Inschriftenkatalog: Altkreis Osterode

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 105: Osterode (2019)

Nr. 191(†) Walkenried, Kirchengemeinde St. Maria u. Martin 1641

Beschreibung

I. Kelch. Silber, vergoldet. Der Kelch mit Standring und hoher, senkrecht geriffelter Zarge erhebt sich zum sechsseitigen Schaft. Zwischen den flachen, schlichten Schaftstücken der Nodus in einer an spätmittelalterliche Formen angelehnten Gestaltung. Die Oberfläche der Zungen körnig strukturiert. Inschrift (IA) glatt erhaben vor waagerecht gestricheltem Hintergrund auf den Rotuli des Nodus. Auf den durch Linien gerahmten Feldern des Fußes die eingravierte, teilweise konturierte Inschrift IB, vor WALKENRED unterbrochen durch ein Stiftswappen. I, auch in Inschrift (IA), mit Punkt. Im Wappenschild eine Kreuzigungsgruppe, am Haupt des Kreuzes der eingravierte Titulus (IC). Die Kuppa ist erneuert.

II. Patene. Die dazugehörige Patene war bei der Aufnahme im Sommer 2017 nicht aufzufinden. Auf dieser die eingravierte Inschrift II.

Inschrift II nach Kdm.

Maße: H.: 16,3–16,8 cm; Dm.: 10,7 cm (Fuß), 9,8–10 cm (Kuppa); Dm.: 13 cm1) (II); Bu.: 0,7 cm (IA), 0,2 cm (IB), 0,05 cm (IC).

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Jörg H. Lampe) [1/5]

  1. IA

    I H E S V S

  2. IB

    DES HEILIGEN // REICHS STIFTS // WALKENRED // WAPEN // 1641

  3. IC

    I(ESVS) N(AZARENVS) R(EX) I(VDAEORVM)2)

  4. II †?

    IN DAS STIFT WALKENRED

Wappen:
Stift Walkenried3)

Kommentar

In Inschrift IA sind die Bogenenden mit dreieckigen Sporen versehen, die Balkenenden mit einem keilartigen Abschluss. E weist einen verlängerten unteren Balken auf. In Inschrift IB sind die senkrechten Schäfte und Bogenverstärkungen konturiert, beim verschränkten W die beiden linksschrägen Schäfte. Der obere Schrägschaft des K ist geschwungen.

Die Form des Kelches lehnt sich an den spätmittelalterlichen Kanon an. Die schmucklosen, kurzen Schaftstücke, die grob gestalteten Zungen, die Buchstabenformen von Inschrift IA (besonders das I mit Punkten und das E), die Rahmenlinien auf den Feldern des Fußes deuten aber darauf hin, dass der Kelch insgesamt erst zur Zeit seiner Stiftung angefertigt wurde.4)

Friedrich Hildebrand, der von 1622 bis 1641 amtierende Walkenrieder Prior, starb am 26. Februar 1641 (vgl. Nr. 190).5) Ein Inventar des nach seinem Tod in seiner Stube in Nordhausen aufgefundenen Stiftseigentums verzeichnet „ein doppelt silbern und vergoldet Marienbildt“ (Nr. 25?). Dieses wurde eingeschmolzen und aus dem Material ein Kelch angefertigt;6) wahrscheinlich ist dieser der vorliegende. Die Aktion dürfte geschehen sein unter Hildebrands von 1641 bis 1653 amtierendem Nachfolger Michael Prätorius; zu diesem vgl. den Kommentar zu Nr. 190 (Anm. 14).

Anmerkungen

  1. Maß nach Kdm.
  2. Io. 19,19.
  3. Wappen Stift Walkenried (Kreuzigungsgruppe unter Mitra, hinterlegt von gekreuzten Abtsstäben). Nach dem kleinen Siegel des Abtes; Eckstorm, Chronicon Walkenredense, S. 42, Abb. S. 43 oben. Danach der (schlechtere) Stich bei Leuckfeld, Antiquitates Walckenredenses, Thl. 1, Tafel nach S. 46.
  4. Anders: Heutger, Kloster Walkenried, S. 190; Niedersächsisches Klosterbuch, Bd. 3, S. 1485 (J. Dolle).
  5. Leuckfeld, Antiquitates Walckenredenses, Thl. 1, S. 153f.
  6. Zit. nach: Kdm. Kreis Blankenburg, S. 343.

Nachweise

  1. Kdm. Kreis Blankenburg, S. 341.

Zitierhinweis:
DI 105, Osterode, Nr. 191(†) (Jörg H. Lampe), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di105g021k0019104.