Inschriftenkatalog: Altkreis Osterode

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 105: Osterode (2019)

Nr. 187 Osterode, St. Marien 1639

Beschreibung

Grabplatte für Anna Sabina von Berckefeldt. Stein (Schiefer). Aufgestellt an der Südwand des Chores. Im oberen Drittel der Platte ein Kruzifix mit dem Titulus A auf einem geschwungenen Schriftband am Kreuzhaupt. In den Winkeln des Kreuzes vier Wappen mit den halbkreisförmig darüber verlaufenden Beischriften B. Unterhalb des Kreuzes Inschrift C, die erste Zeile (mit größeren Buchstaben) unterbrochen vom Kreuzfuß. Darunter Inschrift D. Zwischen zwei an den Ecken abgeschrägten Linien Inschrift E. Über vokalischem V wie auch über O zwei kleine Schrägstriche zur Bezeichnung des Umlauts. Alle Zeichnungen, Linien und Inschriften vertieft und hell ausgelegt vor schwarzem Hintergrund; die Füllmasse ist teilweise ausgebrochen. In den Zwickeln geflügelte Puttenköpfe. Die Platte weist an mehreren Stellen Löcher auf (je eines in der Mitte der Wappenhelme und der vier Putten in den Ecken, zwei im Körper Christi), die offenbar zur Aufnahme von Lichtern dienten. Mitten durch die Bibelstellenangabe eine waagerechte nachträgliche Ritzung, die sich fast über die ganze Breite der Platte zieht; diagonal durch Inschrift C ein Riss.

Maße: H.: 135 cm; B.: 69 cm; Bu.: 1 cm (A), 1,5 cm (B), 3,7 cm (C, 1. Zeile), 2–2,5 cm (C), 2 cm (D), 3,2 cm (E).

Schriftart(en): Kapitalis mit Versalien (A–C, E), Minuskeln mit Versalien (D, Bibelstellenangabe), Fraktur (D).

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Jörg H. Lampe) [1/3]

  1. A

    I(ESVS) N(AZARENVS) · R(EX) I(VDAEORVM)1)

  2. B

    DER V(ON) BERCKEFELT . // DER V(ON) HAVS . DER V(ON) SIEDERSDORF . // DER V(ON) CALENBERG .

  3. C

    ANNA // SABINA / DES WOHLEDEL GEBORNEN / GESTRENGEN VND GROSMANVES=/TEN HERRN IOBST RVDOLPH VON / BERCKEFELD OBRISTEN HERTZLIEBES / TÖCHTERLEIN IST A(NN)O M DC XXXVIII. / DEN XXII. APRILIS MORGENS FRVH VMB / VII. VHR ZV MINDEN AN DIESE WELT / GEBOHREN VND A(NN)O M DC XXXIX AM X. / OCTOBRIS IN GOTT SANFT VNDT SELIG / ENTSCHLAFFEN IHRES ALTERS IM 1. IAHR / XXIV. WOCHEN VNDT III. TAGE .

  4. D

    Marci XIV.a) Cap. / Lasset die Kindlein zu mihr kommen / vnd wehret Jhnen nicht den solcher / ist das Reich Gottes2) .

  5. E

    DER HERR / HATT / ES GEGEBEN DER HERR HATS GEN/NOMMEN / DER NAH/ME DES / HERREN SEI GELOBET HIOB AM 1. / CAP.3)

Wappen:
Berckefeldt4)Haus6)
Seidersdorf5)Callenberg7)

Kommentar

Die kunstvoll geformte Kapitalis zeigt einen Wechsel von Haar- und Schattenstrich mit Bogen- und Linksschrägenverstärkung. Der rechte Schaft des M und beide Schäfte des H sind ebenso verstärkt wie die Schäfte von einschäftigen Buchstaben. Bei höheren Buchstaben (E, 1. Zeile von C) ist A mit gebrochenem Balken gestaltet; die spitze Cauda des R ist leicht geschwungen unter die Linie ausgezogen, ebenso wie die nach rechts (in Inschrift E nach links) ausgezogene Cauda des G. Die verlängerten unteren Balken von E und L sind mit nach oben gerichteten Sporen versehen, der Mittelbalken des E ist verkürzt. Bemerkenswert sind das leicht schräggestellte Z mit gebogenem Schrägschaft sowie geschwungenen Balken; beim X ist der linksschräge Schaft geschwungen. Die Minuskeln der Bibelstellenangabe sind ebenso formbewusst aus der Antiqua der Druckschrift übernommen.

Jobst Rudolf von Berckefeldt, der Vater der Verstorbenen, ist von 1631 bis 1644 als Offizier in schwedischen Diensten nachgewiesen.8) Am 12. September 1637 erschien er als schwedischer Oberst vor Osterode und verlangte Einquartierung und eine Abgabe. Drei Geiseln, darunter der Regierungsrat Johann Hund (vgl. Nr. 182), nahm er zur Sicherung der Zahlung bis nach Einbeck mit.9) Jobst Rudolf von Berckefeldt war unter dem Namen „der Geehrte“ Mitglied der „Fruchtbringenden Gesellschaft“.10) Er lebte noch 1668.11)

Den Wappen zufolge war Jobst Rudolf von Berckefeldt mit einer Angehörigen der Familie von Haus verheiratet. Der Großvater Jobst von Berckefeldt (1556–1622) war mit Anna von Seidersdorf verheiratet (vgl. Nr. 168).

Textkritischer Apparat

  1. XIV.] Statt X, wohl infolge einer Verwechslung des Kapitels mit dem Vers.

Anmerkungen

  1. Io. 19,19.
  2. Mk. 10,14.
  3. Hi. 1,21.
  4. Wappen Berckefeldt (schreitender Hund [Bracke], im Schildfuß sieben [1:3:3] Kugeln); vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 9, S. 3 u. Tafel 3. Hier: sechs Vierpässe 3:3. Vgl. auch Kneschke, Adels-Lexicon, Bd. 1, S. 324: Bracke, über sieben Kugeln bzw. „Besanten“ (Goldmünzen) schreitend.
  5. Wappen Seidersdorf (Pferdekopf mit Hals).
  6. Wappen Haus (senkrecht gestellter ausgerissener, gestümmelter Baumstamm); vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 66 u. Bd. 2, Tafel 160. Hier: schräggelegter, gebogener und gestümmelter Ast.
  7. Wappen Callenberg (gespalten, vorne zwei gekreuzte Streitkolben, darüber eine Rose, hinten rechtsschräger Balken mit einem Drachen belegt); vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 26 u. Tafel 64.
  8. http://www.30jaehrigerkrieg.de/berkefeld-birckenfeld-birkfeld-burckenfeld-pirckenfelder-bergkfeld-berckenfelder-borchenfelder-jobst-rudolf-hunold/ (27.09.2016).
  9. Wendt, Geschichte, S. 422–424. Danach Max, Grubenhagen, Bd. 1, S. 459.
  10. https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Mitglieder_der_Fruchtbringenden_Gesellschaft#B (27.09.2016).
  11. 1668 wird er zuletzt in der Gesamtbelehnung der Familie genannt; NLA WO 27 Alt, Nr. 1088, Bl. 82, 84 u. 86. 1684 werden seine Söhne Jobst Asche und Jobst Rudolf in der Lehnsurkunde genannt; ebd., Bl. 98 u. 100.

Nachweise

  1. Mühlefeld, Osteroder Kirchen von innen, S. 22.
  2. NLD Hannover, Akte 031–6377–012–01.

Zitierhinweis:
DI 105, Osterode, Nr. 187 (Jörg H. Lampe), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di105g021k0018706.