Inschriftenkatalog: Altkreis Osterode

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 105: Osterode (2019)

Nr. 168 Osterode, St. Marien 1622

Beschreibung

Grabplatte für Jobst von Berckefeldt. Stein. Das rechte Drittel ist weitgehend abgetreten bzw. abgeplatzt. Um die Platte umlaufend der Bibelspruch A, beginnend vermutlich in der Mitte der oberen Schmalseite. Im Innenfeld die biografische Inschrift B, gerahmt von sparsamem Rollwerk. Darüber und darunter jeweils vier Wappen mit den Beischriften C, oben rechts sind zwei, unten rechts drei vollkommen zerstört. Die Ahnenprobe geht von den beiden mittleren Wappen oben aus nach links bzw. rechts. Die Grabplatte lag ursprünglich vor dem Altar.1) Alle Inschriften erhaben; über I und vokalischem V Punkte.

Maße: H.: 199 cm; B.: 89,5 cm; Bu.: 3 cm (A), 4,4 cm (B), 2,4 cm (C).

Schriftart(en): Kapitalis mit Versalien am Versanfang.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Jörg H. Lampe) [1/5]

  1. A

    [– – –E] SO FR[. . . . .H] NICHTS NACH HIMM[E – – –] / [– – –] / [. .]RSCHMACHT · SO BISTV DOCH GODT ALLEZEIT MEINE[S] HERTZEN TROST · VND [M]EIN TH[…] / [. .]RVCH AVS D[EM 7]3 · [– – –]2)

  2. B

    DER WOLETLER VND [GES– – –] /IOBST VON B[E]RCKFELT EIN [– – –PH] /DES SEEL ITZ LEBT IN GOTT[ES HAND] /DER LEIB LIGT HIE IM K[– – –] /GEBOREN WARD IN DIES[E W…] /ALS MAN TAVSENT FVNFHVNDE[RT] /FVNFZIG VND SECHS AM ANDE[– – –] /DES FEBRVARII ICH S[– – –] / ANNAM DIE EDEL VND VNDT [– – –] /VON SEIDERSDORF ZVR [– – –] /MIT DERER ZEVGET SIEBE[N– – –] /DARZV FVNF TÖCHTER [– – –] /ER IST ENTSCHAFFEN [G . N– – –] /DA MAN ZELET ZWEY V[N– – –] / VBER SECHSZEHENHVN[– – –] /AM SIBENDEN DECE[M….]VOLLENDET WAER SEIN [– – –] /HERR HERR KOM VND [– – –]

  3. C

    STOCKEN  BERCKEFELT  SCH[– – –]  [– – –] 
    [. .]ADEN  [– – –]  [. . H– – –]  [– – –] 

Versmaß: Deutsche Reimverse (B).

Wappen:
Stockheim?4) Berckefeldt3)Schetzel?7)?6)
Spade?5) ?6) ?6) ?6)

Kommentar

Die Schrift zeichnet sich durch einen breiten Strich aus. Die Schaft-, Balken- und Bogenenden sind keilförmig verbreitert; an E und F ein keilförmiger Mittelbalken, dessen Spitze zum Schaft gerichtet ist. Die Bogenverstärkungen sind besonders ausgeprägt am rechten Bogen des ovalen O, die Cauda des R ist geschwungen. G und C sind relativ schmal. Bei V und dem verschränkten W sind die linken Schäfte senkrecht gestellt, die rechten Schäfte dagegen betont schräggestellt; beim A ist der rechte Schaft senkrecht gestellt. Bemerkenswert ist auch das Z, dessen unterer Balken schräggestellt und geschwungen ist. Diese Merkmale zeigen einen Werkstattzusammenhang mit drei Epitaphien in Adenstedt (Lkr. Hildesheim), in Gandersheim und in der Weißenwasserkirche bei Kalefeld (Lkr. Northeim), die in den Jahren 1617 bzw. 1620/21 entstanden sind.8) Zwar überwiegen auf diesen die in Fraktur gehauenen Inschriften, die auffallenden Merkmale der Kapitalis sind aber, soweit vorhanden, gleichartig. Auch das Rollwerk mit schneckenförmigen Elementen findet sich ähnlich in Adenstedt.

Jobst von Berckefeldt wurde am 2. Februar 1556 geboren;9) er starb am 7. Dezember 1622.10) Sein Vater war Otto von Berckefeldt, seine Mutter Anna von Schetzel stammte aus Hessen; vgl. Nr. 78. Der Großvater Pfeil von Berckefeldt war mit einer „von Stöckheim“ (Stockheim) verheiratet.11) Seit 1620 war Jobst von Berckefeldt, der 1606 als Forstmeister genannt wird,12) als Ältester Lehnsempfänger der Familiengüter.13)

Jobst von Berckefeldt war verheiratet mit Anna von Seidersdorf;14) vgl. die Wappen auf der Grabplatte der Enkelin (Nr. 187). Die Familie von Seidersdorf starb um 1600 im Mannesstamm aus. Annas Vater war möglicherweise Günther von Seidersdorf, für den ein Moritz Rieder 1576 eine Bürgschaft übernahm.15) Seidersdorf ist heute eine Wüstung bei Zuchau (Stadt Barby, Salzlandkreis in Sachsen-Anhalt).

