Inschriftenkatalog: Altkreis Osterode

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 105: Osterode (2019)

Nr. 192 Bad Grund, An der Post 2 1642

Beschreibung

Haus. Fachwerk. Neun Gefache breites, zweigeschossiges, zweimal vorkragendes Haus mit Dachgeschoss. Inschrift A auf dem Schwellbalken des Obergeschosses, erhaben im vertieften, an den Enden halbkreisförmig ausgebuchteten Feld; die Buchstaben farbig (golden vor blauem Hintergrund) gefasst. An der zwölf Gefache breiten östlichen Traufseite im untersten Feld des sechsten Faches von rechts, über dem Auflagebalken, eine Holztafel im mehrfach profilierten Rahmen. Darin, erhaben im vertieften Feld, Inschrift B, mit Ausnahme einiger Hochpunkte farbig (golden vor blauem Hintergrund) gefasst. I mit Punkten. Die Bibelstellenangabe und die Jahreszahl zentriert.

Maße: H.: 45 cm (B); B.: 123 cm (B); Bu.: ca. 6 cm (A), 3,5–4 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis mit Versalien.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Jörg H. Lampe) [1/2]

  1. A

    M(EISTER) · HANS · SCHLEVN

  2. B

    PSALM · 39 · / ACHa) GOTT WES SOL ICH TRÖSTEN MICH / DV WIRSTS WOL MACHENb) ICH HOFFE / AVF DICH.c)1) V(ALENTIN) · H(ILLE) · 1642. · D(ANIEL) · S(POER) ·

Versmaß: Deutsche Reimverse (B, ACH … DICH).

Kommentar

Sporenlose Kapitalis. Die Balken, insbesondere am F und der Mittelbalken des E, sind stark verkürzt. Der Bogen des unzialen G reicht unten nur bis zur Mittellinie, daran anschließend die senkrechte Cauda.

Das Haus2) wurde 1642 als Eisenfaktorei errichtet, die seit etwa 1611 in Grund bestand.3) Valentin Hille wird bereits 1606 als Gegenschreiber in Gittelde neben dem damaligen Eisenfaktor Burghardt Lappe genannt.4) 1643 war er Eisenfaktor in Grund.5) Als Eisenfaktor und seit 25 Jahren amtierender Stadtrichter wird er in einem Papier genannt, das 1640 in den Turmknopf der Wetterfahne der Kirche gelegt wurde. Einer 1836 in der Kirche aufgefundenen, nicht erhaltenen Grabplatte zufolge ist Valentin Hille 1645 gestorben.6) Daniel Spöer war laut Ahrend 1642 Bergvogt.7)

Grund war 1626 von Soldaten Tillys weitgehend zerstört8) und in den folgenden Jahren wieder aufgebaut worden. Auf dem Stich von Conrad Bruno und Caspar Merian von 1654 ist das Haus zu erkennen.9)

Textkritischer Apparat

  1. ACH] Der obere Teil des rechten Schaftes des H abgearbeitet und nicht farbig gefasst.
  2. MACHEN] Zwischen H und E ein Steg in Höhe des Mittelbalkens.
  3. NVN HERR WES SOL ICH MICH TRÖSTEN / ICH HOFFE AVF DICH Mithoff u. Holstein; wörtliche Wiedergabe von Ps. 39,8.

Anmerkungen

  1. Nach Ps. 39,8.
  2. Zum Bau vgl. Friedrich Ahrend, Das erste Amtshaus der Bergstadt Bad Grund, in: Ders., Gründa Historika, S. 26–35, bes. S. 31ff.
  3. Vgl. NLA HA BaCl Hann. 84a, Nr. 46/47: Eingabe der Hammerschmiede in Grund vom 19. Juni 1611, weil sie ihr Eisen „nunmehr“ in die dortige Faktorei liefern müssen, statt wie bisher an die Faktorei in Gittelde (zit. nach Online-Findbuch). Zu den Aufgaben der Eisenfaktoreien vgl. Leuschner, Montanwesen, S. 321–328.
  4. NLA HA BaCl Hann. 84a, Nr. 41/8 (zit. nach Online-Findbuch).
  5. NLA WO 2 Alt, Nr. 8254: Valentin Hille an Herzog August, [Bad] Grund, 12. Juni 1643.
  6. Ahrend, Gründa Historika, S. 217 u. 219. Lücke, St.-Antonius-Kirche, S. 20. Lücke nennt ihn „Valentin Still“, dies dürfte aber auf eine Verlesung zurückgehen.
  7. Ahrend, Amtshaus (wie Anm. 2), S. 34. 1616/20 gab es in Grund einen Bergvogt Adam Sporer, vermutlich ein Verwandter; NLA WO 2 Alt, Nr. 8223 (zit. nach Online-Findbuch).
  8. Ahrend, Amtshaus (wie Anm. 2), S. 30; Ders., Gründa Historika, S. 219. Vgl. Honemann, Alterthümer des Harzes, Thl. 3, 21828, S. 105–107.
  9. Ausschnitt: Ahrend, Gründa Historika, Einband; Abzeichnung ebd., S. 35.

Nachweise

  1. Mithoff, Kdm. Göttingen und Grubenhagen, S. 92.
  2. Holstein, Drei Häuserinschriften, S. 721.
  3. Griep, Bürgerhaus, S. 155.
  4. Ahrend, Gründa Historika, S. 34.

Zitierhinweis:
DI 105, Osterode, Nr. 192 (Jörg H. Lampe), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di105g021k0019202.