei Rankenfriesen umlaufend die erhaben gegossene Inschrift in fünf Zeilen; jede Zeile auf einem schmalen Steg. Als Worttrenner Rosetten, am Ende der ersten vier Zeilen ein bis vier Rosetten. Der Beginn der ersten vier Zeilen jeweils untereinander.

Maße: H.: 76 cm; Dm.: 89 cm; Bu.: 2,2 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Jörg H. Lampe) [1/7]

  1. KOMPT LAST VNS ANBETEN VND KNIEN UND NIDER FALLEN FVR DEM HERRN DER VNS · / GEMACHT HAT1) PSALM 95 · PASTORE LAURENTIO BARNSTORFF HANNOVERANE · · · · / SIMON VALTIN FISCHER ET HANS PINNEKEN AEDIUM SACRARUM JURATIS FVSA · · · / EST HAEC CAMPANA EISTORPIENSIS · ANNO 1648 HAT MICH LVDOLFF SIGFRIDT · · / IN HANNOVER GEGOSSEN · ·

Übersetzung:

Zur Zeit des Pastors Lorenz Barnstorf aus Hannover und als Simon Valentin Fischer und Hans Pinneken Kirchengeschworene waren, wurde diese Eisdorfer Glocke gegossen.

Kommentar

Die regelkonforme Kapitalis ist klar und distinkt ausgeführt. Linke Schrägschäfte, vor allem am A, zeigen einen Ansatz zum Haarstrich. Die Bogenenden sind keilförmig verbreitert, Schaftenden sind serifenartig gestaltet. Die unteren Balken von E und L sind verlängert und spornartig ausgezogen, der mittlere Balken von E und F ist verkürzt; am Balken des H ein dreiecksartiger, nach unten gerichteter Sporn. Die Cauda des R ist geschwungen, die Cauda des G ist neben das Bogenende gestellt, unten nach rechts umgebogen und spitz zulaufend. Eine offene 4 mit verkürztem Schaft und linkem Schrägschaft.

Lorenz Barnstorf (Bernstorff), Sohn des Pastors an der hannoverschen Kreuzkirche Conrad Barnstorf (1582–1628), amtierte von 1639 bis 1664 in Eisdorf. 1664 wurde er Pastor in Bartolfelde, wo er noch im selben Jahr starb.2)

Der aus Nienburg stammende Gießer Ludolf Siegfried heiratete 1643 Ilsabe, die Witwe des Stückgießers und Büchsenmachers Johann Meier in Hannover, dessen Werkstatt er übernahm; er starb 1675.3) Seine frühesten Werke stammen aus den Jahren 1641 bis 1643 und sind u. a. in Braunschweig und in Hannover zu finden, wo auch ein Geschütz von ihm entstanden ist.4) 1650 goss er eine Stundenglocke für die Kirche in Katlenburg.5) Im Umkreis Hannovers stammen zahlreiche weitere Glocken aus seiner Werkstatt.6) Als erste Inschrift findet sich auf den Glocken Siegfrieds häufig ein Psalmenzitat, hinzu kommen ausführliche Angaben zu den Funktionsträgern der auftraggebenden Gemeinde sowie die Nennung des Gussortes; bemerkenswert ist auch die öfter zu beobachtende Mischung aus deutschen und lateinischen Inschriften.7)

Anmerkungen

  1. Ps. 95,6.
  2. Meyer, Pastoren, Bd. 1, S. 242 u. 65. Sein Name findet sich nicht in der Helmstedter Matrikel.
  3. Vgl. Eichler/Poettgen, Handbuch der Stück- und Glockengießer, S. 252. Walter, Glockenkunde, S. 877.
  4. 1641 eine Glocke für Gnadau (Sachsen-Anhalt); Eichler/Pöttgen, Handbuch der Stück- und Glockengießer, S. 252; 1642 die Glocken für St. Ägidien und St. Petri in Braunschweig; 1643 eine Glocke für St. Magni in Braunschweig; DI 56 (Stadt Braunschweig II), Nr. 908, 917 u. 924. 1643 auch das Geschütz für Hannover; DI 36 (Stadt Hannover), Nr. 337. 1650 eine Glocke für die Kreuzkirche in Hannover; ebd., Nr. 361.
  5. DI 96 (Lkr. Northeim), Nr. 317.
  6. Nachweise zu Glocken von Ludolf Siegfried, die bis 1650 für Orte in der näheren und weiteren Umgebung Hannovers entstanden sind: DI 88 (Lkr. Hildesheim), Nr. 422; DI 96 (Lkr. Northeim), Nr. 317.
  7. Vgl. dazu DI 104 (Lkr. Schaumburg), Nr. 635 (1649).

Nachweise

  1. Fragebogen von 1917; Westfälisches Glockenmuseum in Gescher: Unterlagen des Provinzialkonservators der Provinz Hannover, Konvolut Kreis Osterode.

Zitierhinweis:
DI 105, Osterode, Nr. 207 (Jörg H. Lampe), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di105g021k0020703.