Anmerkungen

  1. Vgl. Max, Grubenhagen, Bd. 2, S. 394f.
  2. Ps. 73,25–26: Wenn ich nur dich habe, so frage ich nichts nach Himel vnd Erden. Wenn mir gleich Leib vnd Seele verschmacht, so bistu doch Gott alle zeit meines hertzen Trost, vnd mein Teil (Luther 1545).
  3. Wappen Berckefeldt (Bracke, im Schildfuß sieben [1:3:3] Kugeln); vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 9, S. 3 u. Tafel 3. Der Wappeninhalt ist nicht zu erkennen, aber die Helmzier (Bracke).
  4. Wappen Stockheim? (Pfahl; Helmzier: Flug). Eine ursprünglich grubenhagensche Familie Stockheim, die seit dem 15. Jahrhundert im Erzstift Magdeburg ansässig war, führte einen Schrägrechtsbalken als Wappen; vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 6, Abt. 6, S. 163 u. Tafel 106. – Eine gezeichnete und kolorierte Ahnentafel, die in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts in den Niederlanden für Otto Georg von Berckefeldt (nach 1645–1708) angefertigt wurde, einen Enkel von Otto d. J. (1539–1620), dem älteren Bruder des Jobst v. B., zeigt acht Wappen der Vorfahren des Jobst von Berckefeldt; https://www.oudeadel.nl/kwartierstaat-von-berckefeldt (25.07.2018); hier: Stucken (Pfahl). Die übrigen Wappen (außer Berckefeldt) sind aber in den beiden obersten Generationen so zweifelhaft in ihrer Zuverlässigkeit (vgl. Anm. 5 u. 7), dass darauf verzichtet wird, diese zur Rekonstruktion der Ahnenprobe heranzuziehen.
  5. Wappen Spade? (zwei senkrecht gestellte Spaten mit offenem Griff); vgl. Kneschke, Adels-Lexicon, Bd. 8, S. 537 (Familie aus dem Herzogtum Jülich). Die in Anm. 4 genannte Ahnentafel hat kein diesem entsprechendes Wappen. Stattdessen finden sich in der obersten Generation die Wappen Cammerer (geteilt, oben blau, unten drei Reihen Rauten, rot auf Gold) und Gladeke (geteilt, oben Löwe, unten Wellen). Das letztere entspricht dem Wappen der Familie Gladebeck aus dem Göttingischen; vgl. Göttinger Hausmarken und Familienwappen. Nach den Siegeln des Göttinger städtischen Archivs, bearb. von Georg Meyermann, Göttingen 1904, Nr. 167 u. 168. Von den Wappen der verschiedenen Familien Cämmerer aus dem Thüringischen entspricht keines dem genannten; vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 6, Abt. 6, S. 30f. u. Tafel 19.
  6. Wappen ? (Wappeninhalt nicht zu erkennen).
  7. Wappen Schetzel? (Wappeninhalt zerstört). Die Schetzel von Merxhausen führten im gespaltenen Feld einen Löwen in verwechselten Farben; vgl. Siebmacher 1605, S. 154 (Tafel 134). Die in Anm. 4 genannte Ahnentafel zeichnet für Schetzel fälschlich einen offenen Flug, in der Mitte ein senkrecht gestelltes Schwert.
  8. Vgl. DI 88 (Lkr. Hildesheim), Nr. 338; DI 96 (Lkr. Northeim), Nr. 251 u. 254.
  9. Letzner, Dasselische Chronik, IV. Buch, Bl. 191v.
  10. Vgl. Max, Grubenhagen, Bd. 2, S. 394f.
  11. Vgl. Letzner, Dasselische Chronik, IV. Buch, Bl. 191r/v. Leuckfeld, Antiquitates Katlenburgenses, S. 43.
  12. Max, Grubenhagen, Bd. 2, S. 326.
  13. NLA WO 27 Alt, Nr. 1088, Bl. 37–45.
  14. Letzner, Dasselische Chronik, IV. Buch, Bl. 191v.
  15. LHA Sachsen-Anhalt Z 4 IV, 608b, Nr. 100 (zit. nach Online-Findbuch). Eine Magdalena von Seidersdorf (gest. 1610 in Zerbst) war mit einem Rider verheiratet; http://www.personalschriften.de/datenbanken/gesa/gesa-registersuche.html (27.09.2016).

Nachweise

  1. NLD Hannover, Akte 031–6377–012–01.

Zitierhinweis:
DI 105, Osterode, Nr. 168 (Jörg H. Lampe), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di105g021k0016801.