Inschriftenkatalog: Altkreis Osterode

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 105: Osterode (2019)

Nr. 160 Herzberg, St. Nicolai 1618 od. später

Beschreibung

Grabplatte für die Prinzessin Magdalena von Braunschweig-Lüneburg. Stein. Seit 1845 in der Gruft der Nicolaikirche an der Ostwand. Die mit einem Hochrelief versehene Grabplatte lag ursprünglich im Chor der 1840 abgebrochenen Bartholomäuskirche an der südöstlichen Wand.1) Die obere Hälfte der Platte wird eingenommen von den von zwei Putten getragenen Elternwappen der Verstorbenen mit jeweils drei Helmzieren. Darunter die Inschrift auf einer leicht erhöhten Tafel, erhaben im vertieften Feld. Von der Platte sind oben links ein Teil der Helmzier des linken Wappens sowie der rechte Rand der Inschrifttafel ausgebrochen. Das hölzerne Epitaph Nr. 161, heute ebenfalls in der Gruft, hing ursprünglich über der Grabplatte an der Chorwand.

Maße: H.: 154 cm; B.: 82 cm; Bu.: 2,9–3 cm.

Schriftart(en): Kapitalis mit Versalien.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Jörg H. Lampe) [1/2]

  1. VON GOTTES GNADEN / MAGDALENA · HERTZOGI[N] / ZV · BRAVNSCHWEIG · VND / LVNEBVRG IST · VFa) · HER[T]/=ZBERG · DEN 8 · AVGVSTI / FRVE · ZWISCHEN · 2 · / VND · 3 · GEBOREN · VND / ZWISCHEN · 11 · VND / 12 · SELIG · IN · CHRISTO / VERSCHIEDEN · IM · / IAHR · 1618b)

Wappen:
Braunschweig-Lüneburg2)Hessen3)

Kommentar

Die von einem ausgeprägten Gestaltungswillen geprägte Schrift zeichnet sich durch die anschwungartige Verlängerung von Buchstabenelementen aus. Über die Oberlinie verlängert ist der durchgebogene linke Schrägschaft des V, unter die Unterlinie reicht der spiegelbildlich gestaltete linke Schrägschaft des M und des flachgedeckten A, wenn der Platz es zulässt (IAHR); der geschwungene Schrägschaft des N reicht über Ober- und Unterlinie hinaus. Ebenfalls durchgebogen, aber kaum verlängert sind die beiden linksschrägen Schäfte des verschränkten W. Die Bögen von B und R reichen, wie die oberen und unteren Balken von E und L, nach links über den Schaft hinaus. Die senkrechte Cauda des G ist eingestellt und oben gespalten; D ist überwiegend offen und dann spiegelbildlich zum G gestaltet. Gespalten sind auch der stark verkürzte Mittelbalken von E und F, der Zierstrich am Ende des oberen Balkens am Z und das obere Bogenende der 1; der untere Balken des Z ist durchgebogen und nach rechts verlängert. An den Bogenenden von S und C finden sich ausgeprägte Zierhäkchen, O ist spitzoval; der Mittelteil des M endet weit über der Mittellinie. Diese Schriftformen sind teilweise Versalien der kursiven Antiqua nachgebildet, wie sie z. B. der Helmstedter Drucker Lucius verwendete.4) Angesichts der Verwandtschaft der Schrift mit der auf der Grabplatte Nr. 177 für die Ende 1630 gestorbene Schwester Dorothea Magdalena könnte es sein, dass die vorliegende Platte erst zusammen mit jener um 1631 angefertigt wurde.

Die wenige Stunden nach der Geburt verstorbene Prinzessin war die älteste Tochter von Herzog Georg (1582–1641) aus der Celler Linie und seiner Frau Anna Eleonore von Hessen-Darmstadt (1601–1659), die im Dezember 1617 in Darmstadt geheiratet hatten und anschließend ihren Sitz auf Schloss Herzberg nahmen; vgl. auch Nr. 159.

Textkritischer Apparat

  1. VF] uf Spangenberg, ut Halliday.
  2. 1618] 1610 Spangenberg, irrtümlich.

Anmerkungen

  1. Vgl. Halliday, House of Guelph, S. 398 (Letter A).
  2. Wappen Braunschweig-Lüneburg (gespalten und zweimal geteilt: 1. zwei Löwen übereinander [Braunschweig], 2. Löwe im mit Herzen bestreuten Feld [Lüneburg], 3. Löwe im [gestückten] Bord [Homburg], 4. gekrönter Löwe [Everstein], 5. geteilt, oben zwei abgewendete Bärentatzen [Hoya], unten quadriert [Alt- und Neu-Bruchhausen, hier als Mauer wiedergegeben], 6. geteilt, oben Löwe, unten Adler [Diepholz]); vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 1, Abt. 1, Teil 1, S. 27–29 u. Tafel 50–51.
  3. Wappen Hessen (quadriert, mit Herzschild belegt: 1. gekrönter Löwe [Katzenelnbogen], 2. geteilt, oben Stern, unten Rankenornament für Gold [Ziegenhain], 3. geteilt, oben zwei Sterne, unten Rankenornament für Gold [Nidda]), 4. zwei Löwen [Dietz; hier irrtümlich geteilt zwischen den Löwen]; Herzschild: gekrönter Löwe [Hessen]); vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 1, Abt. 1, Teil 1, S. 30–32 u. Tafel 56–59.
  4. Vgl. z. B. Eckstorm, Chronicon Walkenredense (1617).

Nachweise

  1. Halliday, House of Guelph, S. 398.
  2. [Spangenberg], Kurze Geschichte, Sp. 1255.

Zitierhinweis:
DI 105, Osterode, Nr. 160 (Jörg H. Lampe), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di105g021k0016005.